Startseite Allgemeines „Finanzbetrug erkennen: Worauf Verbraucher achten müssen“ – Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel
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„Finanzbetrug erkennen: Worauf Verbraucher achten müssen“ – Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel

Peggy_Marco (CC0), Pixabay
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Moderator: Herr Högel, in Zeiten steigender Finanzkriminalität fragen sich viele Verbraucher: Wie erkennt man seriöse Finanzangebote?

Maurice Högel: Eine sehr wichtige Frage! Es gibt leider viele unseriöse Anbieter, die mit geschicktem Marketing oder sogar Täuschung versuchen, Anleger zu locken. Aber wer ein paar Grundregeln beachtet, kann sich schützen.


Teil 1: Die wichtigsten Warnsignale

Moderator: Welche roten Flaggen sollten Verbraucher bei Finanzangeboten sofort misstrauisch machen?

Maurice Högel: Es gibt mehrere Warnsignale, die auf ein unseriöses Angebot hinweisen können:

  1. Ungefragte Anrufe oder Nachrichten:
    Wenn Sie ohne Anfrage einen Anruf oder eine E-Mail erhalten, in der Ihnen eine „einmalige Chance“ angeboten wird, sollten Sie sofort skeptisch sein. In Deutschland sind unerlaubte Werbeanrufe für Finanzgeschäfte verboten.
  2. Zeitdruck & Exklusivität:
    Sprüche wie „Nur noch heute verfügbar!“ oder „Sie gehören zu den wenigen Auserwählten!“ sind klassische Tricks, um Anleger zu überstürzten Entscheidungen zu drängen. Seriöse Anbieter lassen Ihnen immer Zeit zur Prüfung.
  3. Unrealistische Renditeversprechen:
    Wenn Ihnen Gewinne weit über dem Marktniveau versprochen werden – zum Beispiel „10 % Rendite monatlich ohne Risiko!“ – dann kann ich Ihnen garantieren: Das ist zu schön, um wahr zu sein. Höhere Renditen bedeuten immer auch höhere Risiken.
  4. Intransparenz und komplizierte Produkte:
    Wenn Ihnen nicht klar erklärt wird, worin Sie investieren, oder wenn Ihnen gesagt wird, Sie „müssen das nicht verstehen, vertrauen Sie uns einfach“, dann sollten Sie auf keinen Fall investieren.
  5. Überweisungen ins Ausland:
    Wird Ihr Geld auf ein Konto außerhalb der EU transferiert, ist äußerste Vorsicht geboten. Oft ist es dann im Betrugsfall unmöglich, Ihr Geld zurückzuholen.

Teil 2: Social Media & Internet – Die neue Falle

Moderator: Immer mehr unseriöse Angebote verbreiten sich über soziale Medien. Welche Rolle spielen Plattformen wie Instagram, YouTube oder TikTok?

Maurice Högel: Eine sehr große! Leider sind Social-Media-Plattformen zum Paradies für Finanzbetrüger geworden. Sie nutzen aggressive Werbung, zeigen sich mit teuren Autos oder in Luxusvillen und behaupten, sie hätten durch bestimmte Investments schnell Reichtum erlangt. Dann laden sie zu „exklusiven Seminaren“ oder „Mentoring-Programmen“ ein, die oft in Schneeballsysteme oder wertlose Finanzprodukte münden.

Moderator: Also sollte man solchen Influencern nicht trauen?

Maurice Högel: Genau. Wenn jemand seinen Reichtum zur Schau stellt, um Ihnen eine Geldanlage anzudrehen, dann verdient er sein Geld nicht mit Investments, sondern mit Ihnen! Immer kritisch hinterfragen: Warum verkauft jemand dieses „Geheimrezept“, wenn es doch so erfolgreich ist?

Teil 3: Wie Verbraucher seriöse Anbieter erkennen

Moderator: Gut, wir wissen nun, worauf man achten sollte. Aber wie erkennt man ein wirklich seriöses Finanzangebot?

Maurice Högel: Es gibt mehrere Prüfmethoden:

  1. BaFin-Registrierung:
    Finanzdienstleister brauchen in Deutschland eine Lizenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die BaFin prüft zwar nicht die Qualität der Angebote, aber sie kann unseriöse Anbieter identifizieren. Auf der Website der BaFin kann jeder nachschauen, ob ein Unternehmen reguliert ist.
  2. Verständliche Vertragsunterlagen:
    Ein seriöses Angebot enthält klare, verständliche Informationen – keine komplizierten Konstrukte, die niemand nachvollziehen kann.
  3. Offenlegung von Gebühren:
    Seriöse Anbieter listen alle Kosten transparent auf. Wenn irgendwo versteckte Gebühren auftauchen oder nicht genau erklärt wird, wie der Anbieter verdient, ist Vorsicht geboten.
  4. Ausstiegsmöglichkeiten prüfen:
    Gute Finanzprodukte erlauben flexible Kündigungsoptionen. Achten Sie darauf, ob und wann Sie Ihr investiertes Geld wieder zurückbekommen können.
  5. Hintergrundrecherche des Anbieters:
    Googeln Sie den Anbieter! Gibt es Warnungen von Verbraucherschützern oder negative Bewertungen? Ist die Firmenadresse echt oder nur eine Briefkastenfirma? Diese einfachen Checks können viel Ärger ersparen.

Teil 4: Was tun, wenn man betrogen wurde?

Moderator: Was können Verbraucher tun, wenn sie feststellen, dass sie auf ein unseriöses Angebot hereingefallen sind?

Maurice Högel: Wichtig ist, schnell zu handeln:

  1. Geldtransaktionen stoppen:
    Falls Sie Geld überwiesen haben, setzen Sie sich sofort mit Ihrer Bank in Verbindung und prüfen Sie, ob die Transaktion rückgängig gemacht werden kann.
  2. Beweise sichern:
    Speichern Sie alle E-Mails, Verträge, Zahlungsnachweise und Chatverläufe. Diese Beweise sind entscheidend, falls es zu rechtlichen Schritten kommt.
  3. Anzeige erstatten:
    Melden Sie den Fall bei der Polizei und gegebenenfalls der BaFin. Auch die Verbraucherzentrale kann helfen, wenn es sich um weit verbreitete Betrugsmaschen handelt.
  4. Rechtliche Schritte prüfen:
    In manchen Fällen kann ein Anwalt helfen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Aber Achtung: Wenn das Geld bereits auf ein Offshore-Konto überwiesen wurde, wird es leider oft schwierig, es zurückzubekommen.

Fazit: Wachsam bleiben und sich nicht unter Druck setzen lassen

Moderator: Zum Abschluss, Herr Högel: Ihr wichtigster Rat an Verbraucher?

Maurice Högel: Vertrauen Sie niemandem blind! Finanzentscheidungen sollten immer gut überlegt sein. Wer Sie zu schnellem Handeln drängt oder Ihnen unrealistische Gewinne verspricht, hat wahrscheinlich nicht Ihr, sondern sein eigenes finanzielles Wohl im Blick. Lassen Sie sich Zeit, recherchieren Sie und holen Sie sich bei Zweifeln eine zweite Meinung – gerne auch von einem unabhängigen Experten.

Moderator: Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!

Maurice Högel: Sehr gerne!

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