Bei einer Messerattacke in einem Zug von Doncaster nach London King’s Cross sind am Freitagabend zehn Menschen verletzt worden, neun von ihnen lebensgefährlich. Der Vorfall ereignete sich gegen 19:40 Uhr, als der Zug in der Nähe von Huntingdon im englischen Cambridgeshire gestoppt wurde.
Laut Polizei wurden zwei Personen festgenommen. Der Bahnhof Huntingdon blieb über Stunden weiträumig abgesperrt, die Polizei sprach von einem „major incident“, einem „größeren Zwischenfall“. Auch die Anti-Terror-Einheit unterstützt die laufenden Ermittlungen, obwohl ein terroristisches Motiv bislang nicht bestätigt ist.
Der Angriff
Zeugen berichten von Panik und Chaos in den Waggons. Ein Passagier erzählte der BBC, er habe einen Mann gesehen, der mit blutverschmierter Hand durch den Zug rannte und rief: „Sie haben ein Messer – lauft!“ Kurz darauf sei ein weiterer Mann zusammengebrochen.
Ein anderer Augenzeuge, Olly Foster, berichtete von „reiner Panik“, als Passagiere schrien und versuchten zu fliehen. „Ich dachte erst, es sei ein Halloween-Scherz. Dann habe ich gesehen, dass meine Hand voller Blut war.“ Ein älterer Mann habe versucht, eine junge Frau zu schützen, und dabei selbst schwere Schnittverletzungen am Kopf und Hals erlitten. Passagiere hätten versucht, mit Jacken die Blutungen zu stillen.
Foster sagte, das Einzige, womit sich die Menschen in seinem Waggon hätten verteidigen können, sei eine Flasche Whiskey gewesen – „und wir haben gebetet, dass er nicht zu uns kommt“.
Reaktion der Behörden
Chief Superintendent Chris Casey von der britischen Transportpolizei nannte den Angriff ein „schockierendes Ereignis“ und bat die Öffentlichkeit um Geduld:
„Unsere Ermittlungen laufen noch, der Bahnhof bleibt gesperrt. Wir werden Zeit brauchen, bis wir die Hintergründe vollständig kennen.“
Premierminister Keir Starmer sprach von einem „entsetzlichen und zutiefst besorgniserregenden Vorfall“ und rief die Bevölkerung auf, den Anweisungen der Behörden zu folgen.
Auch Oppositionsführerin Kemi Badenoch zeigte sich bestürzt: „Dies ist ein absolut furchtbarer Angriff. Meine Gedanken sind bei den Opfern und den Einsatzkräften vor Ort.“
Hintergrund: Messergewalt in Großbritannien
Nach offiziellen Regierungszahlen nimmt Messerkriminalität in England und Wales seit Jahren stetig zu. Seit 2011 ist die Zahl der registrierten Messerverbrechen kontinuierlich gestiegen. Premier Starmer hatte das Phänomen kürzlich als „nationale Krise“ bezeichnet.
In den vergangenen zwölf Monaten wurden im Rahmen einer großangelegten Polizeiaktion über 60.000 Messer sichergestellt oder abgegeben. Das Mitführen eines Messers in der Öffentlichkeit kann mit bis zu vier Jahren Haft bestraft werden.
Der Angriff in Huntingdon folgt nur wenige Wochen auf eine Messerattacke in einer Synagoge in Manchester, bei der zwei Menschen getötet wurden.
Aktuelle Lage
Die Ermittlungen dauern an. Die Identitäten der Opfer und der festgenommenen Personen wurden bislang nicht bekannt gegeben.
Der Bahnverkehr rund um Huntingdon ist weiter stark eingeschränkt, Straßen in der Nähe des Bahnhofs bleiben gesperrt.
Passagiere, die im Zug saßen, wurden noch in der Nacht in bereitgestellte Busse nach London gebracht. Einsatzkräfte sprechen von einer „außergewöhnlich komplexen Situation“.
Fazit:
Ein weiterer Abend, an dem sich Großbritannien fragen muss, wie aus alltäglichen Zugfahrten lebensgefährliche Szenen werden konnten – und wie viele Warnsignale eine Gesellschaft noch braucht, bevor sie das Messerproblem wirklich ernst nimmt.
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