In der sonst so vornehmen Welt der EU-Diplomatie knirscht es gewaltig im feinen Parkett: Die frühere EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wurde festgenommen – mutmaßlich, weil sie beim Verteilen von EU-Geldern ein bisschen zu großzügig mit dem „College of Europe“ umgegangen sein soll.
Ausgerechnet das Elite-Institut in Brügge, das Nachwuchsdiplomat*innen auf den feinen EU-Karriereweg trimmen soll, steht nun im Zentrum eines handfesten Finanz-Krimis. Mogherini, mittlerweile Rektorin dieser Hochschule, soll in ihrer Doppelfunktion offenbar das getan haben, was man sonst nur aus schlecht geschriebenen Politthrillern kennt: Ausschreibungen beeinflussen, Infos weitergeben, Regeln verbiegen.
Und weil allein verdächtig sein langweilig wäre, hat die Polizei gleich noch zwei weitere Spitzenkräfte eingesammelt: Mogherinis Stellvertreter und den EU-Veteranen Stefano Sannino, zuletzt zuständig für die Beziehungen zu Nordafrika und dem Nahen Osten.
Diplomaten auf Abwegen?
Die belgische Polizei hat am Dienstag mehrere Gebäude gestürmt: den Sitz des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) in Brüssel, das College in Brügge sowie die Wohnungen der Verdächtigen. Angeblich geht es um ein Ausbildungsprogramm für angehende Diplomaten – neun Monate, EU-finanziert, Prestige inklusive. Und möglicherweise auch ein bisschen zu viel Insiderwissen.
Die Staatsanwaltschaft spricht von „starken Verdachtsmomenten“. Offenbar wurden vertrauliche Informationen zur Ausschreibung an bestimmte Bewerber weitergereicht. Und der Verdacht liegt nahe: Wer weiß, was in Brügge unter dem Deckmantel „Elitebildung“ sonst noch alles gelehrt wird.
Alles nur Vergangenheit?
Der EAD beeilte sich zu betonen, dass das alles „Aktivitäten aus früheren Mandaten“ betreffe – ganz sicher nichts mit dem aktuellen Betrieb zu tun habe. Die neue Außenbeauftragte, Kaja Kallas, kann also erst einmal durchatmen. Ihr Name ist (noch) nicht gefallen.
Mogherini hatte von 2014 bis 2019 als EU-Außenchefin fungiert – davor war sie kurz Italiens Außenministerin, danach akademische Oberbefehlshaberin in Brügge. Seit 2020 leitet sie das College of Europe, im September begann ihre zweite Amtszeit. Nun könnte ein neuer Titel hinzukommen: Verdächtige Nummer Eins im neuesten Brüssel-Krimi.
EU-Drama mit Fortsetzungen
Dass in Brüssel öfter mal Handschellen als Händeschütteln angesagt sind, ist übrigens nichts Neues. Erinnerungen an den „Katar-Gate“-Skandal von 2022 werden wach, bei dem das Europaparlament ins Zwielicht geriet – oder an Vorwürfe gegen Ex-Kommissar Didier Reynders wegen Geldwäsche.
Mit anderen Worten: Die EU bleibt spannend – und manchmal sogar unterhaltsam.
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