Die KWA Contracting AG hat für den 16. Dezember 2025 eine außerordentliche Hauptversammlung in Stuttgart einberufen. Auf der Tagesordnung steht unter anderem eine Satzungsänderung zur Schaffung neuen genehmigten Kapitals. Wir sprechen mit Rechtsanwältin Bontschev, Expertin für Aktien- und Kapitalmarktrecht, über die Bedeutung solcher Beschlüsse und wie sich Anleger schützen können.
Frau Bontschev, die KWA Contracting AG will auf ihrer außerordentlichen Hauptversammlung ein neues genehmigtes Kapital schaffen. Was bedeutet das konkret für die Aktionäre?
Ein genehmigtes Kapital erlaubt es dem Vorstand, das Grundkapital der Gesellschaft innerhalb eines bestimmten Rahmens – in diesem Fall bis zu 3,25 Millionen Euro – ohne erneute Zustimmung der Hauptversammlung zu erhöhen. Das ist ein übliches Instrument, um Unternehmen finanziell flexibel zu halten, etwa für Beteiligungen, Investitionen oder strategische Partnerschaften.
Für Aktionäre bedeutet das aber auch: Wenn der Vorstand diese Ermächtigung nutzt, kann es zu Kapitalerhöhungen kommen, bei denen neue Aktien ausgegeben werden – was den Anteil der bisherigen Aktionäre verwässern kann, insbesondere wenn ihr Bezugsrecht ausgeschlossen wird.
In der Einladung wird ausdrücklich erwähnt, dass das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden kann. Warum ist das für Anleger so wichtig?
Das Bezugsrecht ist ein zentraler Schutzmechanismus für Aktionäre. Es sichert ihnen das Recht, bei Kapitalerhöhungen neue Aktien zu denselben Bedingungen zu erwerben wie andere Investoren, um ihren Anteil am Unternehmen zu wahren.
Wenn dieses Recht ausgeschlossen wird, können neue Investoren Aktien erhalten, während bestehende Aktionäre außen vor bleiben – ihr Anteil und damit ihr Einfluss in der Gesellschaft verwässert. Deshalb sollten Anleger genau prüfen, unter welchen Bedingungen der Vorstand solche Maßnahmen durchführen darf. Der Ausschluss des Bezugsrechts kann sinnvoll sein, etwa bei strategischen Partnerschaften, darf aber nicht zulasten der Altaktionäre gehen.
Was sollten Aktionäre im Vorfeld einer solchen Hauptversammlung tun, um ihre Rechte zu wahren?
Wichtig ist, dass Aktionäre die Tagesordnungspunkte genau lesen und sich über die geplanten Beschlüsse informieren. Wer Fragen hat, sollte diese vor oder während der Hauptversammlung stellen, denn die Geschäftsleitung ist dort zur Auskunft verpflichtet.
Außerdem sollten sich Anleger rechtzeitig zur Teilnahme anmelden, um ihr Stimmrecht ausüben zu können – oder, falls sie verhindert sind, eine Stimmrechtsvollmacht erteilen. Nur so können sie aktiv mitbestimmen, ob sie Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen mittragen wollen.
Viele Kleinanleger fühlen sich durch juristische Formulierungen überfordert. Wie können sie sich trotzdem absichern?
Das ist verständlich – Hauptversammlungseinladungen sind oft komplex formuliert. Anleger sollten sich daher nicht scheuen, juristischen oder fachlichen Rat einzuholen, etwa bei einem auf Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwalt.
Darüber hinaus können sie sich im Vorfeld auf der Website der Gesellschaft oder in einschlägigen Aktionärsforen informieren. Wichtig ist, wachsam zu bleiben und zu erkennen, ob die Maßnahmen dem Unternehmensinteresse dienen oder ob sie möglicherweise auf eine Verwässerung von Aktionärsrechten hinauslaufen.
Und wie können sich Anleger generell vor riskanten oder zweifelhaften Kapitalmaßnahmen schützen?
Zunächst durch Information – wer versteht, was beschlossen wird, kann Risiken besser einschätzen. Außerdem ist es ratsam, die Finanzlage des Unternehmens im Blick zu behalten: Wird Kapital wirklich für Wachstum eingesetzt, oder sollen strukturelle Probleme kaschiert werden?
Auch ein Blick auf das Verhalten des Vorstands und Aufsichtsrats lohnt sich. Werden Entscheidungen transparent kommuniziert? Erfolgen Maßnahmen im Einklang mit den Aktionärsinteressen? Seriöse Gesellschaften legen hier Wert auf Offenheit und Nachvollziehbarkeit.
Ihr Fazit, Frau Bontschev?
Aktionäre sollten sich nicht von komplexen juristischen Begriffen abschrecken lassen. Gerade bei Hauptversammlungen, auf denen über Kapitalerhöhungen, Satzungsänderungen oder Bezugsrechtseinschränkungen abgestimmt wird, ist es entscheidend, informiert und aktiv zu bleiben. Nur wer sein Stimmrecht nutzt und die Vorgänge kritisch hinterfragt, kann seine Anlegerrechte wirksam schützen.
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