Die südindische Metropole Bengaluru, bekannt als das „Silicon Valley Indiens“, ist nach ungewöhnlich starken Regenfällen von schweren Überschwemmungen betroffen. Seit Sonntag haben sintflutartige Niederschläge große Teile der Stadt lahmgelegt. Behörden warnen vor weiteren Regenfällen infolge eines Wirbelsystems über dem Andamanensee.
Todesfälle und massive Störungen
Mindestens drei Menschen, darunter ein 12-jähriger Junge, sind bei regenbedingten Vorfällen ums Leben gekommen. In einem tragischen Unfall wurde eine 35-jährige Mitarbeiterin des IT-Unternehmens i-Zed getötet, als eine Mauer des Firmengeländes einstürzte.
Am Montag fielen in einigen Stadtteilen über 100 Millimeter Regen – ein Rekordwert seit 2011. Die Wassermassen führten zu massiven Verkehrsbehinderungen, Schäden an Gebäuden und Stromausfällen. Zahlreiche Unternehmen, darunter internationale Tech-Firmen, haben ihre Mitarbeitenden gebeten, von zu Hause aus zu arbeiten, da viele Straßen unpassierbar sind.
Videos in sozialen Medien zeigen Menschen, die sich durch knietiefes Wasser kämpfen. Autos stehen auf überfluteten Straßen, und in manchen Stadtvierteln ist Wasser in die Häuser eingedrungen.
Infrastruktur unter Druck
Die Stadtverwaltung hat 210 Überschwemmungsgebiete identifiziert, in denen rund um die Uhr Drainagen gereinigt und Barrieren errichtet werden. Dennoch wächst die Kritik an der Infrastrukturplanung und der politischen Verantwortung.
„Keine andere Stadt ruft so viel Angst und Hilflosigkeit beim Pendeln während Regenfällen hervor wie Bengaluru“, schrieb ein Nutzer auf der Plattform X (ehemals Twitter).
Annu Itty, eine Einwohnerin der Stadt, die im Bereich der öffentlichen Politik arbeitet, nennt vor allem das Fehlen einer umweltbewussten und langfristigen Stadtplanung als Ursache: „Ironischerweise sind es gerade die neu entwickelten Stadtteile – gebaut für den expandierenden Tech-Sektor – die am schlimmsten betroffen sind.“
Politisches Fingerzeigen
Der stellvertretende Ministerpräsident des Bundesstaats Karnataka, DK Shivakumar, rief zur Ruhe auf: „Es besteht kein Grund zur Sorge.“ Gleichzeitig betonte er jedoch, dass die aktuellen Probleme auf jahrelange Versäumnisse verschiedener Regierungen zurückzuführen seien.
Die oppositionelle Bharatiya Janata Party (BJP) hingegen wirft der regierenden Kongresspartei Missmanagement vor und fordert 10 Milliarden Rupien (ca. 117 Millionen Dollar) an Soforthilfe für die Betroffenen.
Ursachen: Wildes Wachstum und fehlende Planung
Experten machen unter anderem die rasante Urbanisierung, das Bauen auf ehemaligen Seen und Feuchtgebieten sowie eine mangelhafte Infrastrukturpolitik für die wiederkehrenden Überschwemmungen verantwortlich.
Ananda Rao, Präsident des Verbands für Informationstechnologie (AIT), der über 450 Softwarefirmen vertritt, fordert ein Umdenken: „Bengaluru leistet enorme Steuerbeiträge. Aber es gibt keine Gegenleistung. Wir brauchen langfristige Lösungen für die städtische Infrastruktur.“
Ausblick
Die Stadt steht weiterhin unter Alarmbereitschaft, da weitere Regenfälle vorhergesagt sind. Die anhaltenden Überschwemmungen werfen ein grelles Licht auf die Schwachstellen eines der wichtigsten Technologiezentren Asiens – und lassen Fragen offen, wie lange diese fragile Infrastruktur dem Klimawandel und dem Bevölkerungswachstum noch standhalten kann.
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