Förderbekanntmachung des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss zur themenspezifischen Förderung von neuen Versorgungsformen gemäß § 92a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (zweistufiges Verfahren)

Bundesministerium für Gesundheit

Förderbekanntmachung
des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss
zur themenspezifischen Förderung von neuen Versorgungsformen
gemäß § 92a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
zur Weiterentwicklung der Versorgung
in der gesetzlichen Krankenversicherung (zweistufiges Verfahren)

Vom 3. März 2022

1 Förderzweck, Rechtsgrundlage

1.1 Förderzweck

Die Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung muss kontinuierlich weiterentwickelt werden, um für alle Patientinnen und Patienten eine flächendeckende und gut erreichbare, bedarfsgerechte medizinische Ver­sorgung auf hohem Niveau sicherzustellen. Besondere Herausforderungen hierbei sind u. a. die demografische ­Entwicklung, namentlich die Zunahme älterer und hochbetagter Patientinnen und Patienten mit chronischen und Mehrfacherkrankungen sowie Einschränkungen und Pflegebedürftigkeit. Weitere Herausforderungen liegen in der Umsetzung neuer Möglichkeiten der Behandlung im Versorgungsalltag und darin, eine sektorenübergreifende Versorgung einschließlich geeigneter Schnittstellen zu Prävention, Rehabilitation und Pflege zu ermöglichen. Zudem sind unterschiedliche Versorgungssituationen in Ballungsräumen, strukturschwachen Regionen und ländlichen Regionen zu berücksichtigen. Um die hierfür notwendigen Innovationen für die Versorgung zu entwickeln und zu erproben, hat der Gesetzgeber den Innovationsfonds geschaffen. Mit dem Innovationsfonds sollen sowohl neue Versorgungsformen als auch Versorgungsforschung gefördert werden.

Neue Versorgungsformen im Sinne des Innovationsfonds sind Versorgungsformen, die über die bisherige Regel­versorgung hinausgehen. Ziel dieses Förderangebotes ist es, neue Versorgungsformen zu fördern, die insbesondere eine Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben. Dies können Modelle sein, die eine Überwindung der Sektorentrennung bezwecken. Es kann sich aber auch um Modelle handeln, die innersektorale Schnittstellen optimieren wollen. Voraussetzung für eine Förderung ist ein tragfähiges Evaluationskonzept. Die Evaluation der geförderten neuen Versorgungsform soll Erkenntnisse liefern, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in seine Richtlinien zur Gestaltung der Versorgung übernommen werden können oder dem Gesetzgeber als Grundlage für strukturelle Veränderungen des gesetzlichen Rahmens oder weiteren Akteuren des Gesundheitswesens zur Weiterentwicklung der Versorgung in der GKV dienen können.

In dieser Förderwelle veröffentlicht der Innovationsausschuss zwei Förderbekanntmachungen. Die Förderung im ­Rahmen dieser Förderbekanntmachung ist themenspezifisch (siehe Nummer 2). Parallel wurde eine themenoffene Förderbekanntmachung (https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​downloads/​media/​273/​2022-03-03_​Foerderbekanntmachung_​NVF_​themenoffen_​2022.pdf) veröffentlicht.

Das Antrags- und Förderverfahren ist zweistufig angelegt. Zunächst sind Ideenskizzen einzureichen, die die wesentlichen Inhalte des geplanten Projekts vorstellen. Der Innovationsausschuss entscheidet, welche Ideenskizzen zur ­Ausarbeitung eines qualifizierten Antrags (Vollantrags) gefördert werden (Konzeptentwicklungsphase). In dieser Konzeptentwicklungsphase werden die Vollanträge innerhalb von sechs Monaten ausgearbeitet und zur Bewertung beim Innovationsausschuss eingereicht. Der Innovationsausschuss entscheidet anschließend, welche Vollanträge in der Durchführung einer neuen Versorgungsform gefördert werden (Durchführungsphase).

Die Ideenskizze und der Vollantrag unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Detaillierung und den Umfang der Ausführungen (vgl. Nummer 8).

Die Einreichung eines Vollantrags setzt die erfolgreiche Beteiligung an der Konzeptentwicklungsphase voraus. Die direkte Stellung eines Vollantrags („Quereinstieg“) ist nicht möglich. Weitere Einzelheiten zu Art, Umfang und Höhe der Förderung sowie zum zweistufigen Verfahren sind in den Nummern 6 und 8 dieser Förderbekanntmachung geregelt.

Ziel des zweistufigen Verfahrens ist es, in der Konzeptentwicklungsphase die bestmöglichen Voraussetzungen für die Umsetzung des dargestellten Projekts und der begleitenden Evaluation zu schaffen, sowohl hinsichtlich der Durchführung des Projekts, der Erreichung der Projektziele als insbesondere auch eines möglichen späteren Transfers der Projektergebnisse in die Versorgung. Nach Auswahl der vielversprechendsten Ideenskizzen durch den Innovationsausschuss soll die Förderung der Konzeptentwicklung eine sorgfältige Vorbereitung der in der Durchführungsphase zu fördernden Projekte ermöglichen. Neben der fachlichen Ausarbeitung des Vollantrags beinhaltet dies insbesondere die verbindliche Gewinnung der erforderlichen Konsortial- und Kooperationspartner, die Etablierung einer Koopera­tionsstrategie mit Festlegung von Zielen und Aufgaben, die Ausarbeitung eines detaillierten Arbeits- und Finanzierungsplans und eines belastbaren Evaluationskonzepts einschließlich einer realistischen Fallzahlplanung sowie eines Rekrutierungskonzepts. Des Weiteren dient die Förderung der Konzeptentwicklung der Vorbereitung der vertraglichen Grundlagen für die Durchführung des Projekts (siehe Nummer 5.1) sowie der Vorbereitung von Implementierungsstrukturen und -prozessen für das Projekt.

1.2 Rechtsgrundlage

Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss gewährt Mittel zur Förderung von neuen Versorgungsformen auf der Grundlage der §§ 92a und 92b SGB V. Die Förderung erfolgt unter Berücksichtigung der weiteren Vorschriften des SGB V, der Vorschriften zum Verwaltungsverfahrensrecht des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der Geschäfts- und Verfahrensordnung des Innovationsausschusses (siehe unter https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​innovationsausschuss) sowie in entsprechender Anwendung der Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHV), insbesondere § 17 SVHV. Zudem gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 SGB V.

