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Interview mit Rechtsanwalt Reime zur außerordentlichen Hauptversammlung der B-A-L Germany AG

popmelon (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Reime, die B-A-L Germany AG lädt ihre Aktionäre für den 26. September 2025 zu einer außerordentlichen Hauptversammlung nach Meißen ein. Warum braucht es überhaupt eine außerordentliche Versammlung, nachdem bereits im Mai 2025 eine Hauptversammlung stattgefunden hat?

Rechtsanwalt Reime:
Der Hintergrund ist rechtlich heikel: Mehrere auf der ordentlichen Hauptversammlung im Mai 2025 gefasste Beschlüsse – unter anderem zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, zur Umwandlung von Vorzugs- in Stammaktien und zur Schaffung neuen genehmigten Kapitals – sind durch Anfechtungsklagen zweier Aktionäre in ihrer Wirksamkeit unsicher geworden. Nach § 244 AktG können Hauptversammlungsbeschlüsse zwar zunächst bestehen bleiben, doch hängt über ihnen ein „Rechtsunsicherheits-Damoklesschwert“. Die Gesellschaft will deshalb diese Beschlüsse in einer außerordentlichen Hauptversammlung erneut bestätigen lassen, um mögliche Nichtigkeitsrisiken auszuräumen.

Frage: Welche Punkte stehen konkret auf der Tagesordnung?

Rechtsanwalt Reime:
Im Wesentlichen geht es um die Bestätigung aller wesentlichen Beschlüsse der Mai-Hauptversammlung:

  1. Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für 2024 – also die Billigung ihrer Amtsführung.

  2. Umwandlung sämtlicher Vorzugsaktien in Stammaktien – die Vorzugsaktionäre verlieren ihren Gewinnvorzug, erhalten aber im Gegenzug volles Stimmrecht.

  3. Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals 2025 mit der Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen das Bezugsrecht auszuschließen.

  4. Satzungsänderungen zu Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung und Jahresabschlussregelungen.

Parallel findet eine gesonderte Versammlung der Vorzugsaktionäre statt, da diese der Umwandlung zustimmen müssen.

Frage: Was bedeutet die Umwandlung der Vorzugsaktien für die Aktionäre?

Rechtsanwalt Reime:
Die Umwandlung ist für Vorzugsaktionäre ein Paradigmenwechsel: Bisher hatten sie zwar einen Gewinnvorzug, aber kein Stimmrecht. Künftig werden sie wie alle Stammaktionäre gleichgestellt – eine Aktie, eine Stimme. Dadurch wird die Aktionärsstruktur demokratischer, allerdings verzichten die Vorzugsaktionäre auf ihren Gewinnvorteil. Für Alt-Stammaktionäre bedeutet das, dass ihre relative Stimmkraft verwässert wird, da die Gesamtzahl stimmberechtigter Aktien steigt.

Frage: Besonders kritisch sehen Anleger oft das Thema „genehmigtes Kapital“. Was ist hier geplant?

Rechtsanwalt Reime:
Das neue Genehmigte Kapital 2025 erlaubt dem Vorstand, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Grundkapital bis 2030 um bis zu 1 Mio. Euro durch Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen. Besonders brisant ist, dass ein Bezugsrechtsausschluss in mehreren Szenarien möglich ist – etwa bei Übernahmen gegen Sacheinlagen oder auch bei Barkapitalerhöhungen bis zu 20 % des Grundkapitals. Das eröffnet der Gesellschaft Flexibilität, kann aber bestehende Aktionäre verwässern. Anleger sollten also genau hinschauen, wie und zu welchen Bedingungen dieses Kapitalinstrument später genutzt wird.

Frage: Welche Rolle spielen die zahlreichen Satzungsänderungen?

Rechtsanwalt Reime:
Hier wird die Satzung modernisiert und an aktuelle gesetzliche Vorgaben angepasst. Beispielsweise betrifft das die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat, die Modalitäten zur Teilnahme an der Hauptversammlung und das Verfahren zur Feststellung des Jahresabschlusses. Solche Anpassungen klingen technisch, können aber langfristig Einfluss auf die Corporate Governance und damit auf die Rechte der Aktionäre haben.

Frage: Was bedeutet das alles für Anleger praktisch – sollten sie unbedingt teilnehmen?

Rechtsanwalt Reime:
Ja, unbedingt. Die außerordentliche Hauptversammlung ist nicht bloß Formalität, sondern entscheidend für die künftige Struktur der B-A-L Germany AG. Besonders für Vorzugsaktionäre ist die gesonderte Versammlung wichtig, da sie über den Verlust ihres Gewinnvorzugs gegen Stimmrechte abstimmen. Auch Stammaktionäre sollten ihre Stimme nutzen, weil sich ihre relative Macht durch die Umwandlung verändert. Zudem bergen Kapitalmaßnahmen mit Bezugsrechtsausschluss stets Verwässerungsgefahren. Wer nicht selbst anreisen kann, sollte zumindest einen Bevollmächtigten oder den von der Gesellschaft angebotenen Stimmrechtsvertreter nutzen.

Frage: Ihr Fazit?

Rechtsanwalt Reime:
Die B-A-L Germany AG will Klarheit schaffen und die Unsicherheit aus den Anfechtungsklagen beseitigen. Für Aktionäre bedeutet das: jetzt aktiv werden, die Beschlussvorschläge genau prüfen und ihre Rechte wahrnehmen. Denn die Weichen für die künftige Stimmrechtsbalance und mögliche Kapitalmaßnahmen werden hier gestellt.

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