Die rechtsextremistische Aktivistin Marla-Svenja Liebich ist untergetaucht. Die 36-Jährige sollte ihre eineinhalbjährige Freiheitsstrafe im Frauengefängnis Chemnitz antreten, blieb jedoch dem Vollzug fern. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde deshalb ein Vollstreckungshaftbefehl erlassen. Die Polizei fahndet nun bundesweit nach ihr.
Versammlung von Unterstützern vor der JVA
Am Vorabend des geplanten Haftantritts versammelten sich mehrere Unterstützerinnen und Unterstützer der Szene vor der Justizvollzugsanstalt Chemnitz. Dort sei nach Angaben eines Polizeisprechers eine Sprachnachricht abgespielt worden, die angeblich von Liebich stammte. In dieser erklärte sie, sich gesundheitlich unwohl zu fühlen und in ein „Drittland“ geflohen zu sein. Ob es sich tatsächlich um ihre Stimme handelte oder ob Sympathisanten die Nachricht gezielt einsetzten, um von ihrem Verschwinden abzulenken, ist bislang unklar.
Verurteilung wegen Volksverhetzung
Liebich war bereits vor Jahren durch Aufmärsche, Reden und Aktionen in der rechtsextremen Szene bundesweit bekannt geworden. Sie hetzte in öffentlichen Ansprachen und Online-Videos wiederholt gegen Geflüchtete, Minderheiten und politische Gegner. 2023 wurde sie deshalb wegen Volksverhetzung zu 18 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Zum Zeitpunkt der Verurteilung trat sie noch als Mann auf; später nahm sie eine weibliche Identität an.
Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem Liebichs Rechtsmittel ausgeschöpft waren. Der Haftantritt war zuletzt mehrfach verschoben worden – unter anderem aufgrund von Eingaben ihrer Anwälte. Mit dem jetzigen Untertauchen entzog sie sich endgültig dem Strafvollzug.
Politische Signalwirkung
Liebich gilt innerhalb der rechtsextremen Szene als Symbolfigur. Sie war regelmäßig auf Demonstrationen präsent und nutzte soziale Medien, um Feindbilder zu schüren und Unterstützer zu mobilisieren. Fachleute warnen, dass ihr jetziges Untertauchen innerhalb der Szene als Akt des Widerstands stilisiert werden könnte.
Rechtliche Konsequenzen
Die Staatsanwaltschaft kündigte an, den Haftbefehl „mit Nachdruck“ zu vollstrecken. Sollte Liebich sich tatsächlich im Ausland aufhalten, könnten die Behörden eine internationale Fahndung über Interpol einleiten. Das wäre insbesondere dann möglich, wenn sie in ein Land gereist ist, das mit Deutschland ein Auslieferungsabkommen hat.
Darüber hinaus könnten ihre Unterstützer strafrechtlich belangt werden, sollten sie aktiv geholfen haben, die Flucht zu organisieren oder zu verschleiern. In diesem Fall kämen Strafvereitelung oder Beihilfe zum Vollzugshindernis in Betracht.
Offene Fragen
Bislang ist ungeklärt, wo sich Liebich aufhält und ob sie tatsächlich über die Landesgrenzen hinaus geflohen ist. Für die Behörden ist die Situation brisant, da das Untertauchen einer bekannten Szene-Aktivistin sowohl juristische als auch gesellschaftspolitische Dimensionen hat.
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