Nach der erneuten Androhung massiver Strafzölle durch US-Präsident Donald Trump auf Waren aus der Europäischen Union hat die EU-Kommission deutliche Worte gefunden. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič betonte am Freitag:
„Der transatlantische Handel ist einzigartig – und muss von gegenseitigem Respekt, nicht von Drohungen geleitet werden.“
Die Europäische Union sei weiterhin „voll engagiert“, ein Handelsabkommen mit den USA zu erzielen, das für beide Seiten funktioniere, so Šefčovič nach einem Telefonat mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer und Wirtschaftsminister Howard Lutnick.
Trump droht mit 50-Prozent-Zoll – „bin nicht auf einen Deal aus“
Nur wenige Stunden zuvor hatte Trump über seine sozialen Medien erneut seinen Frust über die stockenden Verhandlungen geäußert und erklärt, dass ab dem 1. Juni 2025 ein 50-prozentiger Zollsatz auf alle EU-Importe in Kraft treten solle.
„Unsere Gespräche mit der EU führen ins Nichts“, schrieb Trump. „Ich suche keinen Deal – wir haben ihn bereits festgelegt.“
Auf Nachfrage deutete er jedoch an, eine große Investition eines europäischen Unternehmens in den USA könne ihn womöglich umstimmen.
Europa warnt vor Handelskrieg
Die Reaktionen in Europa fielen deutlich aus. Zahlreiche Regierungen äußerten sich besorgt über eine mögliche Eskalation.
Irlands Premier Micheál Martin mahnte:
„Wir müssen diesen Weg nicht gehen. Verhandlungen sind der einzige nachhaltige Weg.“
Frankreichs Außenminister Laurent Saint-Martin bekräftigte:
„Wir setzen auf Deeskalation – sind aber vorbereitet, zu reagieren.“
Deutschlands Wirtschaftsministerin Katherina Reiche sprach von einem „dringenden Handlungsauftrag“: Die EU müsse „alles tun“, um eine Lösung mit den USA zu erreichen.
Auch der niederländische Premierminister Dick Schoof zeigte sich skeptisch, erinnerte aber an frühere Verhandlungen:
„Wir wissen, dass Zölle in Gesprächen mit den USA schnell steigen und fallen können.“
EU bereitet Gegenmaßnahmen vor – vorerst auf Eis
Hinter den Kulissen bereitet sich die EU dennoch auf mögliche Gegenmaßnahmen vor. Bereits im April hatte Brüssel angedroht, Zölle in Höhe von 25 % auf US-Waren im Wert von 18 Milliarden Euro zu erheben – diese Maßnahme wurde jedoch zunächst zurückgestellt. Aktuell berät die EU über weitere Zölle auf US-Importe im Volumen von bis zu 95 Milliarden Euro.
Trump hatte seinerseits im Frühjahr Zölle auf eine lange Liste internationaler Handelspartner eingeführt – darunter 20 % auf die meisten EU-Waren, mit Ausnahme eines zunächst dreimonatigen Aufschubs. Für EU-Stahl und Aluminium gelten weiterhin 25-Prozent-Zölle.
Kritik an „ungleichem Handelsverhältnis“
Trump begründet seine Linie mit dem hohen Handelsdefizit der USA gegenüber Europa: Laut US-Regierung exportierte die EU 2024 Waren im Wert von über 600 Milliarden US-Dollar in die USA, kaufte aber nur Produkte im Wert von rund 370 Milliarden US-Dollar.
Besonders stört sich Trump an EU-Politiken im Automobil- und Agrarbereich. Auch US-Konzerne geraten zunehmend unter Druck: Apple wurde explizit gewarnt, dass iPhones, die nicht in den USA gefertigt werden, mit einem Importzoll von mindestens 25 % belegt werden könnten – diese Drohung wurde später auf alle Smartphones ausgeweitet.
Börsen reagieren nervös
Die Ankündigungen Trumps zeigten umgehend Wirkung auf den Märkten: Der S&P 500 in den USA fiel am Freitag um rund 0,7 %, der DAX und der CAC 40 verloren jeweils mehr als 1,5 %. Investoren fürchten einen neuen transatlantischen Handelskonflikt – mit möglichen weltweiten wirtschaftlichen Folgen.
Trumps Berater: EU könnte gespalten werden
Indes erklärte Stephen Moore, ehemaliger Wirtschaftsberater Trumps, gegenüber der BBC, dass der Präsident möglicherweise versuche, die EU „von innen heraus zu spalten“, indem er bilaterale Abkommen mit einzelnen Ländern anstrebe.
Ziel sei es langfristig, „nicht nur die USA, sondern die ganze Welt wirtschaftlich von China zu entkoppeln“ – und das könne, so Moore, sogar ein begrüßenswertes Ziel sein.
Fazit: Während die EU auf Dialog und Deeskalation setzt, verschärft Trump den Ton – und riskiert einen offenen Handelsstreit mit einem ihrer wichtigsten Partner. Ob es bei der Drohung bleibt oder die Spirale der Zölle weiterdreht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Klar ist: Respekt ist gefragt – nicht Erpressung.
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