Kurz vor den anstehenden Regional- und Kommunalwahlen sieht sich Dänemark mit einer neuen Welle gezielter Cyberangriffe konfrontiert. Die Attacken, die nach Einschätzung der Behörden aus dem prorussischen digitalen Umfeld stammen, haben mehrere politische Parteien und ein bedeutendes Nachrichtenportal zeitweise lahmgelegt. Die Vorfälle schüren erneut die Sorge, dass ausländische Akteure versuchen, Einfluss auf europäische Wahlprozesse zu nehmen und demokratische Institutionen zu destabilisieren.
Betroffen waren unter anderem die Websites der rechtskonservativen Dänischen Volkspartei sowie der rot-grünen Einheitsliste. Beide Parteien zählen zu den polarisierenden Kräften der dänischen Politiklandschaft und stehen während des Wahlkampfes besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Ihre Homepages waren am heutigen Tag für einige Zeit nicht erreichbar – ein empfindlicher Eingriff in eine Phase, in der Parteien auf digitale Kanäle besonders angewiesen sind, um Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren.
Auch die englischsprachige Zeitung Copenhagen Post, die vor allem von Expats, internationalen Unternehmen und diplomatischen Vertretungen gelesen wird, geriet ins Visier der Angreifer. Die Redaktion gab an, vom dänischen Militärgeheimdienst darüber informiert worden zu sein, dass ihre Wahlberichterstattung sie zu einem potenziellen Ziel gemacht habe. Die Botschaft dahinter ist eindeutig: Nicht nur politische Institutionen, sondern auch unabhängige Medien sollen verunsichert und ihre Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt werden.
Den Cyberangriffen bekannte sich die bekannte prorussische Hackergruppe NoName057(16). Die Gruppe nutzt soziale Netzwerke und eigene Foren, um ihre Aktionen öffentlichkeitswirksam zu inszenieren und propagandistisch auszuschlachten. In ihren Stellungnahmen erklärte sie, die Websites mehrerer dänischer Parteien sowie der staatlichen Rundfunkanstalt DR attackiert zu haben. Schon in der vergangenen Woche hatte NoName057(16) Angriffe auf kommunale Verwaltungen, staatliche Institutionen und ein dänisches Rüstungsunternehmen für sich reklamiert.
Die Angriffe stehen in einem größeren geopolitischen Kontext. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine beobachten europäische Sicherheitsbehörden eine intensivierte Welle hybrider Einflussoperationen, die darauf abzielt, westliche Staaten politisch zu spalten, Vertrauen in staatliche Institutionen zu untergraben und Infrastruktur zu stören. Digitale Attacken auf Wahlen gehören dabei zu den bevorzugten Methoden: Sie lassen sich aus der Ferne koordinieren, sind vergleichsweise kostengünstig und erzeugen maximalen symbolischen Schaden.
Dänemark ist ein besonders sensibles Ziel, denn das Land gehört seit 2022 zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine. Es liefert Waffen, Militärfahrzeuge und politische Unterstützung in erheblichem Umfang. Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass prorussische Akteure versuchen, durch Cyberattacken ein Klima der Unsicherheit zu erzeugen und Wahlprozesse zu delegitimieren. Computersicherheitsexperten sprechen von einem „digitalen Schattenkrieg“, der parallel zu den militärischen Auseinandersetzungen stattfindet.
Der dänische Inlands- und Militärgeheimdienst hatte bereits Anfang November eindringlich vor einer erhöhten Bedrohungslage gewarnt. Speziell vor den Kommunal- und Regionalwahlen rechneten die Behörden mit einer verstärkten Aktivität ausländischer Hackergruppen, die durch gezielte Attacken Misstrauen säen und die Funktionsfähigkeit demokratischer Systeme in Frage stellen könnten.
Die aktuellen Vorfälle zeigen, wie breit das Spektrum solcher Angriffe geworden ist:
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Parteien werden getroffen, um ihre Wahlkommunikation zu beeinträchtigen.
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Medien werden attackiert, um unabhängige Berichterstattung zu stören.
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Kommunale Verwaltungen und Behörden geraten ins Visier, um staatliche Funktionsfähigkeit in Frage zu stellen.
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Rüstungsfirmen werden angegriffen, um symbolische Botschaften an Staaten mit enger Ukraine-Unterstützung zu senden.
Damit wird einmal mehr deutlich, dass Cyberangriffe nicht nur technische Störungen sind, sondern Teil einer umfassenden Strategie politischer Einflussnahme.
Die dänischen Sicherheitsbehörden arbeiten nun eng mit internationalen Partnern zusammen, um die Angriffe zu analysieren, die Systeme zu schützen und mögliche Folgewellen abzuwehren. Gleichzeitig wächst die Erkenntnis: Moderne Wahlen finden längst nicht mehr nur in Wahllokalen und Parteizentralen statt – sondern auch auf den unsichtbaren digitalen Schlachtfeldern, auf denen Staaten, Gruppierungen und Akteure um Information, Einfluss und Vertrauen ringen.
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