Vor zehn Jahren schrieb der US-Amerikaner Jim Obergefell Geschichte: Sein Name stand an oberster Stelle in der bahnbrechenden Entscheidung des US-Supreme Court zur Gleichstellung homosexueller Ehen (Obergefell v. Hodges, 2015). Das Urteil legalisierte die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in allen 50 Bundesstaaten.
Doch für Obergefell ist die Geschichte mehr als ein juristisches Kapitel – sie ist zutiefst persönlich. Sein Ehemann, John Arthur, verstarb noch vor dem Urteil an ALS, einer unheilbaren Nervenkrankheit. Gemeinsam hatten sie 2013 in einem medizinischen Jet geheiratet, da ihre Heimat Ohio die Ehe nicht anerkannte. Ihr Ziel: Dass Johns Sterbeurkunde korrekt ausgestellt wird – mit Jim als Ehemann.
Ein lokaler Anwalt machte sie auf eine Lücke aufmerksam: Ohne Anerkennung durch Ohio würde John in offiziellen Dokumenten als ledig geführt. Das Paar entschied sich, zu klagen – und legte damit den Grundstein für einen der wichtigsten LGBTQ+-Rechtsstreite in der US-Geschichte.
„Es war nicht nur ein juristischer Sieg – es war das erste Mal, dass ich mich als gleichwertiger Amerikaner gefühlt habe“, erinnert sich Obergefell heute.
Der Kampf geht weiter
Obwohl das Urteil von 2015 gefeiert wurde, zeigt sich Obergefell 2025 besorgt: Die politische Stimmung in den USA hat sich gewandelt, und er fürchtet, dass das Urteil kippen könnte. Viele US-Bundesstaaten, darunter auch sein Heimatstaat Ohio, haben noch immer Gesetze auf Landesebene, die gleichgeschlechtliche Ehen verbieten würden – sie sind nur durch das Bundesurteil außer Kraft gesetzt.
„Wenn Obergefell v. Hodges aufgehoben wird, verlieren wir all das wieder“, warnt er. Besonders betroffen seien derzeit trans Menschen, die aktuell besonders stark angegriffen werden. „Wir müssen uns als Gemeinschaft zusammenschließen – alle marginalisierten Gruppen. Nur gemeinsam können wir unsere Rechte verteidigen.“
„Ich war kein Aktivist – bis es persönlich wurde“
Obergefell bezeichnet sich selbst nicht als klassischen Aktivisten. Erst die Weigerung seines Heimatstaates, seine Ehe anzuerkennen, habe ihn in diese Rolle gedrängt. „Ich habe einfach für die Liebe meines Lebens gekämpft“, sagt er. „Und für unsere gemeinsame Wahrheit.“
Heute trifft er regelmäßig Menschen, die ihn umarmen, ihm Familienfotos zeigen oder dankbar berichten, wie das Urteil ihr Leben verändert hat. „In solchen Momenten spüre ich, wie viel das bedeutet. Das ist ein Geschenk.“
Hoffnung für die nächste Generation
Trotz aller Rückschläge will Obergefell jungen LGBTQ+-Menschen Mut machen: „Ihr seid nicht allein. Es gibt Millionen von Menschen, die an euch glauben, die eure Würde verteidigen und für eure Zukunft kämpfen.“
Sein Appell: „Bleibt sichtbar. Liebt laut. Und wenn es nötig ist, kämpft – für euch selbst und für andere.“
Hintergrund:
- Das Urteil Obergefell v. Hodges vom 26. Juni 2015 legalisierte gleichgeschlechtliche Ehen landesweit in den USA.
- Die Entscheidung basiert auf dem 14. Verfassungszusatz zur Gleichbehandlung.
- Obergefells Fall begann mit einem Wunsch: auf der Sterbeurkunde seines Mannes als rechtmäßiger Ehemann genannt zu werden.
- Die Entscheidung markierte einen historischen Wendepunkt für LGBTQ+-Rechte in den USA – ist aber zunehmend unter politischem Druck.
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