Die Förderung nach dieser Förderbekanntmachung erfolgt unter Beachtung des Beschlusses der EU-Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) betraut sind (2012/​21/​EU, ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3).

Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Förderung besteht nicht. Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen und im Rahmen der jährlich verfügbaren Fördermittel.

2 Gegenstand der Förderung

Gefördert werden neue Versorgungsformen, die insbesondere eine Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und hinreichendes Potenzial aufweisen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden. Unter Versorgungsform ist die strukturierte und verbindliche Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen und/​oder Einrichtungen in der ärztlichen und nicht-ärztlichen Versorgung zu verstehen. Dazu zählen insbesondere auch sektorenübergreifende Versorgungsmodelle. Projekte, die auf eine dauerhafte Weiterentwicklung der selektivvertraglichen Versorgung abzielen, können ebenfalls gefördert werden. Insgesamt soll mit den Projekten eine strukturelle und prozessuale Weiterentwicklung des Gesundheitssystems verbunden sein.

Besondere Projektstrukturen und -elemente können bei der geplanten neuen Versorgungsform vorgesehen werden. Hierzu zählen u. a. Elemente der Digitalisierung oder Patient-Empowerment-Strukturen. Kooperationen mit Trägern und Institutionen außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung sind möglich, sofern sich diese entsprechend ihrer Zuständigkeit finanziell am Projekt beteiligen. Es wird eine angemessene Berücksichtigung von geschlechts- und altersgruppenspezifischen Aspekten ebenso erwartet wie die angemessene Einbindung von Fragestellungen zur Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund sowie sozial benachteiligter Gruppen.

Für die Weiterentwicklung der Versorgung durch die geplante neue Versorgungsform nimmt die Einbindung der Perspektive der Patientinnen und Patienten einen wichtigen Stellenwert ein. So sollte geprüft werden, ob Patientinnen und Patienten, ihre Angehörigen oder Vertretungen der vorgenannten Gruppen aus der gesundheitlichen Selbsthilfe in die Entwicklung und Durchführung der Projekte aktiv einbezogen werden können. Sofern eine solche Einbeziehung vorgesehen ist, soll dargestellt werden, in welchem Umfang und mittels welcher Instrumente dies ausgestaltet wird. Eine erfolgte Umsetzung der Beteiligung der Patientinnen und Patienten ist in den Abschlussberichten auszuführen (z. B. Selbsthilfeorganisationen als Konsortial- oder Kooperationspartner, Projektbeirat aus Betroffenen und gegebenenfalls Angehörigen, Einbezug Betroffener und gegebenenfalls Angehöriger bei der Entwicklung und Bewertung von Forschungsinstrumenten und Versorgungskonzepten).

Bitte beachten Sie die besonderen Hinweise zur Nutzung von E-Health-Lösungen/​Telemedizin in Nummer 5.4 in dieser Förderbekanntmachung sowie im Leitfaden für die Erstellung von Anträgen zu dieser Förderbekanntmachung.

Im Rahmen der vorliegenden Förderbekanntmachung werden neue Versorgungsformen gefördert, die die nachfolgenden Themenfelder adressieren.

2.1 Themenspezifische Förderung

Im Rahmen der vorliegenden Förderbekanntmachung werden neue Versorgungsformen gefördert, die sich einem der nachfolgenden Themenfelder zuordnen lassen.

Themenfeld 1: Interdisziplinäre Versorgungsangebote und geeignete Angebote im Bereich der Sekundär- und Tertiärprävention für Patientinnen und Patienten mit komplexem Versorgungsbedarf

Menschen mit schweren und chronischen Erkrankungen oder komplexen Behinderungen brauchen eine interdisziplinäre und nachhaltige Versorgung und individuell geeignete Angebote der Sekundär- und Tertiärprävention. Speziell chronisch kranke Kinder und Jugendliche benötigen in diesem Bereich sowie in der medizinischen Versorgung eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Zur Verbesserung der Versorgung für Patientinnen und Patienten mit komplexem Versorgungsbedarf werden neue Versorgungsformen insbesondere in folgenden Bereichen gefördert:

Besondere Versorgungssituationen von Menschen mit schweren und chronischen Erkrankungen oder mit komplexen Behinderungen und/​oder kognitiven Einschränkungen
Bei Menschen mit schweren und chronischen Erkrankungen oder mit komplexen Behinderungen und/​oder kognitiven Einschränkungen treffen oftmals zahlreiche Diagnosen zusammen, deren Auswirkungen jedoch nur selten im Kontext betrachtet werden. Dabei ist nicht nur eine Behandlung der Grunderkrankung, sondern auch die Berücksichtigung mittel- und langfristiger Krankheitsfolgen und komplexer psychosozialer Problemlagen erforderlich. Möglichkeiten der Sekundär- und Tertiärprävention, Früherkennung und Unterstützung sollten bei diesen Patientinnen und Patienten daher regelhaft in die Versorgung eingebunden werden.
In diesem Themenfeld sollen daher neue Versorgungsformen gefördert werden, die für die oben genannten Patientinnen- und Patientengruppen eine indikationsbezogene interdisziplinäre und sektorenübergreifende Versorgung mit Fokus auf daraus abgeleiteten Präventions- und Therapieplänen zur Unterstützung der jeweiligen Versorgungssituation und Lebenslage erproben.
Stärkung der Sekundär- und Tertiärprävention sowie der medizinischen Versorgung für chronisch kranke Kinder und Jugendliche
Zahlreiche Angebote der Gesundheitsförderung und Primärprävention ergänzen und unterstützen eine altersgerechte Entwicklung gesunder Kinder und Jugendlicher. Eine entsprechende Versorgung für chronisch kranke Kinder und Jugendliche (z. B. mit Herzerkrankung, Krebs, Rheuma, Asthma, usw.) ist für die gesundheitliche Entwicklung der Betroffenen von besonderer Wichtigkeit, jedoch in der Versorgungspraxis häufig defizitär.
In diesem Themenfeld können daher Projekte gefördert werden, die neue Versorgungsformen speziell für chronisch kranke Kinder und Jugendliche im Bereich der Sekundär- und Tertiärprävention sowie der medizinischen Versorgung entwickeln. Eine Optimierung der interdisziplinären Zusammenarbeit ist dabei von zentraler Bedeutung und kann über die Vernetzung einzelner Versorgungsbereiche (z. B. stationäre, teilstationäre und ambulante Versorgung) und Fachbereiche (z. B. Kinder- und Jugendmedizin) erfolgen. Dabei sollte ein besonderer Fokus auf die beteiligten unterschiedlichen Berufsgruppen (u. a. medizinisches, therapeutisches und pädagogisches Fachpersonal, Sport- und Gesundheitswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Trainerinnen und Trainer etc.) bei der Versorgung chronisch kranker Kinder und Jugendlicher gelegt werden. Zudem sind alters- und geschlechtsspezifische Aspekte sowie Aspekte der angemessenen Partizipation der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen.

