Die Angst vor Cyberangriffen hält Ian Stuart, CEO von HSBC UK, nachts wach. In einer Anhörung vor dem britischen Finanzausschuss des Unterhauses erklärte der Chef einer der größten Banken des Landes, dass Cyber-Sicherheit „ganz oben auf der Agenda“ stehe. Die Kosten zur Abwehr dieser Bedrohungen seien „enorm“ – nicht nur für HSBC, sondern für die gesamte Branche.
„Es beunruhigt mich sehr – wir können jederzeit Ziel eines Angriffs werden, und wir werden auch ständig angegriffen“, sagte Stuart.
Ständige Bedrohung, steigende Kosten
HSBC investiere Hunderte Millionen Pfund in die Modernisierung und Sicherheit seiner IT-Systeme, so Stuart. Allein sein Konzern verarbeitet rund 1.000 Zahlungen pro Sekunde und führt jede Woche etwa 8.000 technische Änderungen im System durch. Umso wichtiger seien robuste Verteidigungsmechanismen gegen digitale Angriffe.
„Die Systeme, die wir zum Schutz einsetzen, sind absolut entscheidend“, betonte der Bankchef.
Bankausfälle nehmen zu
Die Aussagen von Stuart erfolgten im Rahmen einer Untersuchung des Finanzausschusses zu den wachsenden Risiken durch IT-Ausfälle und Cyberattacken im Bankensektor. Zwischen Januar 2023 und Februar 2025 meldeten neun große britische Banken und Bausparkassen – darunter Barclays, Lloyds, Santander und NatWest – insgesamt 158 Systemausfälle. Zusammengenommen führten diese zu mindestens 803 Stunden – über 33 Tagen – technischer Störungen.
Ein besonders schwerwiegender Vorfall ereignete sich im Januar bei Barclays, als das Online-Banking über mehrere Tage hinweg ausfiel – ausgerechnet zum Zahltag für viele Briten. Rund 1,2 Millionen Menschen waren betroffen. Die Folge: Frust, Zahlungsausfälle und der mögliche Zwang zu Entschädigungszahlungen in Höhe von rund 12,5 Millionen Pfund. Barclays-CEO Vim Maru entschuldigte sich öffentlich und betonte, dass es sich dabei nicht um einen Cyberangriff gehandelt habe.
Cyber-Angriffe auf dem Vormarsch
Sicherheitsforscher bestätigen die Aussagen von Stuart. Lisa Forte vom Unternehmen Red Goat erklärte gegenüber der BBC, dass Cyberangriffe nicht nur zunehmen, sondern auch gezielter und lukrativer für Kriminelle geworden seien. „Wir sind an einem Punkt, an dem es nicht mehr heißt ‚ob‘, sondern ‚wann‘ ein Unternehmen Opfer eines Angriffs wird.“
Auch Prof. Oli Buckley, Cyber-Sicherheits-Experte an der Universität Loughborough, sprach von einer „gnadenlosen“ Bedrohungslage: „Es geht längst nicht mehr nur um den Schutz sensibler Kundendaten – es geht um das Vertrauen in das gesamte Finanzsystem.“ Ein einzelner erfolgreicher Angriff könne weitreichende Folgen haben, von Marktstörungen über Imageschäden bis hin zu Vertrauensverlusten in der Bevölkerung.
Auch der Einzelhandel betroffen
Die Banking-Branche steht zwar besonders im Fokus, doch auch der Einzelhandel bleibt nicht verschont. In den letzten Wochen meldeten Unternehmen wie Co-op und Marks & Spencer massive Störungen infolge von Hackerangriffen.
Angesichts der zunehmenden Gefahrenlage wird deutlich: Cyber-Sicherheit ist längst keine technische Nebensache mehr, sondern ein zentrales Thema für Unternehmen, die mit sensiblen Daten und hohen Transaktionsvolumina arbeiten – und für die Menschen, die ihnen ihr Vertrauen schenken.
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