Frage: Frau Bontschev, das FinTech Tomorrow positioniert sich als nachhaltige Alternative zur klassischen Bank. Viele Anleger fühlen sich durch die Werteorientierung angesprochen. Wie bewerten Sie diesen Trend?
Kerstin Bontschev:
Es ist erfreulich, dass sich Menschen Gedanken darüber machen, was ihr Geld in der Welt bewirkt. Tomorrow spricht gerade jene Anleger an, die bewusst nachhaltiger konsumieren und investieren möchten – und das ist gesellschaftlich absolut sinnvoll.
Aber: Ein gutes Ziel ersetzt keine Risikoprüfung. Nur weil ein Unternehmen wertorientiert arbeitet, heißt das nicht, dass das Investment sicher wäre.
Frage: Das Tomorrow-Crowdinvesting 5 bietet 5 % Zinsen pro Jahr plus Bonus und läuft bis 2035. Klingt nach viel Planungssicherheit, oder?
Bontschev:
Planungssicherheit gibt es nur, wenn ein Projekt wirtschaftlich erfolgreich ist – nicht, weil eine Zahl auf einem Datenblatt steht.
Die 5 % Zinsen liegen im Mittelfeld der Crowdinvesting-Szene. Der Bonus, also die Gewinnausschüttung oder eine Exit-Beteiligung, kann interessant sein – aber nur wenn Tomorrow wächst und Gewinne erzielt.
Man muss sich bewusst machen:
Bei einem Kryptowertpapier nach eWpG trägt der Anleger ein wirtschaftliches Risiko, das ausdrücklich den Totalverlust einschließt.
Genau so steht es auch im Warnhinweis – und das sollte nicht überlesen werden.
Frage: Tomorrow betont stark seinen „Impact“ – also die soziale und ökologische Wirkung des eingesetzten Kapitals. Hat das Einfluss auf die Risikobewertung?
Bontschev:
Aus juristischer Sicht: nein.
Aus persönlicher Sicht: ja, wenn es zur eigenen Wertehaltung passt.
Tomorrow investiert Kundeneinlagen nicht in fossile Industrien, Rüstung oder Massentierhaltung, sondern in erneuerbare Energien, bezahlbaren Wohnraum oder Renaturierungsprojekte. Das ist sehr positiv und unterscheidet das Unternehmen von traditionellen Banken, die teils Milliarden in fossile Energien pumpen.
Aber: Ein hoher Impact Score – hier 91/100 – macht ein Investment nicht sicher.
Impact ist ein Mehrwert, kein Sicherheitsnetz.
Frage: Tomorrow wirbt mit über 10.000 Crowdinvestoren und einem sehr aktiven Community-Modell, inklusive Crowd-Beirat. Senkt das Risiken?
Bontschev:
Nein.
Es erhöht die Transparenz und stärkt das Gemeinschaftsgefühl – das ist gut. Aber es ändert nichts an der wirtschaftlichen Realität:
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Crowdinvestoren sind Nachranggeber.
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Sie haben keine Sicherheiten.
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Sie stehen im Insolvenzfall ganz hinten.
Die starke Community darf nicht mit einer Garantie verwechselt werden.
Sie ist ein emotionales Plus, aber kein rechtliches.
Frage: Was sollten Anleger unbedingt verstehen, bevor sie investieren?
Bontschev:
Drei zentrale Punkte:
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Das ist ein sehr langfristiges Investment.
Die Laufzeit bis 2035 bedeutet: Wer heute investiert, muss dieses Kapital aus der Hand geben und darf es über ein Jahrzehnt nicht brauchen. -
Der Totalverlust ist real.
Auch wenn Tomorrow ein sinnstiftendes Unternehmen ist – wirtschaftliche Schwierigkeiten sind jederzeit möglich. -
Die Gewinnbeteiligung ist ungewiss.
Der Bonus hängt vom Unternehmenswert und einem möglichen Exit ab. Das kann sehr gut laufen – oder gar nicht.
Frage: Viele Anleger investieren bei Tomorrow vor allem aus Überzeugung. Ist das aus juristischer Sicht problematisch?
Bontschev:
Überhaupt nicht. Ich finde es gut, wenn Menschen Kapital in Unternehmen geben, deren Werte sie teilen.
Aber ich sage es ganz klar:
Es ist völlig in Ordnung, aus Überzeugung zu investieren – solange man weiß, dass Überzeugung keine Rendite garantiert.
Wer Tomorrow unterstützen möchte und gleichzeitig bereit ist, einen Totalverlust zu verkraften, kann das guten Gewissens tun. Wer dagegen glaubt, ein nahezu risikofreies Produkt zu erwerben, sollte die Finger davon lassen.
Frage: Ihr Fazit zum „Tomorrow Crowdinvesting 5“?
Bontschev:
Ein werteorientiertes, transparentes und gesellschaftlich relevantes Projekt –
aber ein Investment wie jedes andere auch: mit Chancen und erheblichen Risiken.
Wer dabeisein möchte, sollte nicht nur an das „Morgen“, sondern auch an die eigene Risikotragfähigkeit denken.
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