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„Die Verteidigung bekommt Einsicht – aber nicht im Wunschformat“

dudu19 (CC0), Pixabay
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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zum OLG-Beschluss über die Einsicht in Falldateien bei Geschwindigkeitsverstößen

Herr Blazek, das OLG Frankfurt hat entschieden, dass Betroffene bei Geschwindigkeitsverstößen grundsätzlich Einsicht in die sogenannte Falldatei erhalten können – aber eben nicht in beliebiger Form. Was bedeutet das konkret?

Blazek: Das Oberlandesgericht stellt klar: Ja, der Betroffene – ob mit oder ohne Anwalt – hat das Recht, die digitale Falldatei einzusehen und selbst auszuwerten. Das ist wichtig für das Recht auf effektive Verteidigung. Aber die Einsicht erfolgt nicht durch automatische Übersendung der Rohdatei, sondern entweder vor Ort bei der Bußgeldstelle oder durch kostenpflichtige Übermittlung der bereits ausgewerteten, also lesbaren Datei.

Der betroffene Fahrer wollte die Datei in einem bestimmten Format zugesendet bekommen. Warum wurde das abgelehnt?

Weil das OLG das sehr pragmatisch sieht: Es gibt kein Recht auf ein bequemes Wunschformat. Die Originaldateien sind verschlüsselt und können nur mit dem zugelassenen Auswerteprogramm und dem entsprechenden Schlüssel korrekt interpretiert werden – beides befindet sich bei der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel. Wer Einsicht möchte, muss entweder dorthin kommen oder sich die bereits aufbereitete Datei schicken lassen – allerdings auf eigene Kosten und ohne Anspruch auf Rohdaten zur eigenen Weiterverarbeitung.

Heißt das, dass die Rohdaten gar nicht Teil der Akte sind?

Genau. Das OLG sagt ausdrücklich, dass die unausgewertete Falldatei kein Teil der Verfahrensakte ist – sie gehört also nicht automatisch zum Akteneinsichtsrecht nach § 147 StPO. Das ist für Verteidiger ein klarer Hinweis: Wer mehr will als die lesbare Version, muss konkret begründen, warum das erforderlich ist – reine „Bequemlichkeit“ oder technische Vorlieben reichen dafür eben nicht aus.

Ist das mit dem Recht auf faires Verfahren vereinbar?

Das OLG meint: ja. Denn der Betroffene kann die Falldatei ja einsehen und überprüfen – nur eben nicht unter beliebigen Bedingungen. Der Senat betont, dass der Messwert zwar technisch nicht rückrechenbar ist, aber über das standardisierte Messverfahren als korrekt gilt, solange keine konkreten Anhaltspunkte für einen Fehler vorliegen.


Was bedeutet das Urteil für Verteidiger und Mandanten in der Praxis?

Es heißt: Sorgfalt und gute Vorbereitung sind wichtiger denn je. Wer Zugriff auf die Falldatei möchte, sollte frühzeitig einen Termin bei der Bußgeldstelle vereinbaren oder den Versand der lesbaren Datei beantragen. Und wer argumentieren will, dass die Auswertung überprüft werden muss, sollte konkret begründen können, warum. Pauschale Hinweise auf Verteidigungsinteresse oder technische Wünsche reichen dem OLG nicht mehr.


Und was ist, wenn der Verteidiger die Falldatei dennoch zur eigenen Auswertung haben will?

Dann muss er mit der Behörde sprechen – ein Anspruch auf Zusendung der verschlüsselten Originaldatei zur freien Bearbeitung besteht nicht automatisch. Es gibt also kein generelles Recht auf „digitale Bequemlichkeit“, sondern nur auf prüfbare Transparenz unter kontrollierten Bedingungen.


Ihr Fazit in einem Satz?

Das OLG sagt: Wer rasen will, muss zahlen – und wer sich wehren will, darf das gern tun, aber bitte nur mit den Mitteln, die das Verfahren vorsieht.

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