Redaktion: Herr Witt, die BaFin warnt aktuell vor WhatsApp-Gruppen, die unter falschem Namen von „XTB“ auf die Website xtbwill.com locken. Was steckt dahinter?
RA Hans Witt: Wir sehen hier einen klassischen Fall von Identitätsdiebstahl im Finanzbereich. Die Täter missbrauchen den bekannten Namen von XTB – einem lizenzierten, in Deutschland registrierten Broker – um Vertrauen zu erschleichen. Über WhatsApp-Gruppen oder Direktnachrichten wird der Eindruck erweckt, man hätte Zugang zu angeblich exklusiven Investmenttipps. Tatsächlich landet man auf einer gefälschten Website, wo dann unerlaubt Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen angeboten werden.
Redaktion: Ist so etwas nicht strafbar?
RA Witt: Absolut. Die Täter verstoßen mehrfach gegen deutsches Recht – u. a. das Kreditwesengesetz (§ 37 Abs. 4 KWG) sowie gegen Vorschriften zum Identitätsmissbrauch und gewerbsmäßigen Betrug. Der Fall zeigt, wie professionell betrügerische Netzwerke mittlerweile vorgehen, indem sie bekannte Markennamen wie „XTB“ gezielt fälschen und moderne Kommunikationskanäle wie WhatsApp nutzen.
Redaktion: Was sollten betroffene Nutzer jetzt tun?
RA Witt: Wer sich bei xtbwill.com registriert oder sogar Geld überwiesen hat, sollte folgende Schritte einleiten:
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Alle Belege sichern – insbesondere Chatverläufe, Mails, Screenshots, Zahlungsnachweise.
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Sofort die Bank oder Kreditkartenfirma informieren, um evtl. Rückbuchungen (Chargeback) zu prüfen.
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Anzeige bei der Polizei erstatten – je nach Fall auch bei einer spezialisierten Cybercrime-Stelle.
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Möglichst rasch einen Fachanwalt für Kapitalanlagerecht einschalten, um individuelle Rückforderungsoptionen zu klären.
Besonders wichtig: Keine weiteren Zahlungen leisten, auch wenn angebliche „Supportmitarbeiter“ sich melden und z. B. Gebühren für Auszahlungen verlangen. Das ist ein Trick.
Redaktion: Können Opfer in so einem Fall ihr Geld überhaupt wiederbekommen?
RA Witt: Das hängt vom Einzelfall ab. Wenn das Geld z. B. über Kreditkarte oder SEPA-Überweisung geflossen ist, besteht manchmal die Möglichkeit zur Rückholung – vor allem, wenn der Betrug früh erkannt wurde. Wurde aber in Krypto gezahlt, wird es extrem schwierig, da diese Zahlung oft endgültig ist. Hier kommt es auf technische Spurensicherung und ggf. internationale Kooperationen an.
Redaktion: Was raten Sie generell bei Angeboten aus Messenger-Gruppen?
RA Witt: Sehr deutlich: Hände weg! Wenn Finanzdienstleistungen über WhatsApp, Telegram oder Signal angeboten werden, ist das ein ganz klares Warnsignal. Kein seriöser Anbieter agiert auf diesem Weg. Auch wenn es nach einer Community klingt – das Ziel ist fast immer, Nutzer emotional zu binden und zur Überweisung zu drängen.
Redaktion: Wie können sich Anleger vor solchen Betrugsmaschen schützen?
RA Witt: Drei zentrale Regeln:
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Immer prüfen, ob ein Anbieter bei der BaFin registriert ist (z. B. über die Unternehmensdatenbank).
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Misstrauisch werden, wenn angebliche „Finanzexperten“ über Messenger-Kanäle werben.
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Niemals Geld an unbekannte Konten oder Krypto-Adressen überweisen, ohne intensive Prüfung – im Zweifel eine anwaltliche Ersteinschätzung einholen.
Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Witt.
RA Hans Witt: Gern geschehen. Es ist mir wichtig, dass Betroffene wissen: Sie sind nicht allein – und es gibt rechtliche Möglichkeiten.
Infobox für Betroffene: Was tun bei xtbwill.com?
✅ Kontoauszüge und Chats sichern
✅ Bank oder Kreditkartenanbieter sofort kontaktieren
✅ Anzeige bei der Polizei erstatten
✅ Kein weiteres Geld überweisen
✅ Fachanwalt für Kapitalanlagerecht einschalten
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