Neue Versorgungsformen in diesem Themenfeld sollten gegebenenfalls bereits bestehende spezialisierte Angebote der Regelversorgung insbesondere in Form von Sozialpädiatrischen Zentren und Medizinischen Behandlungszentren sinnvoll ergänzen.

In diesem Themenfeld im Bereich der neuen Versorgungsformen können auch sozialleistungsträgerübergreifende Projekte gefördert werden. In diesen Fall sind Kostenträger außerhalb des SGB V entsprechend ihrer Beteiligung einzubinden. Bitte beachten Sie die Hinweise zu sozialleistungsträgerübergreifenden Projekten in Nummer 2.2.

Themenfeld 2: Neue Versorgungsformen zur Entlastung von Pflegefachkräften

Sowohl in der Krankenhauspflege als auch in der medizinischen Behandlungspflege und häuslichen Krankenpflege besteht ein Mangel an qualifizierten Fachkräften, der kurzfristig weder durch verstärkte Ausbildung noch durch ­Anwerbung ausländischer Fachkräfte behoben werden kann. Umso wichtiger ist es, das vorhandene Personal zu entlasten und so mehr Raum für pflegerische Tätigkeiten zu schaffen, beispielsweise durch Unterstützungslösungen oder Delegation von Tätigkeiten.

In diesem Themenfeld können neue Versorgungsformen gefördert werden, die digitale Assistenzsysteme (z. B. Robotik, Sprachassistenten, digitale Sprechstundenangebote) zur Erledigung von Organisationsaufgaben erproben, um damit eine Entlastung von Pflegefachkräften zu erreichen. Es sind aber auch neue Versorgungsformen möglich, mit denen eine Entlastung des Dokumentationsaufwands in Krankenhäusern erreicht werden soll (z. B. Digitalisierung und Beschleunigung von Dokumentationsprozessen, Optimierung rechtlich vorgeschriebener oder freiwilliger Dokumentation). Ebenfalls förderfähig sind neue Versorgungsformen, die durch eine Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit oder Ansätze der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention auf eine Entlastung der Pflegefachkräfte abzielen.

Bitte beachten Sie die besonderen Ausschlussgründe für Produktinnovationen und Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte bei digitalen Gesundheitsanwendungen in Nummer 2.3.

Themenfeld 3: Einbindung von digitalen Technologien im Versorgungsalltag

Digitale Technologien wie telemedizinische Leistungen, Videosprechstunden, Telekonsile (Anlagen 31, 31a, 31b des Bundesmantelvertrags) und digitale Gesundheitsanwendungen im Sinne der §§ 33a, 139e SGB V sind inzwischen Bestandteil der Regelversorgung. Sie können von medizinischem und pflegerischem Personal sowie von Patientinnen und Patienten genutzt werden. Es ist jedoch noch wenig bekannt, welche Nutzungsbarrieren seitens der Versicherten und der Leistungserbringer bestehen und welche Anforderungen an eine optimale Einbindung dieser Technologien in die bestehenden Versorgungsprozesse im Praxisalltag erfüllt sein müssen. Bestehende Anwendungskonzepte und schon vorliegende Erfahrungen sind hierzu bisher nur vereinzelt vorhanden.

In diesem Themenfeld können deshalb neue Versorgungsformen gefördert werden, deren Ziel es ist, neue Ansätze zur besseren Nutzung und Integration digitaler Technologien in der Regelversorgung zu entwickeln. Dabei soll sowohl die Wahrnehmung und Akzeptanz der geförderten Versorgungsansätze (einschließlich der Barrieren und Förderfaktoren sowie der Effektivität der Nutzung), aus der Perspektive der Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten und Pflegenden systematisch und kontinuierlich erhoben werden. Dabei kann die Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz ebenfalls einbezogen werden. Im Ergebnis der geförderten Projekte soll es möglich werden, die für den optimalen Einsatz von digitalen Technologien im Versorgungsalltag erforderlichen Szenarien und Prozesse zu identifizieren und Rückschlüsse etwa für die Weiterentwicklung der digitalen Versorgungsangebote zu ziehen.

Zur Vermeidung von Parallelstrukturen ist die Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI) und von TI-Anwendungen die Grundlage für förderfähige neue Versorgungsformen. Dies betrifft insbesondere die elektronische Patientenakte (ePA) nach § 341 SGB V oder die Nutzung der sicheren Übermittlungsverfahren nach § 311 Absatz 6 SGB V für den ­Austausch medizinischer oder pflegebezogener Daten. Zur Gewährleistung des Datenaustauschs über Anwendungsgrenzen hinweg ist es relevant und notwendig, einheitliche Formate und Kodierungen zu verwenden. Deshalb ist der Austausch der Daten sowohl semantisch als auch syntaktisch interoperabel zu gestalten. Bitte beachten Sie hierzu auch den Hinweis in Nummer 5.4 der Förderbekanntmachung.

Beachten Sie bitte zudem den besonderen Ausschlussgrund für Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte bei digitalen Gesundheitsanwendungen in Nummer 2.3.

Themenfeld 4: Digitalisierung in der Heilmittelerbringung

Die Heilmittelerbringung (Maßnahmen der Physiotherapie, der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie, der Podologie, der Ergotherapie und der Ernährungstherapie) spielt in der Versorgung von Patientinnen und Patienten in vielen Krankheitsbereichen eine bedeutsame Rolle.

Auch im Heilmittelbereich bietet die Digitalisierung Potenziale zur Verbesserung der Patientenversorgung, die noch besser erschlossen werden können. Das betrifft nicht nur digitale Ansätze zur Unterstützung der Heilmittelerbringung, sondern insbesondere auch die Vernetzung und Kommunikation mit anderen Leistungserbringern des Gesundheitswesens.

