Frankreichs Justizminister Gérald Darmanin hat sich neulich auf eine Tour de Emotion begeben: Direkt nach dem Haftantritt seines ehemaligen Chefs und Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy stiefelte er schnurstracks ins Pariser Gefängnis Santé – nicht etwa, um dem Rechtssystem Respekt zu zollen, sondern um Sarko sein Taschentuch zu reichen. Très loyal, mon cher Gérald.
Was folgte, war wenig überraschend: Rund 30 Anwältinnen und Anwälte, die offensichtlich keine Fans von Tränendrüsenpolitik im Ministergewand sind, haben kurzerhand Klage gegen den Justizminister eingereicht. Der Vorwurf: Parteilichkeit. Oder wie man im Volksmund sagt: Wenn der Schiedsrichter plötzlich den Torschützen umarmt.
„Ich kann nicht anders!“ – Der Minister im Gefühlschaos
Darmanin, der sich im Interview als emotional schwer erschüttert zeigte, bekannte: „Ich kann die Not dieses Mannes nicht ignorieren.“ Immerhin war Sarkozy einst sein politischer Ziehvater – und anscheinend auch sein moralisches Navigationssystem. Blöd nur, dass man als Justizminister eigentlich nicht zum Kuschelbesuch vorbeischauen soll, wenn der eigene Mentor gerade wegen Korruption verurteilt wurde.
Aber Darmanin ließ sich nicht beirren: Es sei schließlich seine Pflicht als oberster Gefängnisbesichtiger des Landes, sicherzustellen, dass Sarkozy im Gefängnis gut untergebracht sei. Ob damit das Kissenmenu oder der Champagner-Kühlschrank gemeint war, blieb unklar.
„Empörend!“ – sagen die Juristen, und diesmal meinen sie es ernst
Die Anwälte zeigten sich wenig gerührt vom Minister-Herzschmerz. Stattdessen nennen sie das Ganze schlicht „empörend“ – was im Anwaltsdeutsch ungefähr dem entspricht, was Normalsterbliche mit „Was zur Hölle?!“ umschreiben würden.
Immerhin hat Darmanin mit seinem sentimentalen Solidaritätsausflug genau in dem Fall Partei ergriffen, in dem er als oberster Justizchef eigentlich neutral bleiben sollte. Oder, wie die Juristen es freundlich ausdrücken: Der Minister vermischt da gerade seine Tränen mit der Gewaltenteilung. Und das ergibt bekanntlich keine schöne Suppe.
Korruptionsurteil? Ach ja, da war ja was…
Zur Erinnerung: Sarkozy wurde wegen Wahlkampfgeld-Wellness aus Libyen zu fünf Jahren Haft verdonnert. Die Richter fanden es nicht so super, dass sein Team offenbar mit Gaddafi verhandelte, um ein bisschen Kleingeld für die Präsidentschaftskampagne 2007 aufzutreiben. Wegen der „besonderen Schwere der Tat“ gab’s nicht mal den Umweg über Hausarrest mit Netflix-Flatrate, sondern direkt: Abmarsch!
Natürlich hat Sarkozy Berufung eingelegt. Und weil’s gerade so schön ist, beantragten seine Anwälte auch gleich die vorzeitige Haftentlassung. Vielleicht mit der Begründung: Die Haft ist einfach nicht das richtige Milieu für ein politisches Genie.
Fazit: Wenn Politik auf Justiz trifft, knistert’s – aber nicht vor Spannung
Was bleibt? Ein Justizminister mit Tränen im Knopfloch, ein Ex-Präsident im Knast mit VIP-Besuch, und eine wütende Anwaltsfront, die lieber Recht als Rührung sehen möchte. Vive la France – wo selbst im Gefängnis noch Politik gemacht wird. Und wer weiß – vielleicht gibt’s bald auch Gruppentherapie im Ministerium.
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