diebewertung.de: Herr Högel, viele Menschen geraten bei einem Heizungsausfall oder einer verschlossenen Tür schnell in Panik und rufen den erstbesten Handwerker-Notdienst. Was läuft dabei häufig schief?
Maurice Högel: In Notlagen handeln wir oft unter Zeitdruck – das ist menschlich. Genau das nutzen einige Anbieter systematisch aus. Es beginnt schon bei der Täuschung: Man denkt, man ruft eine örtliche Firma an, in Wahrheit wird der Anruf weitergeleitet – etwa an eine Zentrale in einem ganz anderen Bundesland. Die Folge: hohe Anfahrtskosten, die dann unangekündigt auf der Rechnung stehen oder – wie in einigen Fällen – direkt bar verlangt werden. Und das oft ohne jede Leistung oder mit mangelhafter Arbeit.
diebewertung.de: Wie kann ich als Verbraucher solche Abzocke erkennen und vermeiden?
Maurice Högel: Es hilft, vorbereitet zu sein. Wer sich schon im Vorfeld seriöse Handwerksbetriebe in der Umgebung notiert – inklusive Telefonnummern – gerät im Ernstfall weniger schnell an schwarze Schafe. Wichtig ist auch ein Blick ins Impressum der Webseite. Fehlen dort Angaben wie Handelsregisternummer, Adresse oder Name des Geschäftsführers, sollte man lieber die Finger davon lassen.
diebewertung.de: Immer wieder hört man von Barzahlung vor Ort. Ist das legal?
Maurice Högel: Grundsätzlich kann Barzahlung legal sein – aber nur, wenn sie vorab ausdrücklich vereinbart wurde. In der Praxis sieht es anders aus: Einige Notdienste verlangen sofort Bares, stellen keine oder nur eine lückenhafte Rechnung aus. Wer zahlt, hat hinterher oft keine Beweise mehr in der Hand. Deshalb: Niemals ohne schriftliche Auftragsbestätigung und unbedingt auf eine ordentliche Rechnung bestehen. Die wird auch für eine mögliche Steuererstattung gebraucht.
diebewertung.de: Müssen Handwerkerleistungen immer erst bezahlt werden, wenn die Arbeit erledigt ist?
Maurice Högel: Richtig. Erst die Leistung, dann das Geld – so lautet das Prinzip. Vorauszahlungen sind nur bei vorheriger Vereinbarung und dann auch nur in Form angemessener Abschläge erlaubt, zum Beispiel bei längeren Projekten. Wer hingegen bei einem Notdienst schon vor der Türöffnung zahlen soll, sollte sehr skeptisch werden.
diebewertung.de: Wie sieht es mit Nacht- und Wochenendzuschlägen aus?
Maurice Högel: Zuschläge sind grundsätzlich zulässig, wenn ein Notdienst außerhalb der regulären Arbeitszeiten beauftragt wird. Doch auch hier gibt es Grenzen: Ein seriöser Handwerksbetrieb verlangt in der Regel nicht mehr als 50 bis 70 Prozent Zuschlag auf Arbeits- und Fahrtkosten. Ein Aufschlag auf Materialkosten ist dagegen unzulässig.
diebewertung.de: Was raten Sie Menschen, die glauben, auf einen unseriösen Anbieter hereingefallen zu sein?
Maurice Högel: Ruhe bewahren, alles dokumentieren – am besten mit Fotos – und nicht zögern, rechtliche Schritte einzuleiten. Das beginnt mit einer schriftlichen Aufforderung zur ordnungsgemäßen Rechnungsstellung und kann bis zur Anzeige bei der Polizei gehen. Verbraucher können sich außerdem an die Handwerkskammer oder an eine Schlichtungsstelle wenden. Diese Wege sind oft kostenfrei und können schnelle Hilfe bringen.
diebewertung.de: Ein letztes Wort, Herr Högel?
Maurice Högel: Notfälle lassen sich nicht planen – schlechte Handwerker leider schon. Wer vorbereitet ist, schützt sich besser. Und wer auf sein Recht besteht, wird nicht so leicht zum Opfer.
Weitere Tipps & Checklisten zum Thema Notdienste finden Sie auf der Webseite der Verbraucherzentrale Hessen oder direkt bei Ihrer regionalen Handwerkskammer.
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