Redaktion: Herr Iwanow, die BaFin hat heute erneut vor betrügerischen Websites gewarnt, darunter interactiveassets.cc und lucid-capitalmanagement.com. Was genau ist hier passiert?
Michael Iwanow: Die BaFin weist völlig zurecht auf ein wachsendes Problem hin. In beiden Fällen geht es um Identitätsmissbrauch. Die Betreiber der genannten Websites geben sich fälschlich als bekannte, regulierte Finanzdienstleister aus – etwa als die Börse Stuttgart oder eine registrierte Kapitalverwaltungsgesellschaft. Tatsächlich haben sie keine BaFin-Erlaubnis und bieten Finanz- und Kryptodienstleistungen ohne jede Zulassung an.
Redaktion: Viele Anleger fragen sich nun, ob sie betroffen sind. Woran erkennt man, dass man mit einem unseriösen Anbieter zu tun hat?
Michael Iwanow: Es gibt einige Warnsignale. Zum Beispiel, wenn Anleger ungefragt kontaktiert werden, etwa per E-Mail oder Telefon, oder wenn mit hohen Renditen ohne Risiko geworben wird. Weitere Indizien sind falsche BaFin-Logos, undurchsichtige Geschäftsmodelle oder Websites ohne Impressum. Spätestens wenn Einzahlungen auf ausländische Konten erfolgen sollen oder Druck zur schnellen Investition aufgebaut wird, sollte man stutzig werden.
Redaktion: Was sollten Anleger tun, die bereits investiert haben und nun befürchten, Opfer eines Betrugs geworden zu sein?
Michael Iwanow: Das Wichtigste ist: Schnell handeln. Die Betroffenen sollten:
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Zahlungen sofort stoppen und ihre Bank kontaktieren, um evtl. Rückbuchungen zu prüfen.
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Anzeige bei der Polizei erstatten, möglichst mit allen Unterlagen (Vertragskopien, Mailverläufe, Zahlungsbelege).
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BaFin und Verbraucherzentralen informieren, um weitere Schritte abzustimmen.
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Kontakt zu einem Anwalt mit Erfahrung im Kapitalanlagerecht aufnehmen. In manchen Fällen kann man über zivilrechtliche Wege versuchen, Gelder zurückzuholen – etwa bei Zahlungen über Kreditkarte oder in bestimmten EU-Ländern.
Redaktion: Gibt es überhaupt Chancen, verlorenes Geld zurückzuerlangen?
Michael Iwanow: Das hängt vom Einzelfall ab. Wenn Gelder z. B. über regulierte Zahlungsdienstleister geflossen sind, kann man manchmal über den sogenannten Chargeback-Prozess bei Kreditkarten etwas erreichen. Bei Kryptowährungen oder Zahlungen auf Offshore-Konten wird es schwieriger, aber nicht unmöglich. Wichtig ist: Je früher man aktiv wird, desto besser.
Redaktion: Was raten Sie Anlegern ganz grundsätzlich im Umgang mit Online-Finanzangeboten?
Michael Iwanow: Vertrauen Sie niemals allein dem, was auf einer Website steht – recherchieren Sie unabhängig. Überprüfen Sie den Anbieter in der BaFin-Unternehmensdatenbank, achten Sie auf ein vollständiges Impressum und vergleichen Sie Angebote mit realistischen Marktzinsen. Und wenn Sie Zweifel haben: Lieber einmal zu viel bei einem Anwalt oder einer Verbraucherzentrale nachfragen als später alles zu verlieren.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Iwanow.
Michael Iwanow: Sehr gerne – und ich kann nur sagen: In der Finanzwelt gilt mehr denn je – Vorsicht ist besser als Nachsicht.
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