Startseite Allgemeines Frankreich gegen Shein: Fast Fashion trifft Fast Ärger
Allgemeines

Frankreich gegen Shein: Fast Fashion trifft Fast Ärger

SLPix (CC0), Pixabay
Teilen

Shein, der asiatische Fast-Fashion-Riese, der unsere Innenstädte mit Polyester flutet und unsere Zollbehörden auf Trab hält, hat sich in Frankreich einen ganz besonderen Platz auf der Liste der meistüberwachten Onlineplattformen Europas verdient. Paris hat nun endgültig genug – nicht von der Mode, sondern vom Sortiment, das sich plötzlich verdächtig nach Tatort-Requisite liest.

Sexpuppen, Waffen und Polyester – Shein goes Wild West

Letztes Wochenende fand die französische Wettbewerbsbehörde DGCCRF auf der Plattform Sexpuppen mit kindlichem Aussehen. Ein Albtraum in Click-to-Buy-Form. Und gerade als man dachte, tiefer geht’s nicht, kamen am Mittwoch die nächsten Glanzstücke ans Licht: Über Shein sollen Waffen verkauft worden sein. Nicht Cowboy-Zubehör aus Plastik – echte Waffen, für die man in Frankreich eigentlich eine Genehmigung braucht.

Frankreich reagierte mit gewohnt diplomatischer Zurückhaltung: Die Website soll gesperrt werden, wenn die beanstandeten Produkte nicht innerhalb von 48 Stunden verschwinden. Wer gedacht hat, Mode sei schnelllebig – hier gibt’s Deadlines, da wird selbst Amazon Prime nervös.

Kontrolle ist gut – 200.000 Pakete sind besser

Zur Sicherheit hat der französische Zoll am Donnerstag einfach mal 200.000 Shein-Pakete auf Pariser Flughäfen geöffnet. Warum? Na, um zu sehen, ob noch mehr „Überraschungen“ dabei sind. Spoiler: Waren sie. Laut Finanzministerin Amelie de Montchalin waren darunter nicht zugelassene Kosmetika, potenziell tödliches Kinderspielzeug, defekte Geräte und, natürlich, Fälschungen. Kurz gesagt: alles, was das Herz eines Discount-Dystopikers begehrt.

Brief an Brüssel: „Bitte einmal durchgreifen!“

Frankreichs neue Lieblingsbeschäftigung: EU alarmieren. Außenminister Barrot und Co. baten die Europäische Kommission in einem freundlichen Brief, doch bitte nicht länger zuzusehen, wie Shein in Europa den digitalen Ramschmarkt übernimmt. Frankreich selbst hat ja bereits 2022 genau gegen so was Regeln erlassen – wäre doch schön, wenn jemand auch mal… äh… nachschauen würde, ob sie eingehalten werden.

EU-Kommission: „Kennen wir schon, machen wir vielleicht was.“

Aus Brüssel kam dann auch eine erste Reaktion: „Diese Bedenken sind nicht neu.“ Übersetzt: Wir haben die Akte schon, irgendwo zwischen Meta, TikTok und Google. Immerhin hat man Shein schon im April 2024 als „sehr große Onlineplattform“ eingestuft – also genau das, was klingt wie ein digitales Massenlager. Seit Februar 2025 läuft eine Untersuchung. Tempo: EU-üblich.

Barrot: Die Shein-ifizierung der Städte ist der Untergang

Frankreichs Außenminister Jean-Noel Barrot ließ keinen Zweifel daran, dass Plattformen wie Shein nicht nur Polyester, sondern auch die Demokratie unterwandern. Seine These: Wenn wir weiter zusehen, wie milliardenschwere Plattformen aus China und den USA unsere Einkaufsstraßen aushöhlen, werden unsere Städte sterben. Dramatisch, aber immerhin bildreich. Und womöglich nicht ganz falsch.

Denn tatsächlich eröffnete Shein am Mittwoch seinen ersten dauerhaften Laden in Paris – und zwar nicht irgendwo, sondern im traditionsreichen Kaufhaus BHV. Während drinnen der Polyester-Boom tobte, protestierten draußen Aktivist:innen – gegen Umweltverbrechen, schlechte Arbeitsbedingungen und natürlich gegen Sexpuppen mit pädophilem Beigeschmack. Ein normaler Mittwoch in der Modewelt von 2025.

Shein: „Wir wollen reden.“

Shein reagierte auf den französischen Zorn mit einem klassischen PR-Feuerlöscher: einem offenen Brief. Vorstandschef Donald Tang betonte das „unerschütterliche Engagement“, sich an alle französischen Gesetze zu halten – was bislang wohl eher als kreative Auslegung verstanden wurde.

Man wolle Drittanbieter pausieren, Nicht-Bekleidung aus dem Shop entfernen (also etwa 40 % des aktuellen Chaos’) und mit der Regierung „eng zusammenarbeiten“. Klingt nett – aber vielleicht hätte man mit Produktsichtung beginnen sollen, bevor der französische Zoll die Show übernimmt.

Fazit:

Shein hat sich offenbar für das falsche Land ausgesucht, um fragwürdige Puppen, Waffen und Elektroschrott zu versenden. Frankreich fährt schweres Geschütz auf – Zollbeamte, Briefe nach Brüssel, 48-Stunden-Fristen und mediale Ohrfeigen. Ob Europa wirklich den „digitalen Dschungel“ zähmen kann, bleibt offen. Aber zumindest gilt: Wer gegen Kinderschutz, Zollrecht und Markenrecht gleichzeitig verstößt, hat bei der Grande Nation ausgeshoppt.

 

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

Und das Unternehmen berät Kunden zum Thema Investment: Unglaublich, wenn die eigene Bilanz so aussieht

📊 Management-Zusammenfassung: Jahresabschluss 2023 alpha assay GmbH & Co. KG, Bochum Bilanzstichtag:...

Allgemeines

F1 NEU

Mit Lando Norris als neuem Weltmeister 2025 beginnt eine neue Ära in...

Allgemeines

Die übersehenen Berufstätigen des 19. Jahrhunderts: Familie, Gesellschaft und Wirtschaft

Im 19. Jahrhundert hatten Frauen theoretisch ähnliche Rechte wie Männer im Wirtschaftsleben,...

Allgemeines

Milliarden aus Opioid-Vergleichen – doch viele Bedürftige sehen nichts davon

In den kommenden zwanzig Jahren sollen über 50 Milliarden US-Dollar aus nationalen...