Urteil bestätigt Ablehnung von Garantie- und Schadensersatzansprüchen – kein Anspruch auf Instandsetzung defekter NCA-Batteriemodule
Stuttgart, 28. Oktober 2025 – Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (Az.: 6 U 33/25) hat die Berufung zweier Kläger zurückgewiesen, die vom Hersteller ihres Batteriespeichers die Wiederherstellung der vollen Speicherkapazität verlangt hatten. Hintergrund war die softwaregesteuerte Leistungsreduzierung einer Photovoltaik-Batterieanlage des Typs „S. Home“, deren NCA-Zellen nach mehreren Brandfällen per Fernwartung gedrosselt worden waren.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Der Fall
Die Kläger hatten im Jahr 2022 eine Photovoltaikanlage samt Batteriespeicher mit NCA-Zelltechnologie gekauft. Nach mehreren Brandereignissen bei baugleichen Geräten drosselte der Hersteller – die Beklagte zu 1 – aus Sicherheitsgründen per Fernwartung die Ladeleistung und Kapazität. Die Kläger sahen darin eine unzulässige Eigentumsbeeinträchtigung und verlangten, dass die ursprüngliche Speicherkapazität (7,5 kWh) wiederhergestellt werde.
Sie beriefen sich auf eine Garantievereinbarung sowie auf deliktische Anspruchsgrundlagen nach dem Produkthaftungsgesetz (§§ 1, 3 ProdHaftG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 823, 826, 1004 BGB). Außerdem forderten sie die Feststellung, dass der Hersteller künftig verpflichtet sei, bei jeder Leistungsreduzierung die volle Speicherkapazität wiederherzustellen.
Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage bereits im November 2024 abgewiesen – unter anderem mangels Rechtsschutzbedürfnis, da der Hersteller den Austausch des Speichers durch ein Modell mit sichererer LFP-Technologie (Lithium-Eisenphosphat) angeboten hatte.
Die Entscheidung des OLG
Das Oberlandesgericht bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang. Ein Anspruch auf Instandsetzung oder Wiederherstellung der ursprünglichen NCA-Leistung bestehe nicht.
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Kein Anspruch aus dem Garantievertrag:
Der Hersteller habe laut den Garantiebedingungen das Leistungsbestimmungsrecht (§ 315 BGB), also die Wahl, ob er defekte Module repariert oder gegen gleichwertige Teile ersetzt. Der angebotene Austausch gegen LFP-Module sei eine zumutbare Erfüllungsform – ein Anspruch auf Wiederherstellung der alten NCA-Technologie bestehe nicht. -
Keine deliktische Haftung:
Eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz scheitere daran, dass keine Beschädigung anderer Sachen vorliege. Auch § 823 BGB greife nicht, weil die Kläger bereits einen mangelhaften Speicher erworben hätten – also von Anfang an „minderwertiges Eigentum“. -
Kein Eingriff in das Eigentum durch Softwaredrosselung:
Die Reduzierung der Leistung per Fernwartung sei Teil der Gefahrenabwehr, nicht aber ein Eingriff, der den Hersteller zur Wiederherstellung verpflichte. Eine Aufhebung der Drosselung ohne Beseitigung der Brandgefahr wäre zudem nicht sachgerecht. -
Kein Feststellungsanspruch für zukünftige Fälle:
Der Senat verneinte das Rechtsschutzinteresse für den Antrag, wonach der Hersteller auch künftig verpflichtet sein solle, Kapazitätseinschränkungen zu beseitigen. Künftige Garantiefälle seien noch völlig ungewiss und daher nicht feststellungsfähig (§ 256 ZPO). -
Keine Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten:
Da kein Verzug des Herstellers nachgewiesen wurde, bestehe auch kein Anspruch auf Kostenerstattung.
Bewertung des Senats
Das Gericht stellte klar, dass der Hersteller seine gesetzlichen Pflichten zur Gefahrenabwehr erfüllt habe, indem er die Batteriesysteme vorsorglich drosselte und einen sicheren Austausch anbot. Die Käufer könnten hingegen nicht verlangen, dass der ursprüngliche technische Zustand – inklusive der potenziellen Brandgefahr – wiederhergestellt werde.
„Aus der Pflicht zur Gefahrenabwehr kann keine Verpflichtung abgeleitet werden, dem Erwerber ein völlig fehlerfreies Produkt zu verschaffen und dadurch dessen Äquivalenzinteresse zu befriedigen,“ so der Senat sinngemäß unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Ergebnis
Die Berufung wurde vollständig zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Eine Revision ließ das OLG nicht zu.
Der Streitwert beider Instanzen wurde mit 10.353 Euro festgesetzt.
Fazit:
Das Urteil hat grundsätzliche Bedeutung für Hersteller von Energiespeichersystemen: Sicherheitsbedingte Softwareeingriffe – etwa zur Brandvermeidung – begründen keinen Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglichen Leistungsparameter, wenn ein sicherer Austausch angeboten wird. Käufer können sich in solchen Fällen nicht auf Eigentumsrechte oder deliktische Schadensersatznormen berufen.
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