Die majestätischen Himalaya-Gebirge, einst das Symbol für Abenteuer und Naturwunder, verschwinden immer häufiger im dichten Dunst. Was früher ein klarer Blick auf die höchsten Gipfel der Welt war, ist heute oft nur noch eine trübe Ahnung.
Dunst statt Gipfelpanorama
Früher war der Frühling die beste Zeit, um die Himalayas zu bestaunen. Doch heute ist die Sicht auf die Berge selbst in den Monaten März bis Mai oft durch eine hartnäckige Dunstschicht blockiert. Auch im Herbst, der traditionell für klare Sicht bekannt war, sieht es nicht besser aus. Die Ursache: Luftverschmutzung, die sich als dichte, graue Wolke über die Region legt.
Navin Singh Khadka, Umweltkorrespondent der BBC, berichtet von persönlichen Erfahrungen: „Früher konnte man von Kathmandu aus die Gipfel sehen, heute ist das selten geworden.“ Selbst an Aussichtspunkten wie Nagarkot, die für ihre spektakulären Sonnenauf- und -untergänge bekannt sind, ist nur noch eine graue Wand zu sehen.
Vergebliche Hoffnung auf klare Tage
Die Situation betrifft nicht nur Touristen, sondern auch die Einheimischen, die vom Trekkingtourismus leben. Lucky Chhetri, eine erfahrene Trekkingführerin in Nepal, spricht von einem Rückgang ihres Geschäfts um 40 Prozent. „Kunden sind enttäuscht, wenn sie die Himalayas nicht sehen können. Einige verlangen sogar eine Rückerstattung“, erzählt sie.
Die Enttäuschung teilen auch langjährige Besucher. Der Australier John Carrol, der seit 1986 regelmäßig nach Nepal reist, sagt: „Vor zehn Jahren war die Sicht noch viel besser. Jetzt dominiert der Dunst. Es ist frustrierend.“
Ursachen: Luftverschmutzung und Klimawandel
Die Ursache für die schlechte Sicht liegt vor allem in der zunehmenden Luftverschmutzung. Abgase aus Fahrzeugen, industrielle Emissionen und Staub von Baustellen und trockenen Straßen tragen zur Bildung von Dunst bei. Hinzu kommt das Verbrennen von Ernteabfällen und die Waldbrände, die durch den längeren trockenen Jahreszeiten zunehmen.
„Die trockene Saison dauert mittlerweile deutlich länger“, erklärt Dr. Someshwor Das von der South Asia Meteorological Association. Dies begünstigt die Entstehung von Dunst und Staubstürmen, die sich ohne Regen hartnäckig halten. Im Jahr 2024 verzeichnete der Flughafen von Pokhara bereits 168 dunstige Tage – ein drastischer Anstieg gegenüber den 23 Tagen im Jahr 2020.
Verzweiflung bei Trekkinganbietern
Besonders betroffen sind die Anbieter von Trekkingtouren. Krishna Acharya von der Trekking Agents Association of Nepal berichtet von einer tiefen Krise: „Ohne die Aussicht auf die Berge bleibt das Geschäft aus. Viele unserer Mitglieder überlegen, den Beruf zu wechseln.“
Auch in den benachbarten Regionen Indiens und Pakistans klagen Touristiker über den Dunst. Selbst in Gegenden wie Peshawar und Gilgit, von denen aus die westlichen Himalayas einst gut zu sehen waren, sind die Berge oft nur noch schemenhaft wahrnehmbar.
Ein Naturwunder verschwindet
Der Dunst verschluckt nicht nur die Sicht auf die Berge, sondern auch ein ganzes Geschäftsmodell. „Wir verdienen Geld mit dem Versprechen, die Himalayas zu zeigen – und fühlen uns schuldig, wenn wir dieses Versprechen nicht halten können“, sagt Trekkingführerin Chhetri.
Wenn die Luftverschmutzung nicht drastisch reduziert wird, könnten die beeindruckenden Bergpanoramen bald nur noch in Postkarten und Erinnerungen existieren.
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