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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek über den Beschluss des BGH im Fall Deutsche Umwelthilfe und Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Blazek, der Bundesgerichtshof hat den Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zurückgewiesen. Hat Sie diese Entscheidung überrascht?
Blazek: Nein, wirklich überrascht hat mich das nicht. Der BGH ist traditionell sehr zurückhaltend, wenn es um die Arbeitsweise parlamentarischer Untersuchungsausschüsse geht. Man darf nicht vergessen: Diese Ausschüsse sind ein zentrales Kontrollinstrument des Bundestages. Dass die Gerichte ihnen bei Beweisanforderungen einen gewissen Spielraum lassen, ist nachvollziehbar.

Frage: Die DUH hatte ja argumentiert, das Herausgabeverlangen sei zu unbestimmt. Wie sehen Sie das?
Blazek: Juristisch betrachtet war das der interessanteste Punkt. Das sogenannte Bestimmtheitsgebot verlangt, dass klar erkennbar ist, was gefordert wird. Der BGH hat nun gesagt: Es muss nicht jedes einzelne Dokument benannt werden, solange für den Betroffenen erkennbar ist, welche Unterlagen gemeint sind. Das ist eine pragmatische Sichtweise – für NGOs oder Unternehmen aber nicht unbedingt angenehm, weil es die Hürde für sehr weit gefasste Herausgabeverlangen senkt.

Frage: Welche Bedeutung hat der Beschluss über den Einzelfall hinaus?
Blazek: Der Beschluss ist ein klares Signal: Private Organisationen, die in politische Entscheidungsprozesse eingebunden sind oder Einfluss darauf nehmen, müssen damit rechnen, ihre Unterlagen einem Untersuchungsausschuss vorlegen zu müssen – und zwar auch dann, wenn das Verlangen nicht messerscharf formuliert ist. Für Transparenzfreunde ist das eine gute Nachricht, für die Betroffenen aber oft eine erhebliche Belastung.

Frage: Heißt das, dass die DUH nun endgültig verloren hat?
Blazek: Im Kern ja. Zwar hat der BGH den Antrag als zulässig angesehen – das ist durchaus bemerkenswert, weil es die Tür für künftige gerichtliche Überprüfungen offenhält. Inhaltlich aber hat die DUH nichts gewonnen. Sie bleibt auf dem Standpunkt, dass die Anforderungen zu unpräzise waren, der BGH hat jedoch das Gegenteil festgestellt.

Frage: Welche Lehren sollten andere Organisationen aus diesem Fall ziehen?
Blazek: Erstens: Wer mit Politik und Verwaltung eng verzahnt ist, sollte sich darauf einstellen, dass Untersuchungsausschüsse jederzeit Unterlagen verlangen können. Zweitens: Rechtliche Gegenwehr ist möglich, aber die Chancen auf Erfolg sind begrenzt. Drittens: Transparenz und eine gute Dokumentation sind die beste Vorbereitung – und vermeiden langwierige juristische Auseinandersetzungen.

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