In Hessen wird die Akteneinsicht in elektronisch geführte Bußgeldakten grundsätzlich durch die Übermittlung der Akte im PDF/A-Format gewährt. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) in einem aktuellen Beschluss klargestellt (Az. 2 ORbs 95/25).
Der Senat nahm den Fall eines Betroffenen zum Anlass, die rechtlichen Grundsätze zur digitalen Akteneinsicht in Ordnungswidrigkeitenverfahren zusammenzufassen und zu präzisieren.
Hintergrund: Geschwindigkeitsverstoß und Streit um Aktenformat
Gegen den Betroffenen war wegen fahrlässiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 86 km/h ein Bußgeld in Höhe von 1.000 Euro sowie ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt worden.
Nach Einspruch erhöhte das Amtsgericht Wiesbaden die Geldbuße wegen vorsätzlichen Handelns auf 1.700 Euro, das Fahrverbot blieb bestehen.
Der Verteidiger des Betroffenen hatte zuvor Einsicht in die elektronische Bußgeldakte beantragt und eine vollständige Kopie im PDF/A-Format erhalten. Er rügte jedoch, dass die Bilddatei des Fahrerfotos nicht im ursprünglichen „.jpg“-Format, sondern nur eingebettet in der PDF-Datei übermittelt worden sei. Dies, so die Verteidigung, verletze den Anspruch auf vollständige Akteneinsicht.
OLG Frankfurt: PDF/A ist zulässige Form der elektronischen Akteneinsicht
Der 2. Strafsenat des OLG Frankfurt wies die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück. Die Übermittlung der Bußgeldakte als PDF/A entspreche den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere aus
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§§ 49 Abs. 1, 110c Satz 1 OWiG,
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§ 32f StPO,
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in Verbindung mit § 2 Abs. 2 BBußAktEinV (Bußgeldakteneinsichtsverordnung) und
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§ 9 JustlTV (Justizakten-Übermittlungsverordnung).
Nach diesen Vorschriften erfolgt die Akteneinsicht in digital geführte Bußgeldakten durch die Bereitstellung eines sogenannten „Repräsentats“ der elektronischen Akte. Dieses Repräsentat wird in standardisierter Form – in der Regel als PDF/A-Datei – erstellt und dem Verteidiger über einen sicheren Übermittlungsweg zur Verfügung gestellt.
PDF/A als rechtlich anerkanntes Standardformat
Der Senat hob hervor, dass das PDF/A-Format im Rechts- und Geschäftsverkehr als anerkannter, standardisierter und kostenlos zugänglicher Dateityp etabliert sei.
Die Entscheidung für ein einheitliches Dateiformat diene der Vereinheitlichung und Kompatibilität zwischen Systemen, da PDF-Dateien unabhängig vom Betriebssystem geöffnet werden können, ohne das ursprüngliche Erscheinungsbild zu verändern.
Auch bei der Umwandlung von Bilddateien in ein PDF bleibe die Bildqualität vollständig erhalten:
„Die Bildinformationen werden direkt und verlustfrei in die PDF-Datei integriert. Dadurch entspricht die visuelle Darstellung exakt der Originaldatei“, so das Gericht.
Antrag erforderlich für nicht übernommene Dateien
Sollte ein Betroffener oder Verteidiger Einsicht in Dateien verlangen, die nicht in das Repräsentat übernommen wurden – etwa Rohmessdaten oder Systemprotokolle –, bedarf dies eines begründeten Antrags nach § 2 Abs. 2 BBußAktEinV.
Das System der elektronischen Akteneinsicht wahre damit den verfassungsrechtlichen Anspruch auf „Informationsparität des Betroffenen“ im Bußgeldverfahren, betonte der Senat.
Die Entscheidung der Bußgeldbehörde über die konkrete Form der Akteneinsicht – ob elektronisch oder in Papierform – sei nicht anfechtbar.
Fazit: Digitalisierung stärkt Transparenz und Effizienz
Mit der Entscheidung schafft das OLG Frankfurt Rechtssicherheit für den Umgang mit elektronischen Bußgeldakten in Hessen. Die Bereitstellung als PDF/A-Datei gilt nun als rechtmäßig, praxisgerecht und technisch verlässlich.
Für Verteidiger bedeutet das: Eine Akteneinsicht im PDF-Format erfüllt den gesetzlichen Anspruch auf vollständige Einsicht – auch dann, wenn einzelne Dateien (z. B. Fotos) konvertiert wurden.
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