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Die Dolomiten: Wo Italien, Österreich und Ladinien aufeinandertreffen – und kollidieren

icapturemyadventures (CC0), Pixabay
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Inmitten der bizarren Felsformationen und grünen Almen der Dolomiten verbirgt sich mehr als nur ein spektakuläres Alpenpanorama: Diese Region zwischen Italien und Österreich ist ein kulturelles Patchwork aus drei Sprachen, zwei Nationen und einer komplexen Geschichte – und steht zunehmend unter Druck.

Ein Streifzug durch die Gegend um die Tre Cime di Lavaredo (Drei Zinnen) zeigt, wie tief die Widersprüche in der Landschaft selbst verwurzelt sind. Während italienische und österreichische Kriegsdenkmäler in Sichtweite zueinander stehen, erinnert die Architektur an Habsburger Zeiten – und in manchem Dorf spricht man Ladinisch, eine alte romanische Sprache, die nur hier überlebt hat.

„Unsere Berge haben eine gespaltene Persönlichkeit“, sagt Agustina Lagos Marmol, Gründerin eines lokalen Wanderreiseveranstalters. Doch statt Spaltung gehe es um das harmonische Nebeneinander – sichtbar in Küche, Dialekten und Lebensart. Hier verschmelzen italienischer Esprit, tirolerische Bodenständigkeit und ladinische Traditionen zu etwas Einzigartigem.

Wandern zwischen Kriegsrelikten und Weltkulturerbe

Die Dolomiten sind heute UNESCO-Welterbe – und zugleich ein lebendiges Freilichtmuseum des Ersten Weltkriegs. Die berüchtigten via ferrata, einst gebaut, um Soldaten und Munition durch das unwegsame Gelände zu transportieren, locken heute Kletternde aus aller Welt. Wer heute auf den Eisenwegen wie der De Luca-Innerkofler-Route unterwegs ist, tritt buchstäblich in die Fußstapfen gefallener Soldaten.

Auch abseits der Klettersteige erzählen Orte wie das Anderter Alpe Freilichtmuseum oder der Monte Piana von der blutigen Vergangenheit – mit Ruinen, Stollen und Schützengräben auf den Höhenlinien der Geschichte. Es sind stille, eindrucksvolle Orte, die den Kontrast zwischen Naturidylle und Kriegsschauplatz sichtbar machen.

Zwischen kultureller Vielfalt und touristischem Ansturm

Doch die größte Herausforderung ist heute nicht mehr politischer, sondern touristischer Natur. Orte wie die Drei Zinnen oder der Lago di Braies (Pragser Wildsee) sind längst Instagram-Hotspots. Mit bis zu 14.000 Besuchern täglich im Sommer stößt die Infrastruktur an ihre Grenzen. Behörden reagieren mit Maßnahmen wie Zugangsbeschränkungen, Mautgebühren und Reservierungssystemen.

„Früher war die Straße zu den Drei Zinnen ein einziges Chaos“, sagt Curti Covi, Nachhaltigkeitsmanager der Region 3 Zinnen Dolomiten. „Heute ist es deutlich besser geregelt – aber es braucht weitere Regelungen für andere Hotspots.“

Unabhängigkeit als Überlebensprinzip

Neben Nachhaltigkeit verfolgt die Region noch ein anderes Ziel: Selbstbestimmung. In Südtirol, wo kleine Familienbetriebe das Rückgrat der Wirtschaft bilden, ist der Verkauf von Hotels oder Unternehmen an internationale Investoren tabu.

„Der Gedanke, unsere Betriebe an Außenstehende zu verkaufen, ist uns fremd“, so Covi. „Unsere Täler leben von starken, eng verbundenen Gemeinschaften. Wir wollen selbst entscheiden, wie wir leben – und überleben.“

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