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Interview mit Rechtsanwalt Blazek: Was bedeutet die angekündigte Liquidation der HMO AG für Aktionäre?

popmelon (CC0), Pixabay
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Frage:
Herr Rechtsanwalt Blazek, die HMO AG lädt zu einer außerordentlichen Hauptversammlung ein. Auf der Tagesordnung steht unter anderem die Beschlussfassung über die Liquidation der Gesellschaft. Was bedeutet ein solcher Schritt grundsätzlich?

Rechtsanwalt Blazek:
Die Liquidation bedeutet, dass die HMO AG ihren Geschäftsbetrieb vollständig einstellen und abgewickelt werden soll. Das Unternehmen wird nicht weitergeführt, sondern geordnet „aufgelöst“. In dieser Phase werden Vermögenswerte verkauft, Forderungen eingezogen, Verbindlichkeiten beglichen und am Ende wird ein möglicher Restbetrag an die Aktionäre ausgeschüttet. Für Anleger ist das ein sehr einschneidender Vorgang – die Gesellschaft hört rechtlich auf zu existieren.

Frage:
In der Einladung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bereits ein Liquidationsplan beschlossen wurde. Welche Bedeutung hat so ein Plan?

Rechtsanwalt Blazek:
Der Liquidationsplan ist das zentrale Dokument der Abwicklung. Er legt fest,

  • welche Vermögenswerte vorhanden sind,

  • wie sie veräußert werden sollen,

  • wie hoch die Verbindlichkeiten sind,

  • wie die Liquidation zeitlich abläuft,

  • und ob am Ende mit einer Ausschüttung an die Aktionäre zu rechnen ist.

Für die Aktionäre ist dieser Plan ein wichtiges Dokument, denn er gibt Auskunft darüber, ob und in welcher Höhe sie ihr eingesetztes Kapital möglicherweise zurückerhalten. Der Beschluss eines Liquidationsplans zeigt, dass der Vorstand bereits einen strukturierten Weg zur Abwicklung vorbereitet hat.

Frage:
TOP 4 sieht vor, den bisherigen Vorstand zum Liquidator zu bestellen. Ist das üblich?

Rechtsanwalt Blazek:
Ja, das ist gängige Praxis. Ein Liquidator übernimmt im Grunde die Rolle des Vorstands während der Abwicklung – nur mit einem anderen Ziel: nicht mehr das Unternehmen fortzuführen, sondern es ordnungsgemäß zu beenden.
Wenn der bisherige Vorstand Liquidator wird, kennt er die internen Strukturen bereits und kann die Liquidation effizient umsetzen. Es ist aber wichtig, dass er während dieser Phase besonders transparent und rechenschaftspflichtig arbeitet.

Frage:
Was bedeutet die Liquidation praktisch für die Aktionäre? Haben diese noch Einfluss?

Rechtsanwalt Blazek:
Ja, aber in begrenztem Umfang. Die Aktionäre entscheiden über die Liquidation und über die Bestellung des Liquidators. Während der Abwicklung selbst haben sie nur noch Informationsrechte, aber keinen Einfluss mehr auf operative Entscheidungen.
Für Anleger bedeutet das:

  • Der Aktienkurs wird für gewöhnlich bedeutungslos.

  • Der Fokus liegt nur noch darauf, was am Ende aus der Liquidationsmasse übrig bleibt.

  • Eine Teilnahme an der Hauptversammlung ist für betroffene Aktionäre absolut empfehlenswert.

Frage:
Was sollten Anleger jetzt konkret tun?

Rechtsanwalt Blazek:
Ich empfehle drei Schritte:

  1. Teilnahme oder Stimmrechtsvertretung sicherstellen.
    Die Liquidation ist ein fundamentaler Vorgang – hier sollte keiner blind zustimmen, ohne informiert zu sein.

  2. Liquidationsplan gründlich prüfen.
    Hier entscheidet sich, ob und wie viel Kapital möglicherweise zurückkommt.

  3. Individuelle Rechtslage prüfen lassen.
    Anleger sollten klären, ob Schadensersatzansprüche bestehen – etwa gegen frühere Entscheidungsträger oder bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation. Eine Liquidation kann ein Hinweis darauf sein, dass wirtschaftliche oder rechtliche Probleme bestanden.

Frage:
Zum Abschluss: Wie beurteilen Sie die Situation für Anleger insgesamt?

Rechtsanwalt Blazek:
Eine Liquidation ist immer ein Signal, dass das Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr tragfähig ist. Für Aktionäre bedeutet das regelmäßig einen teilweisen oder vollständigen Kapitalverlust.
Wer betroffen ist, sollte aktiv bleiben, Informationsrechte nutzen und prüfen lassen, ob sich Ansprüche gegen Verantwortliche ergeben. Denn: Nach der Liquidation ist ein Durchsetzen von Rechten häufig deutlich schwieriger.

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