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Das Amtsgericht Magdeburg hat am 23. Dezember 2025 im Insolvenzantragsverfahren 340 IN 479/25 (371) eine weitere, für Gläubiger und Geschäftspartner wichtige Entscheidung bekannt gemacht. Betroffen ist die JM Projektinvest GmbH & Co. KG, ein Unternehmen aus der Solar- und erneuerbaren Energiewirtschaft mit Sitz in Magdeburg.

Bereits am 5. November 2025 hatte das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270c InsO angeordnet. Mit dem nun veröffentlichten Beschluss geht das Insolvenzgericht einen Schritt weiter:
Die Schuldnerin wird ausdrücklich ermächtigt, Masseverbindlichkeiten zu begründen (§ 270c Abs. 4 Satz 1 InsO).

Was ist vorläufige Eigenverwaltung?

Bei der vorläufigen Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung – hier vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin JM Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH und deren Geschäftsführer Stefan Ramon Müller – zunächst im Amt. Anders als bei einer „klassischen“ Insolvenz übernimmt kein Insolvenzverwalter die vollständige Kontrolle, sondern ein Sachwalter überwacht die Geschäftsführung.

Ziel dieses Verfahrens ist es, dem Unternehmen die Chance zu geben, sich unter gerichtlicher Aufsicht selbst zu sanieren.

Was bedeutet die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten?

Die jetzt veröffentlichte Entscheidung ist für die Praxis besonders relevant:

  • Masseverbindlichkeiten sind neue Verbindlichkeiten, die nach Insolvenzantragstellung entstehen.

  • Sie werden vorrangig aus der Insolvenzmasse bezahlt – also vor den Forderungen der „alten“ Gläubiger.

  • Typische Masseverbindlichkeiten sind:

    • neue Lieferantenrechnungen

    • Löhne und Gehälter

    • laufende Betriebskosten

    • neue Verträge zur Fortführung des Geschäftsbetriebs

Mit der gerichtlichen Ermächtigung signalisiert das Insolvenzgericht:
👉 Der Geschäftsbetrieb soll fortgeführt werden, und Vertragspartner sollen darauf vertrauen können, dass neue Leistungen auch bezahlt werden.

Warum ist diese Veröffentlichung wichtig?

Für Gläubiger, Investoren und Geschäftspartner hat der Beschluss mehrere Bedeutungen:

  1. Fortführungsabsicht bestätigt
    Das Gericht sieht eine realistische Chance, den Betrieb zunächst aufrechtzuerhalten.

  2. Neue Geschäfte sind rechtlich abgesichert
    Wer jetzt Leistungen erbringt, hat bessere Chancen auf vollständige Bezahlung als Altgläubiger.

  3. Altgläubiger müssen Geduld haben
    Forderungen aus der Zeit vor dem Insolvenzantrag bleiben einfache Insolvenzforderungen und werden erst später – oft nur anteilig – bedient.

  4. Sanierungsoption bleibt offen
    Die Eigenverwaltung ist häufig der erste Schritt zu einem Insolvenzplan oder einer übertragenden Sanierung.

Was sollten betroffene Gläubiger jetzt beachten?

  • Altgläubiger sollten ihre Forderungen sorgfältig dokumentieren und später fristgerecht zur Insolvenztabelle anmelden.

  • Neue Vertragspartner sollten genau prüfen, ob ihre Forderungen tatsächlich als Masseverbindlichkeiten vereinbart werden.

  • Investoren und Projektpartner sollten die weitere Entwicklung der Eigenverwaltung und mögliche Sanierungspläne aufmerksam verfolgen.

Fazit

Die Veröffentlichung des Amtsgerichts Magdeburg ist kein formaler Nebensatz, sondern ein wichtiges Signal:
Die JM Projektinvest GmbH & Co. KG darf ihren Geschäftsbetrieb in der vorläufigen Eigenverwaltung aktiv fortführen und neue, bevorrechtigte Verpflichtungen eingehen. Ob daraus eine erfolgreiche Sanierung entsteht oder am Ende doch ein reguläres Insolvenzverfahren folgt, wird sich in den kommenden Monaten zeigen

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