Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um eine Vorabentscheidung zu den Kennzeichnungspflichten bei parallel importierten Arzneimitteln gebeten. Im Kern geht es darum, ob und unter welchen Bedingungen von den nationalen Vorgaben zur Kennzeichnung abgewichen werden kann.
Die Klägerin besitzt die Zulassung für ein Krebsmedikament in Deutschland, das aus zwei Fertigspritzen besteht. Die Beigeladene erhielt eine Parallelimport-Zulassung für das Medikament aus Italien, Rumänien und Polen, ohne die Schalenverpackung zu öffnen, um die Spritzen auf Deutsch zu kennzeichnen – da dies die Haltbarkeit beeinträchtigen würde.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestattete diese Praxis. Die Klägerin klagte dagegen, scheiterte jedoch in zwei Instanzen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschied, dass selbst ein Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorgaben die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze.
Das BVerwG sieht dies anders und hält die Kennzeichnungspflichten des Arzneimittelgesetzes für wesentlich zum Schutz des Zulassungsinhabers. Offen ist jedoch, ob Unionsrecht eine Abweichung erlaubt. Deshalb stellt das BVerwG dem EuGH folgende Fragen:
Gelten die EU-Kennzeichnungsvorschriften auch für Arzneimittel, die per Parallelimport in einen anderen Mitgliedstaat eingeführt werden?
Ist ein Medikament, das verschreibungspflichtig ist, automatisch als Arzneimittel einzustufen, das nicht direkt an Patienten abgegeben wird?
Hat Art. 63 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG unmittelbare Wirkung, sodass sich Importeure darauf berufen können, auch wenn Deutschland ihn nicht vollständig umgesetzt hat?
Stehen die Freizügigkeitsregeln der EU (Art. 34 und 36 AEUV) einer verpflichtenden Kennzeichnung in der Landessprache entgegen, wenn dies nur durch eine haltbarkeitsmindernde Umetikettierung möglich wäre?
Das Verfahren bleibt bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt.
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 9.23 – Beschluss vom 20. März 2025
Vorinstanzen:
VG Köln: Urteil vom 31. Mai 2016 – VG 7 K 3695/15
OVG Münster: Urteil vom 14. Dezember 2021 – OVG 9 A 1531/16
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