Pechschwarzer Humor auf rotem Teppich: In Peking rollt Xi Jinping zur Militärparade an, flankiert von Wladimir Putin und Kim Jong Un, gefolgt von einem Tross aus Autokraten und Autokrat-in-spe. Über den Köpfen flimmern Jumbotrons, unter den Sohlen marschiert die Botschaft: Frieden auf der „Avenue of Eternal Peace“ – jetzt mit nuklearfähigen Extras.
Im Westen versteht man die Choreografie ohne Untertitel. Selbst Donald Trump fühlt sich bemüßigt, auf Social Media Grüße an die illustre Dreierreihe zu senden – „während ihr gegen die USA konspiriert“. Xi hingegen hält die Predigt vom „Krieg oder Frieden“, und dass die Wurzel allen Übels die „Blockmentalität“ sei – Pekings Codewort für US-Außenpolitik. Die Raketen im Hintergrund nicken zustimmend.
Soft Power im Anzug, Hard Power in Formation
Damit niemand „Missverständnis“ ruft, liefert China das Doppelpack: Zuerst die „Global Governance“-Initiative in Tianjin – UN-freundlich verpackt, mit viel „mehr Stimme für den Globalen Süden“ und einer langen Liste dessen, was man künftig gern mitgestalten möchte: von SWIFT bis Klima, von Handel bis KI. Danach die Parade, die den Subtext auf Lautstärke 11 dreht: Hyperschall hier, Drohnenschwärme dort, Laser als Beigabe. Defensive Absicht, versteht sich. Nur eben mit offensiver Lieferfähigkeit.
Die Wahl, die keine ist
Xis „Krieg oder Frieden“ meint natürlich nicht dein Gewissen, sondern die Weltordnung: Chinas oder die westliche. Praktisch, dass Washington parallel seine Allianzen durchzuckt, aus Gremien aussteigt und Zolltarife würfelt – da lässt sich das „Wir sind die Stabilen“ leicht sagen, während Putin die blutigste europäische Invasion seit 1945 verantwortet und Kim fleißig Raketen und – laut Westen – auch Munition spendiert. Friede, Freude, Fehlstart.
Taiwan? Nur eine Insel der Fantasie, sagen manche
In der besseren Welt, die Peking entwirft, hat „nationale Entwicklung“ Vorrang vor individuellen Rechten. Klingt administrativ sauber und ist für alle praktisch, die eine Demokratie namens Taiwan als „innere Angelegenheit“ verbuchen. Parallel drückt China im Südchinesischen Meer den eigenen Atlas in die Realität – und wundert sich, dass Tokio, Seoul, Manila & Co. plötzlich wieder US-Nummern im Kurzwahlmenü haben.
Innenpolitisches Vitamin N(ationalismus)
Wenn die Wirtschaft schlingert und die Jugendarbeitslosigkeit klebt, hilft ein bisschen Paradenphysik: Masse mal Geschwindigkeit gleich Zustimmung. Think-Tanker nennen es „Stabilisierung nach innen“, was ungefähr so subtil ist wie ein Tiefflug über der Hauptstadt. Aber gut: Wer die Rivalität mit Washington über Jahrzehnte anlegen will, braucht einen langen Atem – und eine noch längere Marschkolonne.
„Weltklasse-Militär“ – nur wie zeigt man das?
Ein Pekinger Senior Fellow fragt ganz ungerührt die Frage hinter der Frage: Wenn China bis 2049 „Weltklasse“ sein will – wie beweist man das ohne Kampfeinsatz? Tja. Das Multiple-Choice-Blatt, das Xi hochhält, hat nur zwei Kästchen: Krieg oder Frieden. Die Antwort sei klar, sagt er. Die Kulisse dahinter flüstert: Zeig’s uns.
Schlussakkord: China sagt, es will Frieden. Es zeigt, wie es Krieg könnte. Und es bietet der Welt einen Deal an: neue Regeln, neue Schiedsrichter, neues Punktesystem. Ob das wirklich „mehr Demokratie“ in der Weltordnung ist – oder nur eine besser beleuchtete Einbahnstraße – das verrät am Ende nicht die Rede. Sondern, wer die Parade vertont.
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