Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev:
„Wenn kein BaFin-Prospekt vorliegt, sollten alle Alarmglocken schrillen.“
In den letzten Wochen hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mehrere Warnungen veröffentlicht – u. a. zur Felber Forestal S.A., zur Website karpax(.)pro sowie zu beste-festgeldvergleich(.)de. Was bedeutet das für Verbraucherinnen und Verbraucher? Wir sprechen mit der Berliner Finanzrechtsanwältin Kerstin Bontschev über die Risiken und darüber, wie man sich vor dubiosen Angeboten schützen kann.
Frau Bontschev, was ist aus Ihrer Sicht das Gefährliche an solchen Angeboten wie im Fall der Felber Forestal S.A.?
Bontschev: Das große Risiko besteht darin, dass Wertpapiere oder Finanzprodukte ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Prospekt öffentlich angeboten werden. Der Prospekt ist ein zentrales Schutzinstrument für Anleger:innen. Fehlt er, fehlen auch wichtige Informationen – etwa zur wirtschaftlichen Lage des Emittenten oder zu den Risiken der Anlage. Im Fall Felber Forestal liegt nach Angaben der BaFin kein gebilligter Prospekt vor, obwohl dies Pflicht wäre. Das ist ein Warnsignal.
Warum ist dieser Prospekt so wichtig?
Bontschev: Weil er Transparenz schaffen soll. Die BaFin prüft bei der Prospektbilligung, ob die formalen Anforderungen erfüllt sind – also: Sind alle vorgeschriebenen Informationen enthalten, ist der Text verständlich, widerspruchsfrei usw. Zwar prüft die BaFin dabei nicht, ob alles inhaltlich korrekt ist, aber ohne diesen Mindeststandard haben Anleger:innen keinerlei Grundlage, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein fehlender Prospekt ist wie ein Autokauf ohne TÜV-Bericht.
Und wie sieht es bei Websites wie karpax(.)pro oder beste-festgeldvergleich(.)de aus?
Bontschev: Hier liegt der Verdacht vor, dass ohne BaFin-Erlaubnis Bank- oder Finanzdienstleistungen angeboten werden. Das ist illegal. Wenn ein Anbieter nicht bei der BaFin registriert ist, fehlt jede behördliche Kontrolle. Im schlimmsten Fall sind diese Seiten reine Täuschungsmanöver, um Geld von arglosen Anlegern abzugreifen. Gerade bei Websites mit anonymen Betreibern, mehreren Domainwechseln oder Sitz im Ausland sollte man äußerst skeptisch sein.
Wie kann ich als Verbraucher:in solche unseriösen Anbieter erkennen?
Bontschev: Es gibt ein paar ganz einfache Schritte:
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BaFin-Datenbank prüfen: Ob ein Anbieter einen genehmigten Prospekt oder eine Lizenz hat, lässt sich auf der Website der BaFin nachsehen – Stichwort „Hinterlegte Prospekte“ oder „Unternehmensdatenbank“.
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Warnmeldungen beachten: Die BaFin veröffentlicht regelmäßig Warnungen zu illegalen Angeboten.
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Impressum prüfen: Fehlt das Impressum oder sitzt das Unternehmen im Ausland, ohne klare Kontaktdaten – Finger weg!
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Versprechen von Traumrenditen: Wenn es „sicher“ 10 % oder mehr gibt, ist Vorsicht geboten. Solche Renditen sind in der Regel nicht seriös.
Was kann ich tun, wenn ich bereits investiert habe?
Bontschev: Dann sollten Sie schnell handeln. Dokumentieren Sie alle Unterlagen, E-Mails und Überweisungen und suchen Sie anwaltlichen Rat. In manchen Fällen kann man mit einem sogenannten Rückgewähranspruch arbeiten. Aber je früher Sie reagieren, desto höher sind die Chancen.
Was wünschen Sie sich von Anleger:innen?
Bontschev: Misstrauen ist in der Finanzwelt keine Schwäche, sondern eine Stärke. Vertrauen Sie nicht auf Werbung oder hübsch designte Websites. Prüfen Sie Angebote kritisch – und lassen Sie sich im Zweifel beraten, bevor Sie Geld überweisen. Prävention ist der beste Anlegerschutz.
Vielen Dank für das Gespräch!
Hinweis der Redaktion:
Informationen zu zugelassenen Unternehmen finden Sie in der Unternehmensdatenbank der BaFin. Ob ein Wertpapierprospekt hinterlegt wurde, erfahren Sie in der Datenbank „Hinterlegte Prospekte“ auf www.bafin.de
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