Schwerpunkt der neuen Versorgungsform könnten damit digital unterstützte Prozesse der Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärztinnen und -ärzten bzw. anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens (z. B. Krankenhäuser, Rehakliniken, Pflegeheime) und den Leistungserbringern von Heilmitteln (Kommunikations- und Dokumentationsstrukturen) sein, um bereits angestoßene Digitalisierungsmaßnahmen zu erweitern, zu verbinden und für die Verbesserung der Patientenversorgung nutzbar zu machen. Dabei können auch Versorgungskonzepte gefördert werden, die digitale Ansätze und Versorgungsangebote in die Therapie der Patientinnen und Patienten einbinden (z. B. Videosprechstunden, Telekonsile, Apps und Internetlösungen zur Therapieunterstützung).

Die Entwicklung von Produktinnovationen sowie Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte für digitale ­Gesundheitsanwendungen (DiGAs) sind dabei nicht förderfähig. Bitte beachten Sie die besonderen Ausschlussgründe für Produktinnovationen und Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte bei digitalen Gesundheitsanwendungen in Nummer 2.3. Ansätze, die sich isoliert, also ohne Einbindung in sektorenübergreifende Versorgungsprozesse, mit der Videobehandlung in der Heilmittelerbringung auseinandersetzen, sind ebenfalls nicht förderfähig, weil diese bereits als Therapieoption in der Regelversorgung vorgesehen ist (§ 125 Absatz 2a SGB V).

Bei der Umsetzung sind dabei Anwendungen und Dienste der Telematikinfrastruktur zu verwenden, soweit diese zur Verfügung stehen. Zur Gewährleistung des Datenaustauschs über Anwendungsgrenzen hinweg ist es relevant und notwendig, einheitliche Formate und Kodierungen zu verwenden. Deshalb ist der Austausch der Daten sowohl ­semantisch als auch syntaktisch interoperabel zu gestalten. Bitte beachten Sie hierzu auch den Hinweis in Nummer 5.4.

Themenfeld 5: Sozialraumbezogene Versorgungsmodelle unter Einbeziehung der kommunalen gesundheitsbezogenen Daseinsvorsorge

Eine ausbleibende oder nicht zielführende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen beispielsweise infolge sprachlicher Hürden, hoher Abhängigkeit von Sozialleistungen oder einem niedrigen Bildungsgrad führt bei den davon Betroffenen teilweise zu einer medizinischen Unter- und Fehlversorgung.

Um diese Ursachen zu beheben, sind Leistungen über das SGB V hinaus erforderlich. Dazu gehören z. B. kommunale Gesundheitsleistungen (z. B. Suchtberatung, Frühe Hilfen, etc.), die auf die medizinischen Leistungen abgestimmt werden müssen. Gerade auf lokaler Ebene der Sozialräume bestehen Kenntnisse über den spezifischen Versorgungsbedarf und entsprechende kommunale Angebote, die in Versorgungsnetze eingebunden werden können.

In diesem Themenfeld können neue Versorgungsformen gefördert werden, mit denen die Zugänge und die Effizienz der gesundheitlichen Versorgung in Regionen mit sozialen Brennpunkten verbessert werden.

Möglich sind beispielsweise

Neue Versorgungsformen mit dem Schwerpunkt auf Prävention und Steigerung der Gesundheitskompetenz bei Menschen mit niedrigem Bildungsniveau und Sprachbarrieren,
Neue Versorgungsformen zur Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung, insbesondere für vulnerable Gruppen,
Patientenorientierte Zentren zur Primär- und Langzeitversorgung,
Spezifische Angebote innerhalb von Arzt- oder Praxisnetzen,
Multiprofessionelle, kooperative Versorgungsmodelle,
Einbindung spezifischer Public-Health-Modelle in die Versorgung sowie
Neue Versorgungsformen unter Einbindung mehrerer Sozialleistungsträger oder Träger der Daseinsvorsorge.

Kostenträger außerhalb des SGB V sind entsprechend ihrer Beteiligung einzubinden. Da der Innovationsfonds ausschließlich aus Mitteln der GKV finanziert wird, können sozialleistungsträgerübergreifende Projekte nur dann gefördert werden, wenn sich die jeweiligen Träger außerhalb der GKV entsprechend ihrer Zuständigkeiten an der Finanzierung der Projekte beteiligen. Dies gilt insbesondere für originäre Leistungen der jeweiligen Sozialversicherungszweige oder Unterstützungssysteme sowie kommunale Angebote und Gesundheitsleistungen. Entsprechende Absichtserklärungen für Finanzierungsbeteiligungen sind der Ideenskizze beizufügen. Eine entsprechende Beteiligung oder Kooperationszusage der Kommune ist der Ideenskizze beizufügen. Bitte beachten Sie die Hinweise zu sozialleistungsträgerübergreifenden Projekten in Nummer 2.2. Die Hinweise gelten für Kommunen entsprechend.

Themenfeld 6: Stärkung der hausärztlichen Versorgung

Die Rolle der hausärztlichen Versorgung hat im deutschen Gesundheitswesen eine besondere Bedeutung, da sie trotz eines breit vorhandenen ambulanten fachärztlichen Angebots dennoch die primäre Anlaufstelle eines Großteils der Bevölkerung darstellt. Die Breite der medizinischen Angebote in der hausärztlichen Versorgung ist dabei in den vergangenen Jahren neben einer deutlichen Ausdifferenzierung des medizinischen Angebots insgesamt gewachsen. Es werden dabei zunehmend neue Anforderungen an die Ärztinnen und Ärzte gestellt, was sich nicht allein in der Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin widerspiegelt. Vor allem auch die wachsende Anzahl multimorbider Patientinnen und Patienten, bedingt durch den sich vollziehenden demografischen Wandel und einen weiteren Anstieg erworbener „Volkskrankheiten“ wie Diabetes oder Adipositas, erfordert bei gleichzeitig stattfindender Abnahme der Anzahl tätiger Ärztinnen und Ärzte in bestimmten Bereichen mittlerweile eine Neuausrichtung und Weiterentwicklung der bisherigen Versorgungsstrukturen im hausärztlichen Bereich.

Es sollen daher in diesem Themenfeld vor allem Projekte gefördert werden, die auf der Grundlage von Ergebnissen der Versorgungsforschung die Ausgestaltung von Modellen zur Verbesserung der Versorgungsangebote dieser primären Versorgungsebene ermöglichen.

Hierbei können sehr unterschiedliche Modelle einer Neuausrichtung untersucht werden, die sowohl Möglichkeiten der interprofessionellen Zusammenarbeit als auch der strukturellen Anpassung des Versorgungsangebots in den Blick nehmen. Auch die Erprobung von sektorenübergreifenden Versorgungsmodellen und die Weiterentwicklung bereits in der Versorgung etablierter Lösungsmöglichkeiten könnte Thema eines geförderten Projekts werden.

