Nur wenige Wochen nach dem überraschenden Handelsfrieden zwischen den USA und China eskaliert der Ton wieder. Die chinesische Regierung beschuldigte am Montag die Vereinigten Staaten, „neue wirtschaftliche Reibungen zu provozieren“ und damit die fragile Einigung zu gefährden, die im Mai bei Gesprächen in Genf erzielt worden war.
In einer offiziellen Erklärung des chinesischen Handelsministeriums hieß es, die USA hätten eine Reihe einseitiger Maßnahmen ergriffen, die das gegenseitige Vertrauen beschädigten und den vereinbarten 90-Tage-Zeitrahmen für weitere Verhandlungen ins Wanken brächten.
„Wenn die Vereinigten Staaten weiterhin Chinas Interessen untergraben, wird China entschlossene und kraftvolle Maßnahmen ergreifen, um seine legitimen Rechte zu schützen“, so das Ministerium.
Trump: „China hat das Abkommen TOTAL verletzt“
US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt auf seiner Plattform Truth Social erklärt, China habe das Genfer Abkommen „total verletzt“. Er warf Peking vor, sich nicht an die Aufhebung von Exportbeschränkungen auf sogenannte seltene Erden zu halten – kritische Rohstoffe, die unter anderem für Smartphones, E-Autos und moderne Waffensysteme wie den F-35-Kampfjet benötigt werden.
„Ich habe ihnen ein schnelles Abkommen angeboten, um sie zu retten – und das ist der Dank“, schrieb Trump. „So viel zum Thema ‚Mr. Nice Guy‘.“
Genehmigungspflicht statt Aufhebung
China hatte im April Exportkontrollen auf sieben seltene Erden verhängt – als Antwort auf neue US-Zölle. Obwohl im Genfer Abkommen vereinbart wurde, dass China solche Maßnahmen aussetzen oder zurücknehmen sollte, blieb das Kontrollsystem bestehen. Jede Ausfuhr bedarf weiterhin einer Einzelgenehmigung, was in der Praxis eine massive Behinderung für den globalen Markt bedeutet.
Laut US-Finanzminister Scott Bessent sei unklar, ob die Einschränkungen „absichtlich“ bestehen blieben oder auf „bürokratische Verzögerungen“ zurückzuführen seien. In einem Interview mit CBS sagte Bessent, man hoffe, dass ein geplantes Telefonat zwischen Trump und Xi Jinping Klarheit bringen werde. Ein solcher Anruf wurde mehrfach angekündigt, aber bislang nicht durchgeführt.
USA verschärfen ihrerseits den Ton
Zeitgleich mit den Vorwürfen gegen China hat die Trump-Regierung neue Maßnahmen gegen Peking beschlossen:
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Einschränkungen beim Export von KI-Chips und Chipdesign-Software
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Visa-Beschränkungen für chinesische Studierende
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Warnungen an US-Unternehmen hinsichtlich der Nutzung von Technologieprodukten des chinesischen Konzerns Huawei
Das chinesische Handelsministerium reagierte am Montag empört: Diese Schritte seien „diskriminierend“ und widersprächen dem Geist der Genfer Gespräche.
Hintergrund: Wirtschaftliche Lage und geopolitischer Druck
Die Spannungen verschärfen sich vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten in China selbst. Die Industrieproduktion schrumpfte im Mai den zweiten Monat in Folge. Die US-Zölle auf chinesische Waren liegen derzeit bei etwa 30 %, ohne bereits bestehende Abgaben mitzurechnen.
Zugleich ist der Konflikt längst nicht mehr nur wirtschaftlich: Die USA beschneiden Chinas Zugang zu strategischer Technologie, während China wiederum seine Rolle in globalen Lieferketten gezielt nutzt, um politischen Druck auszuüben.
Einschätzung: Vertrauen auf dem Tiefpunkt
Der ehemalige US-Botschafter in China, Nicholas Burns, sieht die Verantwortung in erster Linie bei Peking:
„China war in den letzten 30 Jahren die größte Störgröße im Welthandel“, so Burns gegenüber CNN. „Jetzt ist es an China, zu beweisen, dass es ein verantwortungsvoller Handelspartner ist – insbesondere beim Schutz geistigen Eigentums und beim Verzicht auf Zwangstechnologietransfer.“
Fazit:
Der fragile Waffenstillstand im US-chinesischen Handelskonflikt steht auf der Kippe. Beide Seiten werfen sich Vertragsbruch und Provokation vor, während strategisch wichtige Rohstoffe und Technologien zum geopolitischen Spielball werden. Ob ein direktes Gespräch zwischen Trump und Xi Jinping die Lage beruhigen kann, bleibt ungewiss.
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