Redaktion: Frau Bontschev, die BaFin warnt erneut vor einer illegal betriebenen Plattform namens graphene-ltd.pro. Was genau bedeutet das für Anlegerinnen und Anleger?
RAin Kerstin Bontschev: Es handelt sich hier um einen weiteren Fall von illegalem Online-Investment, bei dem ohne behördliche Erlaubnis Bank- oder Finanzdienstleistungen angeboten werden. Die Betreiber von graphene-ltd.pro sind nicht bei der BaFin registriert, das heißt: Sie agieren vollkommen außerhalb des gesetzlichen Rahmens. Wer hier investiert hat, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer eines Anlagebetrugs geworden.
Redaktion: Welche konkreten Risiken bestehen für Betroffene?
RAin Bontschev: Das größte Risiko ist der komplette Verlust des investierten Geldes. Diese Plattformen arbeiten oft mit psychologisch geschultem Personal, das Anlegerinnen und Anleger systematisch dazu bringt, immer mehr Kapital zu überweisen – in der Hoffnung auf hohe Renditen, die nie eintreten. Spätestens wenn eine Auszahlung verlangt wird, bricht der Kontakt ab oder es werden zusätzliche „Gebühren“ verlangt. Es handelt sich dabei meist um raffiniert aufgebaute Schneeballsysteme.
Redaktion: Was raten Sie den Geschädigten?
RAin Bontschev: Wer Geld bei graphene-ltd.pro investiert hat, sollte jetzt keine Zeit verlieren:
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Alle Unterlagen sichern: E-Mails, Verträge, Zahlungsbelege, Chatverläufe, Screenshots.
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Bei der Polizei Anzeige erstatten, idealerweise bei einer Cybercrime-Stelle.
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Bank oder Zahlungsdienstleister kontaktieren – manchmal kann eine Rückbuchung noch möglich sein.
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Sofort einen spezialisierten Anwalt hinzuziehen, um individuelle Rückforderungsmöglichkeiten zu prüfen und ggf. zivilrechtliche Schritte einzuleiten.
Besonders wichtig: Keine weiteren Zahlungen leisten! Auch wenn angebliche Kundenbetreuer mit rechtlichen Konsequenzen oder Gewinnversprechen Druck machen.
Redaktion: Gibt es realistische Chancen, das Geld zurückzubekommen?
RAin Bontschev: Das ist immer vom Einzelfall abhängig. Wenn Zahlungen über seriöse Dienstleister wie Kreditkarten oder Banküberweisungen abgewickelt wurden, besteht zumindest die Möglichkeit eines Rückerstattungsverfahrens. Schwieriger wird es bei Zahlungen in Kryptowährungen – hier ist das Geld meist endgültig weg, da es technisch schwer nachverfolgbar ist. Trotzdem lohnt sich eine anwaltliche Prüfung – auch, um weitere Schäden zu vermeiden.
Redaktion: Was unterscheidet graphene-ltd.pro von legalen Anbietern?
RAin Bontschev: Ganz klar: Seriöse Finanzdienstleister haben eine Zulassung der BaFin. Diese kann man jederzeit über die BaFin-Unternehmensdatenbank prüfen. Plattformen wie graphene-ltd.pro tarnen sich mit professionell wirkenden Webseiten, verwenden oft Fake-Adressen, falsche Namen oder sogar gestohlene Logos. Die Kundenkommunikation läuft fast ausschließlich digital, mit dem Ziel, schnell Vertrauen aufzubauen und Kapitalflüsse anzustoßen. Wer nicht genau hinschaut, fällt leicht darauf rein.
Redaktion: Was können Verbraucherinnen und Verbraucher präventiv tun?
RAin Bontschev: Drei einfache Regeln:
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Immer prüfen, ob ein Anbieter bei der BaFin lizenziert ist.
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Misstrauisch sein bei unrealistisch hohen Gewinnversprechen.
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Keine Investitionsentscheidungen auf Basis von Online-Werbung, Social Media oder Cold Calls treffen.
Außerdem empfehle ich jedem, sich die Podcast-Folge „Vorsicht, Betrug“ der BaFin anzuhören – sie enthält sehr praxisnahe Hinweise zum Schutz vor Finanzbetrug.
Redaktion: Frau Bontschev, vielen Dank für Ihre Einschätzung.
RAin Kerstin Bontschev: Gern geschehen. Es ist mir ein Anliegen, Betroffene aufzuklären und dabei zu helfen, Schäden zu minimieren – oder möglichst zu verhindern.
Kurztipp für Betroffene: Was tun bei Graphene-Betrug?
✅ Beweise sichern (Mails, Chatverläufe, Zahlungsbelege)
✅ Anzeige bei der Polizei erstatten
✅ Bank oder Zahlungsanbieter kontaktieren
✅ Keine weiteren Zahlungen leisten
✅ Fachanwältin einschalten
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