Die Spannungen um das iranische Atomprogramm erreichen eine neue Eskalationsstufe. Deutschland, Frankreich und Großbritannien – die sogenannten E3-Staaten – haben dem UN-Sicherheitsrat offiziell mitgeteilt, dass sie den „Snapback“-Mechanismus in Gang setzen. Damit sollen alle UN-Sanktionen, die im Zuge des Atomabkommens von 2015 aufgehoben worden waren, wieder aktiviert werden. Grund: Teheran habe in den jüngsten Gesprächen keinerlei Bereitschaft gezeigt, seine Aktivitäten zur Urananreicherung einzuschränken.
Zweifel an Trumps „Zerstörungsschlag“
Noch im Juni hatte US-Präsident Donald Trump erklärt, amerikanische Luftschläge hätten die iranischen Atomanlagen „komplett und total zerstört“. Recherchen von US-Medien wie CNN widersprachen dieser Darstellung und beriefen sich auf Pentagon-Quellen, wonach der Iran weiterhin über umfangreiche Bestände an angereichertem Uran verfüge. Das Weiße Haus wies die Berichte als „Fake News“ zurück – doch die Einschätzung der Europäer spricht eine andere Sprache: Das Atomprogramm ist weiterhin intakt und weit fortgeschritten.
Urananreicherung auf kritischem Niveau
Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) verfügt der Iran über Uran, das bereits auf 60 Prozent angereichert wurde. Erlaubt sind nach dem Atomabkommen lediglich 3,67 Prozent. Fachleute warnen: Der Schritt von 60 Prozent zu waffenfähigem Uran ist technisch klein – und daher besonders gefährlich. Ein Diplomat, der an den Gesprächen beteiligt war, erklärte: „Mit Luftschlägen kann man das iranische Atomprogramm verzögern, aber nicht dauerhaft ausschalten.“
Snapback: Sanktionen ohne Veto
Besonders brisant: Der von den E3 ausgelöste Mechanismus kann nicht durch ein Veto im UN-Sicherheitsrat gestoppt werden – weder von Russland noch von China oder den USA. Er war 2015 bewusst so ausgestaltet worden, um bei Verstößen eine schnelle Rückkehr zu den Strafmaßnahmen zu ermöglichen. Damit steht der Iran nun vor einer umfassenden Isolation auf internationaler Ebene.
Annäherung an China und Russland
Allerdings rechnen westliche Regierungen kaum damit, dass die Sanktionen das Regime entscheidend schwächen. Denn Teheran hat sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich wie politisch stärker an China und Russland gebunden. Ein erheblicher Teil der iranischen Öl-Exporte geht bereits nach China, wodurch trotz internationaler Strafmaßnahmen Devisen ins Land fließen. Leidtragende dürften somit erneut vor allem die Bevölkerung und die iranische Mittelschicht sein.
Ende der Diplomatie?
Zehn Jahre nach dem Atomabkommen ziehen die E3-Staaten damit eine ernüchternde Bilanz: Die Verhandlungen haben die Hardliner in Teheran nicht stoppen können. Stattdessen steht die Welt erneut vor der Frage, ob der Iran kurz davor ist, den letzten Schritt hin zur Atombombe zu gehen.
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