Es klingt fast wie Zauberei: Eiscreme, die nicht schmilzt. In einem Werbevideo zeigt ein Hersteller von Lebensmittelchemikalien, wie Eiskugeln auch unter heißen Lampen ihre Form behalten. Der entscheidende Zusatzstoff? Polysorbat 80.
Polysorbat 80 ist ein Emulgator, der die Konsistenz zahlreicher Supermarktprodukte stabilisiert. Weitere häufig genutzte Emulgatoren sind Carboxymethylcellulose, Carrageen und Maltodextrin. Doch immer mehr wissenschaftliche Studien warnen vor diesen Inhaltsstoffen.
Gefahr für die Darmgesundheit
Forscher haben herausgefunden, dass Emulgatoren die Zusammensetzung der Darmflora (Mikrobiom) verändern, die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts schädigen und Entzündungen auslösen können. Diese Entzündungen könnten wiederum Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Stoffwechselstörungen und sogar Krebs begünstigen.
Benoit Chassaing vom Französischen Nationalen Gesundheitsinstitut erklärte:
„Es gibt viele Daten, die zeigen, dass diese Verbindungen der Mikrobiota schaden und wir ihre Verwendung einstellen sollten.“
Gleichzeitig betont er, dass noch umfassendere Studien am Menschen nötig sind, da viele Experimente bisher an Mäusen oder im Labor durchgeführt wurden.
Persönliche Erfahrungen: Beschwerden verschwinden nach Verzicht
Der Wissenschaftler Lewis Rands, der unter chronischen Magen-Darm-Problemen litt, änderte seine Ernährung und verzichtete auf Emulgatoren wie Carrageen, Xanthan, Guarkernmehl und Maltodextrin. Das Ergebnis: drastische Linderung seiner Beschwerden.
„Es hat mein Leben mehr verbessert als jedes Medikament“, berichtet Rands.
Auch Gastroenterologe Ashwin Ananthakrishnan vom Massachusetts General Hospital bestätigt, dass viele Patienten nach dem Verzicht auf Emulgatoren deutliche Verbesserungen erleben.
FDA in der Kritik: Rückstand bei der Regulierung
Als die Emulgatoren in die Lebensmittelproduktion kamen, war der Fokus der US-Lebensmittelbehörde FDA noch nicht auf das Mikrobiom gerichtet. Martin Makary, vom ehemaligen Präsidenten Trump zum FDA-Leiter ernannt, erklärte:
„Es gibt inzwischen viele Studien, die Bedenken hinsichtlich dieser Inhaltsstoffe nahelegen.“
Die FDA muss jetzt bewerten, wie Emulgatoren langfristig die Darmgesundheit beeinflussen. Doch die Forschung steckt noch in den Kinderschuhen, und es fehlen eindeutige Beweise.
Warum sind Emulgatoren so verbreitet?
Emulgatoren sorgen dafür, dass Lebensmittel eine angenehme Textur haben, nicht ausflocken und sich lange halten. Sie finden sich sowohl in natürlich anmutenden Produkten als auch in hochverarbeiteten Lebensmitteln.
Beispielsweise enthält die Eiscreme von Ben & Jerry’s Emulgatoren, während die von Häagen-Dazs darauf verzichtet. Doch auch bei Häagen-Dazs gibt es Unterschiede: Die Marke gehört zu Dreyer’s Grand Ice Cream, die unter anderen Marken wie Edy’s und Drumstick weiterhin Emulgatoren verwenden.
Die große Verwirrung: Unterschiedliche Bezeichnungen
Die Vielfalt an Bezeichnungen erschwert den Überblick. So ist Carboxymethylcellulose auch als Cellulose-Gummi bekannt, während Maltodextrin aus verschiedenen Stärken wie Mais, Reis oder Weizen gewonnen werden kann.
Auch die Begriffsverwirrung um „Emulgatoren“ selbst trägt dazu bei: Nicht jeder Stoff, der unter diese Kategorie fällt, bildet tatsächlich Emulsionen. Einige dienen vielmehr als Verdickungsmittel oder Stabilisatoren.
Zunehmende Forschung zu Emulgatoren
Neue Studien haben bereits erste Zusammenhänge zwischen Emulgatoren und Gesundheitsproblemen aufgedeckt:
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Eine britische Studie aus dem Jahr 2024 fand heraus, dass eine emulgatorarme Diät die Symptome von Morbus Crohn lindern kann.
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Eine französische Langzeitstudie mit 92.000 Erwachsenen ergab, dass ein hoher Konsum von Carrageen und Fettsäuremonoglyceriden das Krebsrisiko erhöhen könnte.
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Eine weitere Studie verknüpfte Emulgatorverzehr mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Dennoch gibt es auch gegenteilige Studien, etwa aus Australien, die keinen Zusammenhang zwischen Emulgatoren und der Verschlechterung von Morbus Crohn fanden.
Die Verbraucher sind verunsichert
Für Konsumenten ist es schwierig, Emulgatoren zu vermeiden, da sie in unzähligen Lebensmitteln vorkommen – von Eiscreme über Salatdressings bis hin zu Fertiggerichten. Zudem gibt es für die gleiche Substanz oft verschiedene Namen.
Christine McDonald von der Cleveland Clinic fordert daher eine einheitlichere Kennzeichnung von Lebensmittelzusätzen:
„Es gibt viel Verwirrung in diesem Bereich.“
Fazit: Noch keine endgültigen Antworten
Die Forschung zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Emulgatoren steht noch am Anfang. Einige Wissenschaftler fordern ein Umdenken bei der Regulierung, während andere vor voreiligen Verboten warnen. Für die Verbraucher bleibt die Frage: Soll man auf Verdacht hin auf Emulgatoren verzichten oder auf die endgültige wissenschaftliche Klärung warten?
Lewis Rands hat für sich bereits eine Antwort gefunden:
„Für mich war der Verzicht die beste Entscheidung – meine Beschwerden sind fast verschwunden.“
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