Eine erschreckende Cybercrime-Welle breitet sich in den USA aus: Sextortion – eine Form von Erpressung, bei der Kriminelle Menschen dazu bringen, intime Bilder oder Videos zu verschicken, um sie anschließend mit der Veröffentlichung zu erpressen. Besonders betroffen sind junge Männer, insbesondere Teenager im Alter von 13 bis 17 Jahren.
Sextortion ist nicht nur finanziell belastend – sie kann auch gravierende psychische Folgen haben. In extremen Fällen führte sie bereits zu mindestens 30 Suiziden von Jugendlichen seit 2021, wie die neuesten FBI-Zahlen belegen.
Wie Sextortion funktioniert: Vom harmlosen Chat zur Erpressung
Die Masche beginnt oft mit einer harmlos wirkenden Nachricht auf Instagram, Snapchat oder Dating-Apps. Ein angeblich attraktives Mädchen nimmt Kontakt auf, das Gespräch wird schnell intimer, und irgendwann kommt die Aufforderung zum Austausch von Nacktbildern.
Doch die „Frau“ ist in Wahrheit ein international agierender Cyberkrimineller, oft mit Sitz in Nigeria oder den Philippinen. Sobald das Opfer kompromittierendes Material verschickt hat, beginnt die Erpressung:
- Die Täter fordern Geld, meist zwischen 500 und 1.000 US-Dollar.
- Sie drohen, die Bilder an Familie, Freunde oder Arbeitgeber zu senden.
- Sie setzen Opfer mit Countdowns und unzähligen Drohnachrichten unter Druck.
Ein Opfer aus Indiana berichtete USA TODAY, dass der Täter sein Facebook-Profil durchsuchte, eine Collage aus seinen Nacktbildern und persönlichen Informationen erstellte und dann eine Zahlung verlangte. Obwohl der junge Mann 300 Dollar zahlte, tauchten die Bilder später doch im Spam-Postfach einer Freundin auf.
„Ich fühlte mich, als wäre mein Herz in den Boden gesackt“, sagte er.
Warum ist Sextortion gerade jetzt so ein großes Problem?
Laut dem National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) hat sich Sextortion seit der Corona-Pandemie drastisch ausgeweitet. Jugendliche verbringen mehr Zeit online, Cyberkriminelle arbeiten zunehmend professionell und nutzen künstliche Intelligenz, um realistische Deepfake-Bilder zu erstellen – sogar von Menschen, die gar keine Nacktbilder verschickt haben.
Zwischen 2021 und 2023 stiegen die Meldungen über Sextortion um mehr als 300 %, die Zahlen für 2024 erreichten laut NCMEC einen neuen Höchststand.
Da viele Täter im Ausland sitzen, fällt die Strafverfolgung in den Zuständigkeitsbereich des FBI – doch die Erfolgschancen sind gering. Ein 17-jähriger Betroffener, dessen Erpresser aus Nigeria kam, sagte:
„Es ist frustrierend, weil ich kaum Möglichkeiten habe, ihn zur Rechenschaft zu ziehen.“
Psychische Folgen: Scham, Angst und Depressionen
Junge Männer sind besonders gefährdet, Opfer von Sextortion zu werden, aber auch besonders zögerlich, sich jemandem anzuvertrauen.
Laut Experten gibt es mehrere Gründe dafür:
- Jungs werden seltener über die Risiken von Online-Sexualstraftaten aufgeklärt.
- Sie neigen eher zu risikoreichem Verhalten in sexuellen und romantischen Situationen.
- Die Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung hält viele davon ab, Hilfe zu suchen.
Laut der Psychologin Katie Hurley reagieren Jugendliche besonders stark auf die Bedrohung, dass ihre Familie und Freunde die Bilder sehen könnten. Das Gefühl der Isolation und Schuld kann enorm sein.
Ein 17-jähriger Betroffener sagte:
„Das Schlimmste ist nicht einmal das Bild selbst, sondern das Wissen, dass jemand mich zerstören will.“
Ein anderer, der mit 13 Jahren Opfer wurde, brauchte fünf Jahre, um sich von der Angst und dem Trauma zu erholen.
Was kann man tun?
Experten raten Opfern, nicht zu zahlen, sondern sofort Hilfe zu suchen:
- Meldung bei der FBI-Cybercrime-Abteilung (tips.fbi.gov) oder der NCMEC-CyberTipline.
- Die Erpresser blockieren und alle Nachrichten sichern – Screenshots können helfen, Täter zu identifizieren.
- Das eigene Profil nicht löschen, sondern weiter beobachten, ob die Bilder wirklich veröffentlicht werden.
Sollten Bilder veröffentlicht worden sein, hilft der NCMEC-Service „Take It Down“, um sie von Plattformen entfernen zu lassen.
Eltern sollten offen mit ihren Kindern über Sextortion sprechen
Laut Sicherheitsexpertin Lauren Coffren sollten Eltern ihre Kinder über diese Bedrohung informieren, bevor sie passiert. Ein Verbot von Social Media sei keine realistische Lösung, da Sextortion mittlerweile überall lauert.
Ein ehemaliges Opfer, das sich seinen Eltern anvertraute, rät anderen Jugendlichen:
„Sextortion kann jedem passieren. Wenn es dir passiert, sag es jemandem – du wirst Unterstützung bekommen.“
Fazit: Ein wachsendes Problem mit gravierenden Folgen
Sextortion ist eine ernsthafte Bedrohung für junge Menschen weltweit. Die Kombination aus sozialer Isolation, Erpressung und Scham kann drastische psychische Folgen haben.
Doch es gibt Wege, sich zu schützen: Aufklärung, offene Gespräche und schnelles Handeln im Ernstfall. Nur so kann verhindert werden, dass noch mehr junge Menschen Opfer dieser perfiden Betrugsmasche werden.
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