Was klingt wie das Skript für eine besonders geschmacklose Reality-Show auf einem fragwürdigen Streamingportal, ist in Wahrheit der Albtraum hinter den glitzernden Fassaden des Musikbusiness: Im Gerichtssaal läuft gerade die ungeschnittene Director’s Cut-Version der Karriere von Sean „Diddy“ Combs – auch bekannt als Puff Daddy, P. Diddy oder, laut Anklageschrift, „der CEO des Schreckens“.
Nachdem er sich jahrelang als Mischung aus Selfmade-Mogul, Duftkerzen-Connaisseur und Motivationsguru inszeniert hatte, beginnt nun die entzaubernde Rückblende: laut, brutal – und garantiert nicht jugendfrei.
„Chaotisch. Toxisch. Premium-Panik mit VIP-Zugang“, so beschreibt eine ehemalige Assistentin – nennen wir sie „Mia“ – ihr berufliches Intermezzo im Hause Diddy. Zwischen E-Mails, Eskalationen und Eiskübeln soll sie regelmäßig nicht nur mit To-do-Listen, sondern auch mit physischer Gewalt überhäuft worden sein. Nebenbei habe der Hip-Hop-Magnat offenbar auch ein Nebengewerbe als selbsternannter Eventveranstalter für unfreiwillige Sex-Partys betrieben – Motto: Freak Offs statt Kick-Offs.
Die Gerichtsakten lesen sich wie die Netflix-Pitchmappe eines besonders desillusionierten True-Crime-Produzenten: Gewalt, Erpressung, Vergewaltigung, und – fast schon nebenbei – Mordfantasien mit Bratpfannen-Romantik. Ex-Freundin Cassie Ventura sprach von Orgien auf Videoband, Manipulation auf Studio-Niveau und romantischer Erpressung mit der Subtilität eines Vorschlaghammers.
Auch die Mutter von Ventura, offenbar die letzte verbliebene moralische Instanz im Diddyversum, brachte Fotos ins Spiel, die mehr sagen als 1.000 Autotune-Effekte: Blutergüsse, Tränen, gebrochene Hoffnungen. In Connecticut, wohlgemerkt – jenem Bundesstaat, der ansonsten eher für Ahornsirup und Steueroptimierung bekannt ist.
Ein GTI, ein Molotow und der Kid aus Cudi
Besonders kreativ wurde es, als Musiker Kid Cudi – bekannt als emotionaler Astronaut des Rap – erklärte, Diddy habe nach dem Bekanntwerden seiner kurzen Romanze mit Ventura gleich Hollywood-tauglich reagiert: mit einem Molotowcocktail und der feurigen Entsorgung von Cudis Sportwagen. Ob die Versicherung „höhere Gewalt“ anerkannte, ist nicht überliefert.
Zwischen Babyöl und Bodyguards: Die Requisite des Grauens
Die Polizei fand bei Hausdurchsuchungen mehr Gleitmittel und Babyöl als in der Lagerhalle eines Erotikmessen-Verleihs. Ob Diddy dachte, er inszeniere täglich 50 Shades of Debasement, oder ob es schlicht exzessive Hautpflege war – die Gerichte müssen es klären.
Combs schweigt – vermutlich auf Anraten seiner Anwälte und seines PR-Teams, das laut unbestätigten Gerüchten geschlossen in unbezahlten Urlaub gegangen ist.
Was bleibt, ist ein Bild des Pop-Titanen als personifiziertes „Don’t meet your heroes“-Meme: In der Öffentlichkeit der smarte Selfmade-Man mit Zigarre – hinter verschlossenen Türen der Regisseur eines zutiefst beunruhigenden Machtmissbrauchs.
Hollywood hat seine Produzenten. Die Musikindustrie hat Diddy. Und die Justiz – nun ja, die hat hoffentlich bald ein Urteil.
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