Mobbing

Laut Recherchen des Magazins „Politico“ (Onlineausgabe) haben mehrere ehemalige und aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Europäischen Parlament in den vergangenen Jahren unter Mobbing und sexueller Belästigung gelitten.

Das Magazin beruft sich auf Dutzende Interviews und vertrauliche Dokumente, die ein „System in der Krise“ aufzeigen, das bei Juniormitarbeitern „Narben von jahrelangem Missbrauch“ hinterlassen habe.

Politico zitiert 37 Insider, die entweder selbst belästigt wurden, solche Vorfälle beobachtet haben oder mit dem parlamentarischen Beschwerdeprozess vertraut sind. Das Ausmaß des Mobbings wurde von einigen als „außer Kontrolle“ bezeichnet, andere sprachen von „Psychospielen“ und gaben an, unter sexueller Belästigung gelitten zu haben. In vielen Fällen ging das Mobbing von EU-Abgeordneten aus.

Der Bericht kritisiert auch das mehrstufige und langwierige Beschwerdeverfahren des Parlaments. Zunächst muss eine Beschwerde beim Personalbüro eingereicht werden, das dann entscheidet, ob der Fall an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet wird. Der Ausschuss leitet Untersuchungen ein und erarbeitet Empfehlungen für Sanktionen. Letztendlich entscheidet EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola über Strafen.

Laut dem Magazin wurden von 2019 bis 2021 34 Ermittlungen zu mutmaßlichen Fällen von psychologischer und sexueller Belästigung eingeleitet. Seit 2019 gab es in zwei Fällen Strafen – gegen die luxemburgische Parlamentarierin Monica Semedo (Renew Europe) und die Spanierin Monica Silvana Gonzalez (S&D). Der Bericht zufolge sind nur wenige Fälle öffentlich bekannt.

Derzeit gibt es noch keine verpflichtenden Anti-Belästigungstrainings für Abgeordnete und ihre Mitarbeiter. Etwa ein Drittel der 705 Abgeordneten hat bisher an freiwilligen Anti-Belästigungstrainings teilgenommen.

Metsola soll den Prozess zur Bearbeitung von Belästigungsvorwürfen schnell verbessern wollen. EU-Abgeordnete unterstützten gestern Forderungen nach einer Verschärfung der Regeln und einer Straffung des Beschwerdeverfahrens für sexuelle und psychische Belästigung.

Der Pressedienst des Europäischen Parlaments erklärte auf Anfrage von Medien, dass Belästigungsvorwürfe „sehr ernst“ genommen werden. Seit 2018 wurden demnach Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Belästigung im Parlament verstärkt, darunter eine Reform des zuständigen Ausschusses, die Einführung eines Verhaltenskodex für das parlamentarische Personal sowie verstärkte Schulungen und Sensibilisierungskampagnen.

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