Themenfeld 7: Versorgungsmodelle für Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche sind in besonderem Maße von der SARS-CoV-2-Pandemie betroffen. Die Einschränkungen bringen einen erheblichen Rückgang sozialer Kontakte mit sich, insbesondere zu gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen. Herausforderungen im Familiensystem (z. B. Stress, Trauer, Gewalt) und Bewegungsmangel können weitere Belastungen sein. Dies kann Folgen für die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben. Psychische Belastungen und körperliche Beschwerden wie Ängste, Schlafstörungen, Übergewicht oder Koordina­tionsschwierigkeiten treten vermehrt auf. Die beschriebenen Belastungen und Beschwerden sind zudem nicht neu, sondern treten durch die extremen Bedingungen vor dem Hintergrund der Pandemie besonders deutlich hervor. Davon sind insbesondere Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien betroffen.

In diesem Themenfeld sollen neue Versorgungsformen gefördert werden, die Modelle zur Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen implementieren und erproben, welche sich an den in der Pandemie gestiegenen Bedarfen orientieren. Dabei sollen vor allem häufig auftretende Belastungen adressiert werden. Des Weiteren sollen Projekte gefördert werden, die SGB-übergreifend verschiedene Leistungsträger einbeziehen und Ansätze entwickeln, mit ­denen vulnerable Gruppen wie Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien oder mit Vorerkrankungen niedrigschwellig erreicht werden können.

Beispielhaft könnten in einem gestuften Versorgungsmodell, in dem unterschiedliche Leistungsbereiche vernetzt sind, präventive Ansätze mit einer bedarfsgerechten Überleitung in die Gesundheitsversorgung für diejenigen Kinder und Jugendliche kombiniert werden, die bereits eine manifeste Erkrankung aufweisen.

2.2 Sozialleistungsträgerübergreifende Projekte

Da der Innovationsfonds ausschließlich aus Mitteln der GKV finanziert wird, können sozialleistungsträgerübergreifende Projekte nur dann gefördert werden, wenn sich die jeweiligen Träger außerhalb der GKV entsprechend ihren Zuständigkeiten an der Finanzierung der Projekte beteiligen. Dies gilt insbesondere für originäre Leistungen der jeweiligen Sozialversicherungszweige oder Unterstützungssysteme. Entsprechende Absichtserklärungen für Finanzierungszusagen sind der Ideenskizze beizufügen.

2.3 Von der Förderung ausgenommen

Nicht gefördert werden insbesondere:

Neue Versorgungsformen, die den Gegenstand der Förderung (insbesondere die genannten Themenfelder) nicht erfüllen;
Neue Versorgungsformen der themenoffenen Förderbekanntmachung vom 3. März 2022. Anträge hierzu sind hier
https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​foerderbekanntmachungen/​foerderbekanntmachung-neue-versorgungsformen-zum-themenoffenen-bereich.39 einzureichen;
Projekte, die sich auf die Förderbekanntmachungen vom 17. März 2021 beworben hatten und eine Förderung für die Konzeptentwicklungsphase erhalten;
Forschung und Entwicklung zu Produktinnovationen;
Studien im Kontext eines Konformitätsbewertungsverfahrens für Medizinprodukte bzw. einer Leistungsbewertungsprüfung für In-vitro-Diagnostika;
klinische Studien zum Wirksamkeitsnachweis und Nutzennachweis von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Behandlungen und operativen Verfahren;
Studien zur frühen Nutzenbewertung gemäß dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz;
Studien zur Erprobung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nach § 137e SGB V;
Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte bei digitalen Gesundheitsanwendungen im Sinne von § 139e Absatz 2 Satz 2 SGB V;
Projekte, die sich bereits in der Umsetzungsphase befinden;
Projekte, die zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits aus öffentlichen Mitteln gefördert werden.

Ebenfalls nicht gefördert werden Projekte, deren konzeptioneller Ansatz bereits Gegenstand von anderen durch den Innovationsausschuss geförderten Projekten ist. Eine Übersicht über die geförderten Projekte ist auf der Internetseite des Innovationsausschusses veröffentlicht: https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​projekte/​

Die oben genannten inhaltlichen Ausschlüsse von der Förderung gelten sowohl für die Konzeptentwicklungs- als auch für die Durchführungsphase.

Bestehende Regelungskompetenzen zur Einführung von Leistungen in die Regelversorgung und gesetzliche Kostentragungsregelungen, insbesondere für Produktinnovationen, bleiben unberührt. Beachten Sie bezüglich Produktinnovationen bitte zudem den besonderen Hinweis im Leitfaden zu dieser Förderbekanntmachung.

3 Förderempfänger

Antragsberechtigt sind alle rechtsfähigen und unbeschränkt geschäftsfähigen Personen und Personengesellschaften.

Bei der Antragstellung ist in der Regel eine Krankenkasse zu beteiligen. Dies ist bereits bei der Einreichung der Ideenskizze durch eine Absichtserklärung der Krankenkasse(n) nachzuweisen. Die Beteiligung einer Krankenkasse nach § 92a Absatz 1 Satz 6 SGB V wird durch Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters der beteiligten Krankenkasse oder eines Krankenkassenverbandes und der Darlegung der Funktion bzw. Aufgabe der Krankenkasse im Projekt dokumentiert. Ist die Beteiligung einer Krankenkasse nicht vorgesehen, ist dies zu begründen und insbesondere ­darzulegen, wie im Erfolgsfall die Überführung in die Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung und die erforderliche Evaluation gleichwohl sichergestellt werden können.

4 Förderkriterien

Die beantragte neue Versorgungsform muss zur Weiterentwicklung der Versorgung beitragen und hinreichendes Potenzial aufweisen, dauerhaft in die Versorgung von gesetzlich Versicherten aufgenommen zu werden. Dies erfordert beim Vollantrag zwingend ein wissenschaftlich fundiertes Evaluationskonzept.

Der Beitrag der neuen Versorgungsform zur Weiterentwicklung der Versorgung muss im Hinblick auf die nachfolgend genannten Förderkriterien sowohl in der Ideenskizze als auch im Vollantrag plausibel und nachvollziehbar dargelegt werden. Die in der Ideenskizze oder im Vollantrag erforderlichen Angaben zu den einzelnen Förderkriterien ergeben sich aus den jeweiligen Leitfäden für die Erstellung von Ideenskizzen oder Vollanträgen.

