Die von Elon Musk und der Trump-Regierung initiierte Umstrukturierung der US-Verwaltung sorgt weltweit für Aufsehen. Mit einem Team aus jungen Tech-Talenten ohne Regierungserfahrung, die sich als „Kostenoptimierer“ verstehen, greift das Department of Government Efficiency (DOGE) direkt in Behörden und Ministerien ein. Die Reform, die von Musk selbst als „Zweite Amerikanische Revolution“ bezeichnet wird, führt zu massiven Stellenstreichungen, einer Umstrukturierung der Bürokratie und einem aggressiven Effizienzprogramm, das jedoch von vielen als unüberlegt und chaotisch kritisiert wird.
Doch wäre ein solches Vorgehen in Deutschland überhaupt denkbar? Wie stark könnte eine Bundesregierung die Verwaltung umbauen, und welche Hürden würden einer radikalen Reform im Weg stehen?
Was macht DOGE in den USA?
DOGE wurde mit dem Ziel gegründet, die US-Regierung effizienter zu machen und Kosten einzusparen. Dafür wird massiv in den Verwaltungsapparat eingegriffen:
- Tausende Beamte werden entlassen, Behörden verkleinert oder aufgelöst.
- Externe, private Akteure mit wenig oder gar keiner Regierungserfahrung erhalten Zugang zu sensiblen Daten.
- Verträge mit Firmen und Organisationen werden aufgelöst oder neu verhandelt.
- Ministerien und Behörden müssen sich gegenüber 19- oder 20-jährigen Softwareentwicklern rechtfertigen, warum ihre Arbeit wichtig ist.
- Staatliche Institutionen sollen sich wie Unternehmen organisieren und wirtschaftlich arbeiten.
Musk selbst hat erklärt, dass das Ziel sei, täglich bis zu 3 Milliarden Dollar einzusparen. Kritiker warnen jedoch, dass die Kürzungen und radikalen Änderungen wesentliche Regierungsfunktionen untergraben könnten.
Wäre so eine Verwaltungsreform in Deutschland möglich?
1. Demokratische Hürden und Föderalismus
Im Gegensatz zu den USA, wo die Bundesregierung eine starke zentrale Macht über die Bundesverwaltung hat, ist Deutschland föderal organisiert. Die Verwaltung ist auf Bund, Länder und Kommunen verteilt, sodass eine einheitliche Reform ohne Zustimmung der Länder fast unmöglich wäre.
- Jede tiefgreifende Verwaltungsreform müsste durch den Bundesrat abgesegnet werden – dort haben die Länder ein Vetorecht.
- Viele staatliche Aufgaben wie Bildung, Polizei oder Gesundheitsverwaltung liegen in der Hoheit der Länder. Eine zentrale Reform nach dem DOGE-Prinzip könnte also nicht einfach von Berlin aus durchgesetzt werden.
- Auch innerhalb der Bundesregierung wäre eine solche Reform schwierig: Die Ministerien genießen weitgehende Eigenständigkeit und könnten nicht ohne weiteres von einem einzelnen Team wie DOGE umstrukturiert werden.
2. Kündigungsschutz und Beamtenrecht
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den USA und Deutschland ist das Beamtenrecht. Während US-Beamte einfacher entlassen werden können, sind deutsche Beamte unkündbar – es sei denn, sie verstoßen schwerwiegend gegen ihre Pflichten.
- In den USA kann ein neuer Präsident direkt Tausende von Mitarbeitern entlassen.
- In Deutschland gibt es gesetzliche Hürden für die Entlassung von Beamten – sie genießen besonderen Schutz, um eine politisch neutrale Verwaltung sicherzustellen.
- Auch Angestellte im öffentlichen Dienst haben durch Tarifverträge einen starken Kündigungsschutz.
Fazit: Massenentlassungen wie bei DOGE wären in Deutschland nahezu unmöglich.
3. Datenschutz und Zugriff auf sensible Daten
Ein besonders umstrittener Punkt bei DOGE ist der Zugriff auf vertrauliche Regierungsdaten durch externe Mitarbeiter. In Deutschland wäre ein solcher Zugriff extrem schwierig, da:
- Strenge Datenschutzgesetze (DSGVO) vorschreiben, dass sensible Daten nur autorisierten Behörden zugänglich sind.
- Der Zugriff auf sicherheitsrelevante Informationen geheimdienstlicher oder sicherheitskritischer Natur klar geregelt und eingeschränkt ist.
- Externe Berater keine umfassende Einsicht in staatliche Systeme erhalten können, ohne durch langwierige Sicherheitsüberprüfungen zu gehen.
DOGE-Mitarbeiter, die sich unangekündigt Zugang zu Ministerien und Behörden verschaffen, wären in Deutschland undenkbar und illegal.
Welche Reformen wären in Deutschland denkbar?
Obwohl eine radikale DOGE-Reform in Deutschland nicht umsetzbar wäre, gibt es durchaus Reformdebatten zur Effizienzsteigerung der Verwaltung:
1. Digitalisierung der Behörden
Ein großer Kritikpunkt an der deutschen Verwaltung ist die langsame Digitalisierung. Projekte wie „Onlinezugangsgesetz“ (OZG) sollen die Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden vereinfachen und digitalisieren – doch die Umsetzung verläuft schleppend.
- Mehr digitale Bürgerdienste könnten Prozesse wie Anträge, Steuererklärungen oder Meldebescheinigungen schneller machen.
- Die Verwaltung könnte durch künstliche Intelligenz (KI) entlastet werden, etwa bei Standardanfragen.
- Eine bessere Vernetzung zwischen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen könnte Bürokratie abbauen.
2. Personalreform und flexiblere Strukturen
Die öffentliche Verwaltung leidet unter einem Fachkräftemangel, während zugleich viele Strukturen zu starr und veraltet sind. Eine Reform könnte beinhalten:
- Flexiblere Arbeitsmodelle für Beamte, um mehr Talente in den öffentlichen Dienst zu holen.
- Moderne Weiterbildungskonzepte, um Mitarbeiter auf technologische Neuerungen vorzubereiten.
- Entbürokratisierung von Prozessen, um Behörden effizienter zu machen.
3. Effizienzsteigerung ohne Massenentlassungen
Ein Punkt, den DOGE in den USA verfolgt, ist die drastische Reduzierung von Stellen. In Deutschland wäre eine ähnliche Reform nur in einer abgemilderten Form denkbar:
- Durch Überprüfung ineffizienter Strukturen könnten Verwaltungsprozesse gestrafft werden.
- Statt Entlassungen könnten durch Umschulungen und interne Umstrukturierungen Stellen gezielter besetzt werden.
Fazit: Revolution à la DOGE? In Deutschland undenkbar
Während in den USA mit DOGE ein experimentelles, radikales Reformprojekt durchgeführt wird, sind in Deutschland die rechtlichen und strukturellen Hürden viel zu hoch für eine derartige Umgestaltung.
- Beamtenrecht, Föderalismus und Datenschutz verhindern eine DOGE-ähnliche Verwaltungsreform.
- Massenentlassungen und externe Kontrolle über Behörden wären rechtlich nicht machbar.
- Digitalisierung und gezielte Effizienzsteigerung sind realistische Reformansätze für die deutsche Verwaltung.
Kurz gesagt: Während DOGE in den USA ein Hauruck-Projekt ist, würde eine Verwaltungsreform in Deutschland langsam, rechtlich abgesichert und mit Bedacht ablaufen. Eine radikale „Zweite Deutsche Revolution“ in der Bürokratie bleibt also reine Fiktion.
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