Startseite Interviews Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zum BGH-Urteil zur Zinsanpassung bei Prämiensparverträgen
Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zum BGH-Urteil zur Zinsanpassung bei Prämiensparverträgen

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
Teilen

Redaktion: Herr Blazek, der Bundesgerichtshof hat erneut über den Referenzzins bei Prämiensparverträgen entschieden und die Revisionen eines Verbraucherschutzverbands zurückgewiesen. Wie bewerten Sie das Urteil?

Daniel Blazek: Der BGH hat mit diesem Urteil Klarheit geschaffen. Er bestätigt, dass die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht gewählten Referenzzinsen – konkret die Umlaufsrenditen von Bundesanleihen bzw. die nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen – den rechtlichen Anforderungen an eine ergänzende Vertragsauslegung genügen. Damit ist der Weg für viele betroffene Sparer jetzt klar vorgezeichnet.

Redaktion: Was bedeutet das konkret für die betroffenen Sparer?

Blazek: Für Verbraucher, die solche Altverträge besitzen, heißt das: Sie können nun mit einer belastbaren Grundlage Nachberechnungen einfordern, sofern sie der Meinung sind, in der Vergangenheit unterverzinst worden zu sein. Wichtig ist dabei, dass der BGH auch betont hat, dass es sich um eine „typische“ Vertragsdauer von 15 Jahren handelt, aber nicht um eine feste Laufzeit – das gibt durchaus Spielraum für individuelle Argumentationen.

Redaktion: Der Verbraucherschutzverband wollte andere, für Sparer günstigere Referenzzinsen durchsetzen. Hätte das aus Ihrer Sicht Aussicht auf Erfolg gehabt?

Blazek: Der BGH hat sehr deutlich gemacht, dass auch andere Referenzzinsen geeignet sein können – aber das macht die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht automatisch fehlerhaft. Entscheidend war, ob die gewählten Zinsen sachverständig untermauert wurden, ausgewogen sind und den Kapitalmarkt realistisch abbilden. Das wurde hier bejaht. Insofern war es erwartbar, dass die Revision keinen Erfolg hatte.

Redaktion: Ein zentraler Punkt bleibt die ergänzende Vertragsauslegung. Was bedeutet das in der Praxis?

Blazek: Wenn eine Zinsklausel unwirksam ist, entsteht eine Lücke im Vertrag. Diese Lücke füllt man nach § 133 und § 157 BGB, also nach dem, was vernünftige Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie die Lücke gesehen hätten. Und genau hier ist der objektivierte Maßstab entscheidend: Was ist marktüblich, nachvollziehbar, fair? Der BGH hat nun gesagt: Die Referenzzinsen der Bundesbank erfüllen das.

Redaktion: Welche Bedeutung hat dieses Urteil über den konkreten Fall hinaus?

Blazek: Es hat Signalwirkung für Hunderte Verfahren bundesweit. Die Rechtsprechung liefert jetzt eine stabile Grundlage, auf der andere Gerichte ihre Entscheidungen aufbauen können. Für die Kreditwirtschaft bringt das etwas mehr Rechtssicherheit. Für Verbraucher und Verbände bedeutet es: Die Hürden für günstigere Zinsberechnungen bleiben hoch, aber immerhin ist der Weg zur Nachberechnung prinzipiell offen.

Redaktion: Herr Blazek, vielen Dank für das Gespräch.

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Interviews

Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev über das Crowdinvesting „Hainberg Quartier Nürnberg

  „Nachhaltig investieren? Ja. Aber bitte mit offenen Augen.“ Frage: Frau Bontschev,...

Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime (Bautzen) zur „Operation Herakles“

„Ein wichtiger Schlag gegen den digitalen Betrugsmarkt – aber noch lange kein...