Hanseatisches Oberlandes Gericht:Erweiterungsbeschluss 13 Kap 22/19 Leo Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG

Beschluss

In der Sache

Olaf Spiekermann, Schmisingstraße 1, 33790 Halle

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte activeLAW PartmbB Klein.Offenhausen, Hans-Böckler-Allee 26, 30173 Hannover, Gz.: PR 2433/19-1

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungs GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Christina Beckmann, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
2)

HCI Treuhand GmbH, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafterin Verwaltung HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 11005/19-JBo/sha

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner am 19.11.2020:

1.) Auf Antrag des Musterklägers wird das Musterverfahren um die folgenden Feststellungsziele erweitert:

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt der Schifffahrtsgesellschaft Leo Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG vom 14.04.2011 unrichtig, irreführend und unvollständig ist, da in diesem

Feststellungsziel 1d: nicht darüber aufgeklärt wird, dass durch die Poolmitgliedschaft die unternehmerischen Chancen der Vermögensanlage erheblich eingeschränkt sind, indem der Prospekt verschweigt, dass bei Veräußerung des Schiffes der bestehende Chartervertrag sowie die Poolmitgliedschaft vom Käufer übernommen werden muss und so ein Verkauf zum marktüblichen Preis nicht möglich ist.

Feststellungsziel 2: Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt der Schifffahrtsgesellschaft Leo Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG vom 14.04.2011 unrichtig, irreführend und unvollständig ist, da in diesem nicht auf den zwischen der HCI Capital AG und der HCI Treuhand GmbH geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 02.09.2009 und die damit einhergehenden Interessenkonflikte hingewiesen wird.

2.) Die Anträge des Musterklägers auf Neufassung der Feststellungsziele zu Ziffer 1a) aa) und dd) werden zurückgewiesen.

3.) Den Musterbeklagten wird aufgegeben, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses auf die bereits mit klägerischem Schriftsatz vom 15.06.2020 (dort S. 59 – 67) erfolgte Begründung der Feststellungsziele 1d und 2 zu erwidern.

Gründe:

1.) Die beantragten Erweiterungen sind zuzulassen, die Voraussetzungen dem § 15 KApMuG liegen vor.

Die neuformulierten Ziele sind entscheidungserheblich, wofür es genügt, dass sich dies als plausibel darstellt, da dem OLG – anders als etwa bei einer Beschwerde gegen die Aussetzung oder Nichtaussetzung des Verfahrens – eine Prüfung des Ausgangsverfahrens im Einzelnen nicht obliegt (Kölner Kommentar-Vollkommer, KapMuG, 2. Aufl. 2014, § 15, Rn. 14).

Dass der Prospekt für die Anlageentscheidung im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich sein muss, ergibt sich aus dem – nicht angegriffenen – Aussetzungsbeschluss des Landgerichts. Selbst wenn dort die nunmehr neu angebrachten Feststellungsziele – anders als offenbar die Verwendung des Prospektes gegenüber dem dortigen Kläger – noch nicht explizit eingeführt worden sein sollten, so ist damit noch nicht gesagt, dass dies – ggf. auch durch neuen Sachvortrag – nicht mehr möglich sein sollte (vgl. Vorlagebeschluss des LG Hamburg 24.07.2019., Ziffer 4).

Jede andere Auffassung würde das zur Entscheidung berufene OLG entweder in eine im Gesetz nicht angelegte Detailprüfung des Ausgangsrechtsstreits hineinzwingen, in der zu klären wäre, ob nunmehr explizit beantragte Erweiterungen dort schon Gegenstand des Klagevortrages sind oder aber noch dazu gemacht werden können, womit etwa auch eine Prüfung des § 296 ZPO verbunden sein könnte, die strukturell dem Gericht erster Instanz vorbehalten sein muss. Oder aber es wäre ohne Rücksicht auf die Frage, welcher Vortrag in erster Instanz relevant ist auf den Stand desselben bei Erlass des Vorlagebeschlusses abzustellen, was jedoch den Sinn des KapMuG zu einer möglichst umfassenden Klärung der behaupteten Prospektfehler zu gelangen, konterkarieren würde.

Selbst wenn man – anders als der Senat – der abweichenden Auffassung von Vorwerk/Wolf-Kotschy, KapMuG, 2. Aufl. 2020, § 15, Rn. 6) zu dieser Frage folgen wollte, so würde hiernach jedenfalls hinsichtlich der Ergänzung zu Ziffer 1 d) ohne Weiteres von Entscheidungserheblichkeit auszugehen sein, da die Frage der Darstellung des 3.100-TEU-Pools bereits Gegenstand des Feststellungsziels 1b ist, womit – wiederum ausgehend vom Vorlagebeschluss – davon auszugehen wäre, dass dessen korrekte Darstellung im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist.

2.) Die beantragte Neufassung der Feststellungsziele 1a lit aa) und dd) ist hingegen nicht vorzunehmen.

Allerdings lässt der Senat – da eine Klagänderung im KapMuG-Verfahren grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. Vorwerk/Wolf-Kotschy, aaO.,, § 11, Rn. 24) – analog § 15 KapMuG eine Präzisierung bislang nicht hinreichend im Sinne des § 253 ZPO bestimmter Feststellungsziele zu, dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor: Die bisherigen Feststellungsziele 1a aa) und dd) sind durchaus hinreichend konkret gefasst, die in den begehrten Umformulierungen enthaltenen Behauptungen können im Rahmen dieser schon rechtshängigen Feststellungsbegehren berücksichtigt werden.

Panten
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Löffler
Richterin
am Oberlandesgericht
Dr. Tonner
Richter
am Oberlandesgericht

 

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