Wer dachte, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach während der Pandemie nur mit Talkshow-Auftritten und Twitter-Statements beschäftigt war, wird nun eines Besseren belehrt: Er hatte auch noch Zeit, monatelang mit RKI-Chef Lothar Wieler über die CoV-Risikobewertung zu diskutieren. Wie der WDR, NDR und die „Süddeutsche Zeitung“ berichten, war Lauterbach offenbar nicht bereit, die Einschätzung des RKI von „sehr hoch“ auf „hoch“ herabzustufen – trotz wiederholter Aufforderungen und trotz sinkender Krankheitsschwere bei der Omikron-Variante.
Laut Lauterbach wäre eine Herabstufung „das falsche Signal“ gewesen. Schließlich gab es hohe Fallzahlen und – wie könnte es anders sein – eine Ministerpräsidentenkonferenz im Februar 2022. Und wenn wir eines wissen, dann, dass MPK-Beschlüsse unantastbar sind, selbst wenn sie rein gar nichts mit der tatsächlichen Risikolage zu tun haben.
Der RKI-Chef Wieler, bekannt für seine wissenschaftliche Akribie, kämpfte monatelang gegen den politischen Willen an. Die Risikobewertung blieb unverändert, während sich die Omikron-Variante weiter als vergleichsweise mild erwies. Erst im Mai 2022 wurde die Einschätzung herabgestuft – vermutlich ein Kompromiss, nachdem die Daten irgendwann auch für Lauterbach schwer zu ignorieren waren.
Lauterbach sieht kein Problem darin, sich gegen wissenschaftliche Empfehlungen zu stellen. Schließlich sei es „seine Aufgabe“, politische Schlüsse zu ziehen. Was diese Schlüsse mit der Realität zu tun haben, bleibt jedoch Ansichtssache. Lauterbach betonte, dass er dem RKI keine „politischen Weisungen“ gegeben habe – es sei denn, man zählt monatelange E-Mails voller Ablehnungen als Weisungen.
Von Wieler gibt es zu der Angelegenheit keine Stellungnahme. Vielleicht, weil er sich noch von dem Mailverkehr erholt. Eine Sprecherin des RKI erinnerte jedoch daran, dass die Risikobewertung auf wissenschaftlichen Kriterien basiere, aber eben nicht „grundgesetzlich geschützte Wissenschaft“ sei. Ob das eine nette Umschreibung für „politisch dehnbar“ ist?
Rechtsexperte Klaus Ferdinand Gärditz von der Universität Bonn sieht in Lauterbachs Vorgehen kein grundsätzliches Problem, solange die Politik die Daten „auf Nummer sicher“ bewertet. Kritisch wird es erst, wenn Ministerien sagen: „Mir passen eure Daten nicht, liefert mal andere.“ Aber wer braucht schon alternative Fakten, wenn man einfach alles „das falsche Signal“ nennt?
Die Episode zeigt, dass Lauterbach und Wieler offenbar sehr unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, wie Wissenschaft und Politik zusammenarbeiten sollten. Für den Minister war Vorsicht das oberste Gebot, für den RKI-Chef war es die wissenschaftliche Transparenz. Das Ergebnis? Ein Mail-Marathon, der beweist, dass Kommunikation manchmal mehr Nebel als Klarheit schafft – selbst in einer Pandemie.
Er will vielleicht, oder vielleicht auch nicht. Zumindest denkt er darüber nach...
BeiDie RedaktionSonntag, 21.12.2025Leise fiel er, ein letztes Mal. Nicht aus einer Hosentasche auf den...
BeiDie RedaktionSonntag, 21.12.2025Die Träume mancher Italo-Bürger von „weißen Weihnachten“ wurden jäh zerstört – allerdings...
BeiDie RedaktionSonntag, 21.12.2025Während Leverkusen in Leipzig ein Fußball-Feuerwerk zündete, zündete Werder Bremen in Augsburg…...
BeiDie RedaktionSonntag, 21.12.2025
Kommentar hinterlassen