Frage: Herr Bremer, Friedrich Merz verspricht eine schnelle Regierungsbildung nach der Wahl. Bestenfalls soll die neue Regierung schon zu Ostern stehen. Klingt ambitioniert – aber mit wem will Merz das überhaupt umsetzen?
Thomas Bremer: Das ist genau die entscheidende Frage. Wenn wir uns die aktuellen Umfragen anschauen, ist die CDU zwar stärkste Kraft, aber weit von einer Alleinregierung entfernt. Die FDP steckt im Umfragetief, mit den Grünen gibt es große inhaltliche Differenzen, und eine Zusammenarbeit mit der AfD hat Merz selbst ausgeschlossen. Bleibt also nur eine große Koalition mit der SPD – aber ob die nach vier Jahren Ampel und dem desaströsen Wahlergebnis darauf Lust hat, ist mehr als fraglich.
Frage: Merz hat klare Prioritäten gesetzt: Migration begrenzen, Aktivrente einführen, Strompreise senken. Ist das ein Signal an potenzielle Koalitionspartner?
Bremer: Eher an die eigene Wählerschaft. Die Themen sprechen klassische Unionsanhänger an und sollen zeigen, dass Merz eine konservative Handschrift in die Regierung bringen will. Aber genau das könnte es schwierig machen, einen Koalitionspartner zu finden. Die Grünen sind in der Migrationspolitik auf einem ganz anderen Kurs, die SPD wird sich nach einer Wahlniederlage kaum in eine untergeordnete Rolle begeben wollen, und die FDP muss sich erst einmal selbst retten.
Frage: Also droht doch eine monatelange Hängepartie nach der Wahl?
Bremer: Das ist durchaus möglich. Merz gibt sich entschlossen, aber er braucht Mehrheiten im Bundestag. Wenn die Wahl keine klaren Verhältnisse schafft, könnte es entweder ein wochenlanges Tauziehen geben – oder am Ende eine Koalition, die nur aus der Not heraus geschlossen wird und entsprechend instabil wäre. Die spannende Frage ist nicht nur, mit wem Merz regieren will, sondern auch, wer mit Merz regieren will.
Frage: Heißt das, Merz könnte am Ende doch zu ungeliebten Optionen greifen müssen?
Bremer: In der Politik gibt es ein Sprichwort: „Am Wahlabend ist vieles klar – und am nächsten Morgen wieder offen.“ Merz hat sich in der Vergangenheit immer wieder klar gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen. Sollte eine Mehrheit mit anderen Parteien aber nicht zustande kommen, wird es interessant sein zu sehen, wie die CDU mit dieser Herausforderung umgeht. Gleichzeitig könnte der Druck auf die SPD steigen, sich doch auf eine große Koalition einzulassen – selbst wenn das für beide Seiten schmerzhaft wäre.
Frage: Also bleibt es spannend?
Bremer: Absolut. Die Union hat gute Chancen, die Wahl zu gewinnen. Aber eine Wahl gewinnen und eine Regierung bilden sind zwei völlig verschiedene Dinge. Friedrich Merz wird sich wohl oder übel die Frage stellen müssen: Mit wem regiere ich – und wer will überhaupt mit mir regieren?
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