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Finger weg von der der Schweizer SBG Genossenschaft in der Schweiz

Leovinus (CC0), Pixabay
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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zur Swiss Blockchain Genossenschaft (SBG)

Redaktion: Herr Reime, Sie haben sich die Statuten der Swiss Blockchain Genossenschaft in Zug angeschaut. Was ist Ihr erster Eindruck?

RA Jens Reime: Die Statuten sind auf den ersten Blick formal korrekt und folgen dem typischen Aufbau einer Schweizer Genossenschaft nach Zivilgesetzbuch (ZGB). Was mir jedoch auffällt, ist der Mangel an klaren Haftungsregelungen für Investoren und Genossenschafter sowie das Fehlen transparenter Regelungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Risiken, Mittelverwendung und Exit-Strategien.

Redaktion: Welche konkreten Risiken sehen Sie für Anleger, die sich an dieser Genossenschaft beteiligen?

RA Jens Reime: Es gibt mehrere Punkte, die aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht bedenklich sind:

  1. Genossenschaftsform als Investitionsvehikel:
    Die Genossenschaft ist in der Schweiz traditionell keine Anlageform für Kapitalanleger, sondern dient dem Zweck der gemeinsamen Selbsthilfe – etwa bei Konsum-, Wohnungs- oder Landwirtschaftsgenossenschaften. Die Konstruktion der SBG als Investitionsvehikel für Blockchain-Projekte ist untypisch und mit Unsicherheiten behaftet.
  2. Unklare Mittelverwendung:
    In den Statuten fehlen präzise Angaben, wie und in welche Projekte investiert werden soll. Es ist nicht ersichtlich, wie transparent die Mittelverwendung dokumentiert wird oder wer die Kontrolle über Investitionsentscheidungen hat. Für Anleger entsteht hier ein erhebliches Intransparenzrisiko.
  3. Keine garantierte Rendite – hohes Totalverlustrisiko:
    Es gibt keine wirtschaftlich belastbare Projektion, wie Erträge generiert werden sollen. Anleger sollten wissen: Es gibt keinerlei Sicherheiten. Das investierte Kapital kann – wie bei vielen Blockchain- oder Token-Projekten – vollständig verloren gehen.
  4. Schweizer Rechtsordnung und Rechtsverfolgung:
    Die Genossenschaft ist in der Schweiz registriert. Deutsche Anleger haben im Streitfall keine einfache rechtliche Handhabe. Prozesse im Ausland sind teuer und zeitaufwendig, was viele Anleger von rechtlichen Schritten abhält – selbst im Schadensfall.
  5. Vertrieb an Privatanleger problematisch:
    Wenn Beteiligungen in Deutschland aktiv an Privatanleger vermittelt werden, könnte das gegen BaFin-Regeln oder das Vermögensanlagengesetz verstoßen, insbesondere wenn keine entsprechenden Prospekte veröffentlicht wurden. Vermittler könnten sich haftbar machen.

Redaktion: Gibt es aus Ihrer Sicht Warnsignale, auf die Anleger achten sollten?

RA Jens Reime: Auf jeden Fall. Ich sehe hier mehrere Warnzeichen:

  • Technikvokabular ohne Substanz:
    Begriffe wie „Blockchain“, „Dezentralisierung“ oder „Web3“ werden häufig in Marketingmaterialien verwendet, aber es fehlt eine konkrete wirtschaftliche Substanz. Anleger sollten sich fragen: Was wird tatsächlich produziert? Wo entstehen Einnahmen?
  • Genossenschaftsanteile mit Kapitalcharakter:
    Wenn Genossenschaftsanteile verkauft werden, die in ihrer Funktion eher einer stillen Beteiligung oder einem Genussrecht ähneln, handelt es sich womöglich um eine Umgehung von Kapitalmarktregeln.
  • Keine externe Aufsicht oder Wirtschaftsprüfung:
    Es ist nicht ersichtlich, ob es eine jährliche, unabhängige Wirtschaftsprüfung gibt oder ob interne Gremien wirtschaftlich qualifiziert besetzt sind.

Redaktion: Was raten Sie Anlegern, die bereits investiert haben oder eine Beteiligung erwägen?

RA Jens Reime: Wer bereits investiert hat, sollte dringend prüfen:

  • Ob Rückforderungsrechte bestehen, etwa wegen möglicher Täuschung oder fehlerhafter Beratung.
  • Vertriebspartner oder Vermittler auf ihre Prospektpflichten hin prüfen.
  • Sich rechtlich beraten lassen, insbesondere zu Ausstiegsmöglichkeiten.

Interessenten hingegen sollten dringend Abstand nehmen, solange keine vollständige Transparenz zur Mittelverwendung, den Projekten, zur wirtschaftlichen Plausibilität und zur Prospektpflicht vorliegt.

Redaktion: Und wie sehen Sie die Rolle von Behörden?

RA Jens Reime: Die BaFin, aber auch FINMA (Schweiz), könnten hier aktiv werden, sofern Anhaltspunkte vorliegen, dass unregulierte Vermögensanlagen an ein Publikum vertrieben werden, das den Risiken nicht ausreichend informiert begegnet. Vermittler und Betreiber solcher Konstruktionen sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen.

Redaktion: Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch, Herr Reime.

RA Jens Reime: Sehr gerne. Anleger sollten sich nie von Technikbegriffen blenden lassen. Eine gesunde Skepsis und juristische Prüfung lohnen sich immer.

 

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