Investitionen in hochverzinste Kapitalanlagen klingen oft attraktiv – doch sie bergen erhebliche Risiken, bis hin zum Totalverlust des investierten Kapitals. Dies zeigt sich besonders bei Genussrechten, stillen Beteiligungen oder Nachrangdarlehen, wie sie etwa die Atlantis Energy Storage Petrol A.Ş. aus der Türkei anbietet.
Die angebotenen Beteiligungsmodelle versprechen Renditen ab 4,5 % bis 6,5 % p.a., doch ein Blick auf die Vertragsbedingungen zeigt: Anleger müssen sich bewusst sein, dass sie unternehmerisches Risiko tragen und ihr Geld komplett verlieren können, wenn das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät.
Wir haben hierzu Rechtsanwalt Michael Iwanow aus Dresden befragt, der sich auf Kapitalanlagerecht spezialisiert hat.
„Totalverlustrisiko wird oft unterschätzt“
Ein Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow
Frage: Herr Iwanow, viele Anleger sind von hohen Zinsen bei Investments wie Genussrechten oder Nachrangdarlehen angezogen. Wo liegt das Problem?
Michael Iwanow: Der Reiz solcher Anlagen liegt in den überdurchschnittlich hohen Renditen. Doch viele Anleger unterschätzen das Risiko, das damit einhergeht. Wer in Genussrechte, stille Beteiligungen oder Nachrangdarlehen investiert, trägt unternehmerisches Risiko. Das bedeutet: Läuft das Geschäft schlecht oder scheitert das Unternehmen, können Anleger ihr gesamtes Kapital verlieren.
Frage: Bei Atlantis Energy Storage werden Genussrechte mit 5,5 % Grunddividende und Überschussbeteiligung angeboten. Ist das ein sicheres Investment?
Iwanow: Nein. Genussrechte sind keine klassischen Schuldverschreibungen, sondern stellen eine Form der Eigenkapitalbeteiligung dar. Anleger erhalten zwar Dividenden, aber nur, wenn das Unternehmen Gewinne macht. Sollte das Unternehmen Verluste schreiben oder gar insolvent gehen, kann das eingesetzte Kapital komplett verloren sein.
Außerdem gibt es eine Mindestlaufzeit von sieben Jahren – das bedeutet, dass Anleger ihr Geld lange binden, ohne die Sicherheit einer festen Rückzahlung.
Frage: Stille Beteiligungen und Nachrangdarlehen sind ebenfalls im Angebot. Wo liegen hier die Risiken?
Iwanow: Stille Beteiligungen sind ähnlich riskant wie Genussrechte. Anleger sind am Gewinn beteiligt, aber auch am Verlust. Zudem gibt es keinen festen Rückzahlungsanspruch, sondern nur eine Rückzahlung zum Buchwert – was bei schlechter Unternehmensentwicklung wenig bis gar nichts bedeuten kann.
Nachrangdarlehen sind besonders riskant, da sie im Insolvenzfall erst nach allen anderen Gläubigern bedient werden. Das heißt: Banken, Lieferanten und andere Gläubiger werden zuerst aus der Insolvenzmasse bedient – Anleger mit Nachrangdarlehen bekommen oft gar nichts mehr.
Frage: Gibt es bei den angebotenen Anleihen oder grundbuchbesicherten Darlehen mehr Sicherheit?
Iwanow: Anleihen mit Festverzinsung können auf den ersten Blick sicherer wirken, da sie feste Zinszahlungen versprechen. Doch auch hier gilt: Wenn das Unternehmen zahlungsunfähig wird, kann die Rückzahlung ausfallen.
Grundbuchbesicherte Darlehen können theoretisch etwas sicherer sein – allerdings müsste man prüfen, welche Sicherheiten tatsächlich hinterlegt sind und ob diese auch im Ernstfall verwertet werden können.
Frage: Atlantis Energy Storage weist darauf hin, dass keine Prospektpflicht gemäß § 2 Vermögensanlagengesetz besteht. Was bedeutet das?
Iwanow: Das bedeutet, dass das Unternehmen keinen ausführlichen Verkaufsprospekt erstellen musste, wie es bei vielen anderen Kapitalanlagen der Fall wäre. Stattdessen gilt eine sogenannte Bereichsausnahme, die nur geringe Informationspflichten erfordert.
Für Anleger heißt das: Es gibt weniger Transparenz und weniger rechtliche Absicherung, falls sich das Investment als problematisch erweist.
„Anleger sollten genau prüfen, bevor sie investieren“
Frage: Ihr Fazit – wie sollten Anleger mit solchen Angeboten umgehen?
Iwanow: Anleger sollten sich bewusst sein, dass sie kein sicheres Investment, sondern ein Hochrisiko-Investment tätigen. Hohe Renditen sind immer mit hohen Risiken verbunden – und oft droht der Totalverlust des investierten Kapitals.
Meine Empfehlung:
✔ Nie ohne rechtliche Beratung investieren – Risiken vorher genau prüfen.
✔ Nicht alles auf eine Karte setzen – Kapital streuen, statt hohe Summen in ein einziges Projekt zu stecken.
✔ Hintergrund des Unternehmens prüfen – Gibt es Erfahrungen, Referenzen oder Warnsignale?
Gerade bei Unternehmen, die keine vollständige Prospektpflicht haben und mit hohen Renditen werben, ist Vorsicht geboten.
Frage: Vielen Dank für das Gespräch!
Iwanow: Sehr gern!

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