Bei den Ideenskizzen liegt der Schwerpunkt der Bewertung auf den Förderkriterien in den Nummern 4.1 bis 4.4. In der Ideenskizze muss dargestellt werden, warum und inwiefern von einer Verbesserung der Versorgung ausgegangen werden kann und inwiefern ein hohes Umsetzungspotenzial sowie eine hohe Übertragbarkeit gegeben sind. Die ­Fundierung dieser Aspekte ist u. a. Ziel der Konzeptentwicklung, so dass im Vollantrag eine ausführlichere und tiefergehende Darstellung erwartet wird. Zu den Förderkriterien in den Nummern 4.5 und 4.6 wird in der Ideenskizze im Unterschied zum Vollantrag lediglich eine grobe Skizzierung des geplanten Vorgehens bei der Umsetzung der Versorgungsform in der Durchführungsphase erwartet. Für das Förderkriterium in Nummer 4.7 ist in der Ideenskizze lediglich eine Schätzung des erforderlichen Fördervolumens für die Durchführungsphase anzugeben. Die belastbare und nachvollziehbare Kalkulation des Fördervolumens für die Durchführungsphase ist erst mit dem Vollantrag nachzuweisen.

4.1 Relevanz

Die beantragte neue Versorgungsform muss eine für die Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung relevante Fragestellung (z. B. häufiges oder gravierendes Versorgungsproblem) adressieren und sich unmittelbar auf das jeweilige Themenfeld beziehen. Die Relevanz ist plausibel zu belegen.

4.2 Verbesserung der Versorgung

Hierunter fallen insbesondere Aspekte der Verbesserung der Versorgungsqualität, der Versorgungseffizienz, die Behebung von Versorgungsdefiziten sowie die Optimierung der Zusammenarbeit innerhalb und zwischen verschiedenen Versorgungsbereichen, Versorgungseinrichtungen und Berufsgruppen und/​oder interdisziplinäre und fachübergreifende Versorgungsmodelle. Der Beitrag zur Verbesserung der Versorgung ist plausibel darzulegen.

4.3 Umsetzungspotenzial

Hierunter ist zu verstehen, welches Potenzial die neue Versorgungsform hat, im Erfolgsfall dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden. In der Ideenskizze sowie ausführlicher im Vollantrag ist darzulegen, wie eine mögliche Überführung in die Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung aussehen könnte und welche wesentlichen Schritte hierzu erforderlich wären. Unter dem Umsetzungspotenzial ist nicht die Umsetzbarkeit des Projekts an sich zu verstehen. Dieser Aspekt ist Gegenstand des Förderkriteriums in Nummer 4.6.

4.4 Übertragbarkeit der Erkenntnisse, insbesondere auf andere Regionen oder Indikationen

Hierunter ist zu verstehen, inwiefern die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse auf andere Regionen, Indikationen oder Versorgungsszenarien übertragen werden können.

4.5 Evaluierbarkeit: Methodische und wissenschaftliche Qualität des Evaluationskonzepts

Unter diesem Förderkriterium ist zu verstehen, inwiefern die Ergebnisse des Projekts und dessen Effekte für die Versorgung im Hinblick auf eine Prüfung der dauerhaften Übernahme in die Versorgung auf valider und gesicherter Datengrundlage beurteilt werden können. Die methodische und fachliche Leistungsfähigkeit und Unabhängigkeit der an der Evaluation Beteiligten ist deshalb sicherzustellen. Zur Erfüllung des Förderkriteriums muss mit dem ­Vollantrag ein tragfähiges und ergebnisorientiertes Evaluationskonzept vorliegen, das nationalen und internationalen methodischen Standards entspricht. Für die Ideenskizze reicht eine grobe Skizzierung des geplanten Vorgehens bei der Evaluation der neuen Versorgungsform in der Durchführungsphase aus.

4.6 Machbarkeit des Projekts in der Laufzeit

Unter diesem Kriterium ist zu verstehen, wie realistisch es ist, dass das Projekt in dem vorgelegten Arbeits-, Zeit- und Meilensteinplan durchgeführt werden kann. Strukturen und Prozesse des Projekts sind zu beschreiben. Die für die Erreichung der Projektziele und zur Umsetzung des Projekts gegebenenfalls notwendigen Partner müssen benannt werden, sofern dem nicht zwingende Gründe (z. B. vergaberechtliche Anforderungen) entgegenstehen. Die Erreichbarkeit angestrebter Fallzahlen muss plausibel dargelegt werden. Für die Ideenskizze reicht eine grobe Skizzierung des geplanten Vorgehens bei der Umsetzung der Versorgungsform in der Durchführungsphase aus.

4.7 Verhältnismäßigkeit von Implementierungskosten und Nutzen

Unter diesem Kriterium ist zu verstehen, inwiefern die Aufwendungen für die Umsetzung des Projekts einschließlich der Evaluation in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Nutzengewinn stehen. Die beantragten Mittel zur Projektdurchführung müssen plausibel dargelegt werden, angemessen und notwendig sein. In der Ideenskizze ist lediglich eine Schätzung des erforderlichen Fördervolumens für die Durchführungsphase anzugeben. Die für die ­Konzeptentwicklungsphase beantragten Mittel von bis zu 75 000 Euro (vgl. Nummer 6.1) müssen angemessen und notwendig sein.

5 Fördervoraussetzungen

5.1 Rechtsgrundlage der neuen Versorgungsform

Die neuen Versorgungsformen müssen auf Grundlage geltenden Rechts erbracht werden. Die Anträge müssen plausibel ausweisen, auf welcher rechtlichen Grundlage die beantragte neue Versorgungsform stattfinden soll. Genauere Ausführungen hierzu finden sich in den jeweiligen Leitfäden. Krankenkassen haben sich zur Durchführung der Projekte der im SGB V vorgesehenen Handlungsmöglichkeiten zu bedienen (insbesondere Selektivverträge nach § 140a SGB V und Modellvorhaben nach den §§ 63 ff. SGB V).

5.2 Datenschutzrechtliche Standards

Die Antragstellenden sind verpflichtet, einschlägige datenschutzrechtliche Bestimmungen einzuhalten.

5.3 Ethische und wissenschaftliche Standards

Die Antragstellenden sind verpflichtet, ethische und wissenschaftliche Standards einzuhalten.

