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Geldanlage in Liechtenstein? Ja, aber nicht blind!

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Gerne! Hier ist ein sachlich-informatives Interview mit der Rechtsanwältin Kerstin Bontschev, das die Vorteile der App willbe beleuchtet, aber auch kritisch auf mögliche Risiken und rechtliche Fallstricke für Anleger hinweist.

„Geldanlage in Liechtenstein? Ja, aber nicht blind!“

Ein Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev zu willbe, Einlagensicherung und Risiken internationaler Finanz-Apps

Redaktion:
Frau Bontschev, die App willbe wirbt mit sicherem Sparen in Liechtenstein, attraktiven Zinsen und dem stabilen Schweizer Franken. Klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Wie schätzen Sie das ein?

Kerstin Bontschev:
Das Angebot von willbe ist zweifellos professionell aufbereitet, und die Eckdaten – stabile Währung, AAA-Rating, Einlagensicherung – klingen für Anleger attraktiv. Die Kombination aus Tagesgeld, Festgeld, ETFs, Gold und Aktien in einer App ist modern und bequem. Aber wie immer gilt: Der Teufel steckt im Detail – und Anleger sollten sich nicht nur vom Design oder Werbetexten leiten lassen.

Redaktion:
Was sind die wichtigsten Vorteile für Anleger?

Kerstin Bontschev:
Liechtenstein ist wirtschaftlich stabil, politisch verlässlich und durch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) eng mit der EU verbunden. Die Landesbank LLB als Betreiberin von willbe ist eine etablierte Institution. Auch die Möglichkeit, in physisches Gold zu investieren, das in Liechtenstein lagert, bietet zusätzliche Diversifikation.

Redaktion:
Und wo lauern die Risiken?

Kerstin Bontschev:
Ein zentrales Risiko liegt in der Einlagensicherung: Diese greift nur bis 100.000 Schweizer Franken – und auch nur für einlagenbasierte Produkte wie Tages- oder Festgeld. ETFs, Aktien oder Goldkäufe unterliegen nicht dieser Absicherung. Zudem müssen Anleger beachten, dass sie ihr Geld nicht in Deutschland, sondern in Liechtenstein anlegen – ein anderes Rechts- und Steuerumfeld, das nicht jedem geläufig ist.

Redaktion:
Welche rechtlichen Besonderheiten ergeben sich daraus?

Kerstin Bontschev:
Anleger handeln rechtlich gesehen mit einem ausländischen Institut, auch wenn die App auf Deutsch und benutzerfreundlich ist. Das bedeutet: Im Streitfall gelten liechtensteinische Gesetze – und der Weg zur Durchsetzung eigener Rechte kann aufwändiger sein als bei einer deutschen Bank. Zudem sollten Nutzer genau prüfen, welche Gebühren bei Verkäufen, Wechselkursen oder Lagerkosten für Gold anfallen.

Redaktion:
Willbe spricht von „regelmäßigen Sparplänen“, ETF-Handel ohne Gebühren und physischem Gold. Was gilt es hierbei zu beachten?

Kerstin Bontschev:
ETF-Sparpläne ohne Handelsgebühren sind attraktiv – aber man sollte genau prüfen, welche ETFs angeboten werden, ob diese thesaurierend oder ausschüttend sind, und wie transparent die Kostenstruktur wirklich ist. Beim Goldkauf stellt sich die Frage: Gibt es ein Auslieferungsrecht? Welche Lagerkosten entstehen? Wird das Gold tatsächlich auf den Namen des Kunden gelagert?

Redaktion:
Was raten Sie interessierten Anlegern ganz konkret?

Kerstin Bontschev:
Zuerst: Nicht von hübschen Oberflächen blenden lassen. Zweitens: Anlageziele definieren – für Tagesgeld braucht man andere Maßstäbe als für Aktien. Drittens: Immer die Produktinformationen sorgfältig lesen, auch das Kleingedruckte. Wer sich unsicher ist, sollte rechtliche oder steuerliche Beratung in Anspruch nehmen, gerade bei Auslandsanlagen.

Redaktion:
Fazit?

Kerstin Bontschev:
Willbe ist ein interessanter Anbieter – aber kein Selbstläufer. Die Mischung aus verschiedenen Anlageformen, kombiniert mit einem stabilen Umfeld, kann sich lohnen. Aber Anleger sollten verstehen, was sie tun. Eine App ersetzt keine unabhängige Beratung – schon gar nicht bei internationalen Investments.

Redaktion:
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev!

Kurzfazit für Anleger:
Die App willbe bietet Zugang zu einer attraktiven Kombination aus Sicherheit und Flexibilität – aber nur, wenn man die Risiken kennt: begrenzte Einlagensicherung, ausländisches Recht, keine Absicherung für Wertpapiere oder Gold. Wer investiert, sollte vorher prüfen, was abgesichert ist – und was nicht.

 

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