In Wiesbaden tagen derzeit die Fachleute des Arbeitskreises Steuerschätzungen, um ihre traditionelle Herbstprognose für die öffentlichen Finanzen zu erarbeiten. Drei Tage lang analysieren Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, der Bundesbank und führenden Wirtschaftsforschungsinstituten, wie sich die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren entwickeln werden.
Erste Einschätzungen deuten darauf hin, dass der Staat trotz konjunktureller Unsicherheiten mit höheren Einnahmen rechnen kann als noch bei der letzten Prognose im Mai. Nach Medienberichten dürften Bund, Länder und Gemeinden bis 2029 über ein spürbar größeres Steueraufkommen verfügen.
Hintergrund sind die weiterhin stabile Beschäftigungslage und steigende Löhne, die für kräftige Einkommensteuerzuflüsse sorgen. Auch die Inflation spielt eine Rolle: Höhere Preise führen in vielen Bereichen zu höheren nominalen Umsätzen – und damit zu mehr Mehrwertsteuereinnahmen.
Allerdings könnte der Spielraum des Staates durch geplante Steuerentlastungen für Unternehmen wieder schrumpfen. Die Bundesregierung plant derzeit, mit einem sogenannten Wachstumschancengesetz Investitionen anzukurbeln und die Wirtschaft zu entlasten. Diese Maßnahmen könnten die Einnahmen vorübergehend mindern, sollen langfristig aber die Konjunktur stützen.
Die Steuerschätzung gilt als zentrale Grundlage für die Haushaltsplanung von Bund und Ländern. Sobald die Ergebnisse vorliegen – voraussichtlich Ende der Woche –, werden sie zeigen, ob Finanzminister Christian Lindner (FDP) im kommenden Jahr über zusätzlichen Spielraum verfügen kann oder ob weitere Sparmaßnahmen notwendig werden.
Klar ist schon jetzt: Zwischen Wachstumsförderung, Schuldenbremse und steigenden Ausgaben für Soziales, Verteidigung und Klimaschutz bleibt die Finanzpolitik auch in den nächsten Jahren ein Balanceakt.
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