Die entsprechenden Standards sind im Leitfaden zu dieser Förderbekanntmachung näher spezifiziert:

https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​downloads/​media/​274/​2022-03-03_​Leitfaden_​NVF_​Skizze_​2022.pdf

5.4 E-Health-Lösungen/​Telemedizin

Es sind insbesondere die Regelungen zum Interoperabilitätsverzeichnis nach den §§ 385 ff. SGB V sowie für das Projekt relevante Festlegungen nach den §§ 371 ff. SGB V zu berücksichtigen. Die Kompatibilität mit der Telematikinfrastruktur sowie der Einsatz anwendungsbezogener offener Schnittstellen ist zu gewährleisten. Weitere relevante Regelungen sowie Erläuterungen hierzu sind dem Leitfaden (https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​downloads/​media/​274/​2022-03-03_​Leitfaden_​NVF_​Skizze_​2022.pdf) zu dieser Förderbekanntmachung zu entnehmen.

5.5 Zugänglichkeit der Ergebnisse

Die Antragstellenden sind verpflichtet, eine umfassende Transparenz in der Berichterstattung über die Ergebnisse der Durchführungsphase sicherzustellen. Hierzu gehört insbesondere eine ergebnisunabhängige Publikation der Evaluationsergebnisse. Eine Publikation des Vollantrags oder der jeweiligen Ideenskizze ist nicht erforderlich und nicht gewollt.

5.6 Evaluierende Maßnahmen

Die Förderempfänger haben sich an möglichen evaluierenden Maßnahmen, die aufgrund von gesetzlichen Vorgaben durchgeführt oder die durch den Förderer initiiert werden, zu beteiligen. In diesem Zusammenhang sind Informationen und Daten, die für die Bewertung des Erfolgs der Fördermaßnahme relevant sind, bereitzustellen.

Entsprechende Eigenerklärungen der Antragstellenden zu den Nummern 5.2 bis 5.6 sind mit dem Formblatt zur Beantragung von Fördermitteln (Anlage 3 der Ideenskizze) einzureichen (siehe Nummer 8.2).

6 Art, Umfang und Höhe der Förderung

Die Förderungen können im Wege einer Projektförderung als Zuwendungen in Form nicht rückzahlbarer Zuschüsse gewährt werden.

6.1 Förderung der Konzeptentwicklungsphase

Der Innovationsausschuss entscheidet anhand der in Nummer 4 genannten Förderkriterien, welche Anträge (Ideenskizzen) zur Ausarbeitung von Vollanträgen im Rahmen der Konzeptentwicklungsphase gefördert werden. Die Konzeptentwicklungsphase kann für bis zu sechs Monate mit einem Förderbetrag von bis zu 75 000 Euro gefördert werden. Dieser Betrag stellt eine Obergrenze dar. Die Abrechnung erfolgt nach nachgewiesenem Aufwand.

Förderfähig sind Personal- und Sachmittel für die Vernetzung der relevanten Akteure, für die Entwicklung der neuen Versorgungsform inklusive der Vorbereitung der erforderlichen Rechtsgrundlage (siehe Nummer 5.1), des Evaluationskonzepts inklusive Stichprobengewinnung und Datenerhebung, die Sicherstellung der notwendigen Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die Entwicklung konkreter kooperativer Maßnahmen sowie die Durchführung von Workshops und Recherche. Zur Deckung der mit dem Förderzweck zusammenhängenden Ausgaben für Infrastrukturleistungen können pauschal bis zu 25 % der Personalausgaben geltend gemacht werden. Diese Ausgaben sind in der beantragten Fördersumme zu berücksichtigen.

Nicht förderfähig sind Ausgaben für Investitionen und sonstige Gegenstände, Rechnerleistungen und Mieten.

Der Förderzeitraum für die Erstellung der Vollanträge wird mit dem Förderbescheid vorgegeben und beträgt maximal sechs Monate mit einer festen Einreichungsfrist (siehe Nummer 8.3).

6.2 Förderung der Durchführung der neuen Versorgungsform

Nach Einreichung und Bewertung der Vollanträge entscheidet der Innovationsausschuss anhand der in Nummer 4 genannten Förderkriterien, welche Projekte in der Durchführung für einen Förderzeitraum von in der Regel drei Jahren gefördert werden.

Förderfähig sind nach § 92a Absatz 1 Satz 5 SGB V nur diejenigen Aufwendungen, die dem Grunde nach nicht von den Vergütungssystemen der Regelversorgung umfasst sind. Dies sind neben den Ausgaben für gesundheitliche Leistungen, die über die Regelversorgung hinausgehen, insbesondere Ausgaben für das Projektmanagement, die Koordination von gesundheitlichen Leistungen und die Evaluation.

Ausgaben für Investitionen und projektbegleitende Entwicklungen können nur gefördert werden, soweit sie unmittelbar für die Umsetzung des medizinischen Konzepts unabdingbar und wirtschaftlich im Verhältnis zu dem geförderten Projekt sind.

Zur Deckung der mit dem Förderzweck zusammenhängenden Ausgaben für Infrastrukturleistungen können pauschal bis zu 25 % der Personalausgaben geltend gemacht werden.

Ausgaben für die Erstellung des Ethikvotums durch die (hochschul)eigene Ethikkommission werden der Infrastrukturpauschale zugerechnet und können nicht gefördert werden.

Bemessungsgrundlage sind die förderfähigen projektbezogenen Ausgaben, die bis zu 100 % gefördert werden können.

7 Sonstige Förderbestimmungen

Die zum Förderbescheid verpflichtenden Bestimmungen sind in den Allgemeinen Nebenbestimmungen niedergelegt:

https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​downloads/​media/​279/​2022-03-03_​ANBest-IF.pdf

Der Innovationsausschuss kann im Förderbescheid Ausnahmen von den Allgemeinen Nebenbestimmungen erlassen und weitere besondere Nebenbestimmungen individuell festlegen.

Im Übrigen gelten für die Bewilligung und Auszahlung sowie den Nachweis und die Prüfung der Verwendung der Förderung die Verfahrensordnung des Innovationsausschusses sowie die Regelungen des SGB X (§§ 31 ff.). Diese Regelungen finden auch bei einer gegebenenfalls erforderlichen Aufhebung des Förderbescheids oder bei Rückforderung der gewährten Förderung Anwendung.

