Der frühere Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, gilt als wahrscheinlichster Nachfolger von Justin Trudeau an der Spitze der kanadischen Liberalen Partei. Sollte er die Wahl gewinnen, könnte er schon bald als Kanadas neuer Premierminister in eine der schwierigsten politischen Phasen des Landes starten: den eskalierenden Handelskrieg mit den USA unter Donald Trump.
Vom Zentralbanker zum potenziellen Premierminister
Carney, 59, ist kein typischer Politiker. Er hat nie ein öffentliches Amt bekleidet, war jedoch als Gouverneur der Bank of Canada maßgeblich daran beteiligt, das Land durch die Finanzkrise von 2008 zu führen. Danach übernahm er die Leitung der Bank of England und modernisierte das britische Finanzsystem.
Sein wirtschaftspolitisches Geschick könnte jetzt gefragt sein, da die Handelsbeziehungen zwischen Kanada und den USA unter Trump angespannt sind. Der US-Präsident hat nicht nur hohe Zölle auf kanadische Produkte verhängt, sondern sogar angedeutet, dass die USA ihr Nachbarland annektieren könnten – eine provokante Äußerung, die in Kanada für Empörung sorgte.
Kampf um die Führung der Liberalen Partei
Nach Trudeaus Rücktritt im Januar bewerben sich Carney und Chrystia Freeland, die frühere Finanzministerin und enge Vertraute Trudeaus, um die Parteiführung. Carney hebt besonders seine Krisenerfahrung und Verhandlungskompetenz hervor, um gegen Trump zu bestehen.
„Ich weiß, wie man Krisen managt“, sagte er während einer Parteidebatte im Februar. „In einer solchen Situation braucht man Erfahrung und Verhandlungsgeschick.“
Sollte Carney Trudeaus Nachfolge antreten, könnte er bereits im Oktober 2025 zur Wahl als Premierminister antreten – oder sogar noch früher, falls vorgezogene Neuwahlen ausgerufen werden.
Erfahrung mit Trump – und ein starkes Profil
Carney kennt die internationale Politik gut. Von 2011 bis 2018 leitete er den Financial Stability Board, der weltweit die Finanzregulierungen koordiniert. In dieser Rolle war er oft auf G20-Gipfeln und hatte einen direkten Einblick in Trumps erste Amtszeit.
Neben seinem wirtschaftspolitischen Fokus engagiert er sich auch für den Klimaschutz. Er war UN-Sondergesandter für Klimawandel und gründete 2021 die Glasgow Financial Alliance for Net Zero, eine Initiative zur Förderung nachhaltiger Investitionen.
Obwohl er in der Vergangenheit Gerüchte über politische Ambitionen zurückgewiesen hatte („Warum werde ich nicht gleich Zirkusclown?“, sagte er 2012), scheint er jetzt bereit für den nächsten Schritt. Sollte er Trudeaus Nachfolger werden, wird sich zeigen, ob seine Wirtschaftsexpertise ausreicht, um sich im rauen politischen Klima Kanadas – und gegen Trump – zu behaupten.
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