Man muss es den US-Tech-Giganten lassen: Wenn sie eines können, dann ist es grenzenloser Optimismus – gepaart mit der unerschütterlichen Überzeugung, dass Milliardeninvestitionen in etwas, das noch kein Geld verdient, irgendwie sicher eine gute Idee sind. Microsoft, Amazon, Alphabet (also Google, aber mit Latein klingt’s halt klüger) und Meta (vormals Facebook, als man sich noch für soziale Netzwerke schämte) haben wieder ihre Quartalszahlen präsentiert. Die Ergebnisse sind, nun ja, „gemischt“. Aber wen interessiert das schon? Hauptsache, die KI-Träume leben weiter – auch wenn die „Killer-App“, also der Heilige Gral der Profitabilität, weiterhin so auffindbar ist wie ein ehrlicher Politiker.
Die Angst vor dem Platzen der Billionen-Dollar-KI-Blase? Laut Bloomberg vorerst „in den Hintergrund gedrängt“. Übersetzung: Solange die Kurse steigen, stellt bitte keine Fragen.
Börsenrausch ohne Reue
Die Wall Street tanzt weiter im KI-Fieber, als wäre 1999 nie vorbei gewesen. Der Dow Jones legte immerhin um die revolutionären 0,09 Prozent zu – also praktisch eine Wimpernzuckung des Fortschritts. S&P 500 und NASDAQ kletterten ebenfalls leicht, weil, naja, irgendjemand irgendwo eine Präsentation mit dem Wort „AI“ auf Folie 3 hatte.
Dass die Weltwirtschaft eher so mittel läuft, Handelskonflikte wie ein schlecht gelaunter Familienkrieg schwelen und niemand erklären kann, wie all das Geld irgendwann zurückkommen soll – geschenkt. Hauptsache, die Serverfarmen glühen.
Apple, Amazon und das Märchen vom endlosen Wachstum
Amazon feiert das schnellste Cloudwachstum seit drei Jahren. Apple wiederum hat es geschafft, den Anlegern weiszumachen, dass iPhones noch begehrenswerter werden könnten. Die Börse jubelt. Die Anleger atmen auf. Und irgendwo weint ein Buchhalter leise in seine Excel-Tabelle.
KI überall – Gewinne nirgendwo
Meta, Microsoft und Alphabet pumpen weiter Milliarden in ihre „KI-Infrastruktur“, also in gigantische Blechkisten, die in der Wüste Strom fressen. Meta darf dabei gleich 16 Milliarden Dollar abschreiben – vermutlich, weil „Metaverse“ nicht so gut geklappt hat, und man nun hofft, dass KI die Pein ausradiert.
Alle sprechen vom „Killer-Use-Case“, doch noch tötet hier höchstens das Tempo, mit dem das Geld verbrannt wird.
Fantasiepreise und Finanzgymnastik
Apple kratzt an vier Billionen Dollar Marktwert, Nvidia liegt schon bei fünf – offensichtlich ist Fantasie der neue Rohstoff. Analysten wie Lindsey Bell geben sich Mühe, das alles irgendwie rational zu erklären, müssen aber einräumen, dass keiner so genau weiß, wann KI jemals etwas verdienen wird. Aber hey, wer braucht schon Geschäftsmodelle, wenn man Buzzwords hat?
Mehr Rechenzentren! Mehr Strom! Mehr heiße Luft!
Die Lösung für alles: Noch mehr Datenzentren. Microsofts Pläne, noch mehr von diesen Energievernichtungs-Kathedralen zu bauen, wurden von Experten als „besorgniserregend“ bezeichnet – was in Wirtschaftssprech ungefähr „völlig wahnsinnig“ heißt.
Da bisher niemand weiß, wie sich all das jemals rechnet, versucht OpenAI es derweil mit – Überraschung – Pornografie. Schließlich hat diese Branche schon früher bewiesen, dass sie jeden neuen technischen Trend als Erste monetarisiert. Wenn das mal kein Fortschritt ist.
Alle bauen, keiner verdient
Claude, Grok, Gemini, ChatGPT – alle können alles und keiner etwas, was die anderen nicht auch sofort kopieren. Die Milliarden sprudeln in dieselben Ideen, und der „New Yorker“ erinnert daran, dass die Dotcom-Blase auch so angefangen hat: mit grenzenloser Hoffnung und erstaunlich wenig Produkt.
Selbst Jeff Bezos, der sonst bekanntlich kein Kind von Traurigkeit ist, wundert sich: „Normalerweise gibt man nicht sechs Leuten Milliarden, ohne dass sie ein Produkt haben.“ Tja, Jeff – willkommen in der Ära der künstlichen Intelligenz.
Schweigen über Zahlen, Fluten an Geld
Natürlich verraten die Unternehmen nicht, wie viel Geld sie mit KI wirklich machen. Das wäre ja Transparenz – und Transparenz ist bekanntlich der natürliche Feind der Euphorie.
Stattdessen beruhigt man sich gegenseitig mit Bilanzen und Beteuerungen, dass Liquidität wichtiger sei als Gewinne. Frei nach dem Motto: Wenn man nur genug Geld verbrennt, geht das Feuer vielleicht irgendwann von selbst aus.
Zuckerbergs Trostpflaster: Verluste als Vision
Mark Zuckerberg sieht die Sache ohnehin entspannt: Wenn man „zu viel Geld in KI pumpt“, dann verliere man eben etwas und werde „mit der Zeit wachsen“. Na dann. Ein bisschen Größenwahn gehört schließlich dazu – sonst wäre Silicon Valley ja nur eine Ansammlung von Serverhallen in der Wüste und nicht das gelobte Land der Visionäre.
Fazit:
Die KI-Revolution gleicht zunehmend einem Kostümball aus Stromrechnungen, Börsenhypes und Glaubenssätzen. Alle wissen, dass das Lied irgendwann aufhört – aber solange die Musik spielt, tanzen sie weiter. Und wer weiß – vielleicht findet ja doch noch jemand die „Killer-App“. Bis dahin bleibt’s beim Töten von Kapital.
Kommentar hinterlassen