8 Verfahren

8.1 Einschaltung eines Projektträgers, Antragsunterlagen und sonstige Unterlagen

Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat der Innovationsausschuss folgenden Projektträger beauftragt:

DLR-Projektträger
− Bereich Gesundheit −
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn

Internet: www.dlr-pt.de
E-Mail: innovationsfonds-versorgungsformen@dlr.de
Beratungs-Hotline für die Antragstellung: 0228/​3821-1020

Es wird empfohlen, zur Beratung mit dem DLR-Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

8.1.1 Angebot einer Informationsveranstaltung

Förderinteressenten wird die Möglichkeit geboten, an einer Informationsveranstaltung in Form eines Internet-Seminars teilzunehmen. In diesem Seminar werden der Inhalt der Förderbekanntmachung sowie Prozess und Verfahren der Antragstellung erläutert. Informationen zu diesem Internet-Seminar sind online hier erhältlich:

https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​downloads/​media/​277/​2022-03-03_​Ankuendigung_​Webseminar_​NVF_​Skizze_​2022.pdf

8.2 Einreichung von Ideenskizzen für die Konzeptentwicklungsphase

Für eine Förderung in der Konzeptentwicklungsphase ist es erforderlich, dass die vollständige Ideenskizze dem DLR-Projektträger

bis spätestens 17. Mai 2022, 12.00 Uhr

in elektronischer Form vorgelegt wird. Die Ideenskizze wird durch die vorgesehene Gesamtprojektleitung eingereicht.

Die Einreichung erfolgt elektronisch über das Internet-Portal (https:/​/​ptoutline.eu/​app/​nvf1_​2022). Dort ist ein Datenblatt hinterlegt, in dem insbesondere die Gesamtprojektleitung sowie weitere Projektbeteiligte zu benennen sind. Des Weiteren ist dort eine Kurzbeschreibung des Projekts zu erstellen und die Ideenskizze elektronisch zu übermitteln. Eine genauere Anleitung findet sich im Portal. Eine Vorlage per E-Mail oder Telefax ist nicht möglich.

Ideenskizzen, die nach dem oben angegebenen Zeitpunkt eingehen, können in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden. Verbindliche Anforderungen an die Ideenskizzen sind in dem Leitfaden zu dieser Förderbekanntmachung dargelegt:

https:/​/​innovationsfonds.g-ba.de/​downloads/​media/​274/​2022-03-03_​Leitfaden_​NVF_​Skizze_​2022.pdf

Der Umfang der Ideenskizze darf 12 DIN-A4-Seiten (Calibri Schriftgrad 12, 1,5-zeilig) zuzüglich Anlagen nicht überschreiten.

Die der Ideenskizze beizufügenden Anlagen sind im Leitfaden aufgeführt. Das Formblatt zur Beantragung von Fördermitteln (Anlage 3 der Ideenskizze) ist spätestens bis zum 31. Mai 2022 rechtsverbindlich unterschrieben und im Original beim DLR-Projektträger vorzulegen.

Ideenskizzen, die den in dieser Förderbekanntmachung oder im Leitfaden dargestellten Anforderungen nicht genügen, können ohne weitere Prüfung abgelehnt werden.

Der Innovationsausschuss wählt nach Einbeziehung der Empfehlungen von Mitgliedern des Expertenpools des Innovationsausschusses unter den eingegangenen Ideenskizzen diejenigen Projekte aus, deren Konzeptentwicklungen zur Ausarbeitung von Vollanträgen für bis zu sechs Monate gefördert werden. Für die Auswahl gelten folgende Voraussetzungen:

Erfüllung des Gegenstands der Förderung (siehe Nummer 2),
Erfüllung der Förderkriterien (siehe Nummer 4).

Das Auswahlergebnis des Innovationsausschusses wird den Antragstellenden schriftlich mitgeteilt.

Es besteht kein Rechtsanspruch auf Rückgabe von eingereichten Ideenskizzen und eventuell weiterer vorgelegter Unterlagen, die im Rahmen dieser Verfahrensstufe eingereicht werden. Für die Erstellung der Ideenskizzen wird keine Aufwandsentschädigung gewährt. Eine Förderung der Konzeptentwicklung begründet keinen Anspruch auf Förderung der Durchführung des Projekts.

8.3 Einreichung von Vollanträgen für die Durchführung der neuen Versorgungsform

Für eine Förderung in der Durchführungsphase ist es erforderlich, dass der Vollantrag (Projektbeschreibung, inklusive ausgearbeitetes Evaluationskonzept, vorbereitete Vertragsentwürfe zur neuen Versorgungsform, Beschreibung der Zusammenarbeit der Projektbeteiligten und detaillierte Finanzierungspläne) dem zuständigen Projektträger bis zum 31. Mai 2023 in elektronischer Form vorgelegt wird. Die weiteren verbindlichen formalen Anforderungen werden den Antragstellenden mitgeteilt, falls ihre Ideenskizze vom Innovationsausschuss zur Förderung der Konzeptentwicklung ausgewählt wird. Die im Vollantrag konkret darzulegenden Angaben ergeben sich aus dem Leitfaden für die Erstellung von Vollanträgen.

Vollanträge, die den in dieser Förderbekanntmachung oder im Leitfaden dargestellten Anforderungen nicht genügen, können ohne weitere Prüfung abgelehnt werden. Dabei darf für den Vollantrag ein Umfang von maximal 25 DIN-A4-Seiten (Calibri, Schriftgrad 12, 1,5-zeilig) zuzüglich Anlagen nicht überschritten werden.

Die Einreichung eines Vollantrags setzt die erfolgreiche Auswahl der Ideenskizze durch den Innovationsausschuss voraus. Die direkte Stellung eines Vollantrags („Quereinstieg“) ist nicht möglich.

Die eingegangenen Vollanträge müssen den Gegenstand der Förderung (siehe Nummer 2) und die Fördervoraussetzungen (siehe Nummer 5) erfüllen. Sie werden unter Einbeziehung der Empfehlungen der Mitglieder des Expertenpools des Innovationsausschusses nach den in Nummer 4 genannten Förderkriterien bewertet.

Nach abschließender Antragsprüfung und -bewertung entscheidet der Innovationsausschuss über die Förderung der Durchführung der Projekte. In der Durchführungsphase können in der Regel nicht mehr als 20 neue Versorgungsformen gefördert werden.

9 Inkrafttreten

Die Förderbekanntmachung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Internet auf der Internetseite des Innovationsausschusses am 3. März 2022 in Kraft.

Berlin, den 3. März 2022

Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss
gemäß § 92b SGB V

Der Vorsitzende
Prof. Hecken

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