Wer braucht noch Demokratie, wenn man strategisch gelegen ist? Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan demonstriert erneut eindrucksvoll, wie man mit ein paar Massenverhaftungen und einem gut geölten Machtapparat den Westen dazu bringt, betreten zur Seite zu schauen – denn wer will sich schon mit dem zweitgrößten NATO-Mitglied anlegen?
Nachdem Oppositionsstar Ekrem İmamoğlu inhaftiert wurde – natürlich rein zufällig nach seiner Ernennung zum CHP-Präsidentschaftskandidaten – brach in der Türkei eine Protestwelle aus. Mehr als 1.100 Menschen wurden festgenommen, darunter auch gleich neun Journalisten. Erdoğan zeigte sich empört – allerdings nicht über die Festnahmen, sondern über die „gewalttätige Opposition“. Praktisch.
Währenddessen plätschert aus Brüssel routiniert die Mahnung, man möge doch bitte „demokratische Werte wahren“. Man erwägt sogar – Achtung – Gespräche mit Ankara abzusagen. Das ist ungefähr so bedrohlich wie ein nasser Waschlappen in einer Schießerei.
Und Berlin? Bundeskanzler Scholz findet die Verhaftung natürlich „inakzeptabel“, betont aber auch die „wichtige Regionalmacht“ Türkei. Man will ja die Balance wahren: ein bisschen Empörung fürs Protokoll, aber bitte nicht die Rüstungsgespräche gefährden.
Erdoğan weiß, wie der Hase läuft. Migration? Sicherheitsarchitektur? NATO? Ukraine-Krieg? Mitten drin statt nur dabei. Und wenn die EU irgendwann eine neue Verteidigungsstrategie aufsetzt – am besten gleich mit türkischer Unterschrift. Schließlich braucht man starke Partner. Auch wenn sie gerade die Opposition wegsperren.
Und als ob das alles nicht schon ausreichend absurd wäre, greift Elon Musk hilfreich ein und sperrt gleich mal die Konten türkischer Oppositionspolitiker auf „X“. Moderne Solidarität 2.0 – wenn Autokraten und Tech-Milliardäre gemeinsam die Demokratie „managen“.
Ach ja, die Verhaftung von İmamoğlu? Für Erdoğans Verhältnisse nur ein weiterer Dienstag. Und falls jemand im Westen noch schlucken muss: Einfach mit einem Handelsabkommen runterspülen.
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