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Die Betriebsratswahl bei EKD – oder: Wie man sich demokratisches Engagement am besten abtrainiert

Vika_Glitter (CC0), Pixabay
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Willkommen im Unternehmen, wo Mitbestimmung auf dem Papier steht, aber das Papier zufällig auf dem Aktenvernichter liegt.

In einer Welt, in der Betriebsratsgründung eigentlich ein legitimer Ausdruck gelebter Demokratie ist, genügt in manchen Firmen schon eine Excel-Datei mit Kündigungsvorschlägen, um Dinge ins Rollen zu bringen. So geschehen am 6. November bei der Energiekonzepte Deutschland GmbH – wo versehentlich eine interne „Hitliste“ von Kündigungen verschickt wurde. Ein Betriebsunfall? Eher ein Weckruf. Denn was folgte, war keine Revolution, sondern: eine Betriebsratsinitiative.

Und zwar nicht aus Eigennutz – im Gegenteil: Die Initiatorinnen standen nicht einmal auf der Kündigungsliste. Doch als sie sahen, wer darauf stand – darunter mehrere Alleinerziehende und Mitarbeitende mit Schwerbehinderung – entschieden sie: Jetzt reicht’s.

Schulungen wurden auf eigene Kosten besucht, Gespräche geführt, ein Wahlvorstand gebildet. Nicht heimlich. Nicht verschwörerisch. Sondern in einem gesetzlich gedeckten Rahmen. Aber offenbar war das schon zu viel Mitbestimmung auf einmal.

Denn dann kam Herr Arnold.

Wenn ein Betriebsrat entsteht und der Arbeitgeber sich plötzlich Sorgen um „Demokratie“ macht

In einer außerordentlichen Mitarbeiterversammlung am 14.11.2025, die Herr Christian Arnold persönlich einberief, geschah das Unerwartete: Massenentlassungen wurden verkündet. Und direkt im Anschluss – wie zufällig – sprach er über die Betriebsratswahl. Die Dramaturgie: Oscar-reif. Der Subtext: klar wie Glas.

Hier sein Zitat, 1:1 transkribiert aus der Mitarbeiterversammlung:

„Nun ist es mir wichtig, auch noch einmal zu einem Thema zu sprechen, das in den letzten Tagen viele beschäftigt hat. Die Wahl eines – lasst es mich einmal so sagen – sogenannten Wahlvorstandes zur Gründung eines Betriebsrats.

…Die Art und Weise, wie der Wahlvorstand gebildet wurde, war aus unserer rechtlichen Einschätzung nicht legitim und auch nicht demokratisch. Eine kleine Gruppe hat sich in einem nicht öffentlichen Treffen selbst zum Wahlvorstand erklärt – ohne Information und Beteiligung der übrigen Belegschaft.

Wir haben deshalb als Unternehmen hierzu eine einstweilige Verfügung beim Suhl-Denning-Arbeitsgericht eingereicht, um diese Vorgänge prüfen zu lassen. Mir ist sehr wichtig, dass ihr versteht: Es geht nicht darum, Mitbestimmung zu verhindern, sondern darum, sie auf einen fairen, transparenten und rechtssicheren Grund zu stellen – und diesen Weg gemeinsam zu gehen.“

Satirischer Zwischenruf:
Wenn es einen Preis gäbe für „Besorgten Ton bei gleichzeitiger Delegitimierung von Mitarbeiterrechten“, dann hätte Herr Arnold ihn verdient – samt Ehrennadel.

Wie man Demokratie an Bedingungen knüpft, die es rechtlich nicht gibt

Die rechtliche Einschätzung eines Arbeitgebers ist… nun ja… eine Meinung. Ob die Wahl des Wahlvorstands korrekt war, entscheidet in Deutschland nicht der Prokurist mit PowerPoint, sondern das Arbeitsgericht. Und zwar am heutigen Freitag, 5. Dezember um 10:30 Uhr in Leipzig.

Dass ein Unternehmen eine einstweilige Verfügung einreicht, ist sein gutes Recht – aber den Mitarbeitenden vorab zu sagen, die Wahl sei nicht legitim, während das Gericht noch nicht einmal getagt hat, ist ungefähr so sinnvoll wie ein Führerscheinentzug wegn zu schnellem Fahren aber  ohne Blitzerfoto.

Zwischen Kündigungslisten und Demokratielektionen

Die parallele Kommunikation von Entlassungen und vermeintlichen „Wahlfehlern“ entfaltet eine klare Botschaft: Mitbestimmung ist okay – aber bitte erst, wenn wir nicht mehr über eure Zukunft entscheiden müssen.

Was das für die Belegschaft bedeutet? Verunsicherung. Schweigen. Und genau das Gegenteil von dem, was Mitbestimmung eigentlich braucht: freie Meinungsbildung, ohne Angst vor Konsequenzen.

Doch heute ist ein besonderer Tag.
Denn eine der Initiatorinnen – selbst inzwischen gekündigt, Mutter eines achtjährigen Kindes mit besonderem Betreuungsbedarf – steht heute vor dem Arbeitsgericht Leipzig wie wir erfahre haben. Nicht für sich. Sondern für dutzende Kolleginnen und Kollegen, die sich – teils anonym – an sie wenden mit Nachrichten wie:

„Danke, dass du den Mut hattest.“
„Wir brauchen diesen Betriebsrat.“
„Ich traue mich selbst nicht, aber ich unterstütze euch.“

Fazit: Nicht gegen das Unternehmen. Sondern für die Menschen.

Ein Betriebsrat ist keine feindliche Übernahme. Er ist ein Schutzschild in unsicheren Zeiten – wie sie bei der GKD gerade herrschen. Wenn Führungskräfte vor „Spaltung“ warnen, während sie Entlassungen ausrollen und Mitbestimmung als „nicht demokratisch“ bewerten, ist es vielleicht Zeit, an den Spiegel zu erinnern, nicht an den Scheinwerfer.

Der Gerichtstermin heute ist keine Fußnote. Er ist ein Lackmustest für den Umgang mit betrieblicher Mitbestimmung im Jahr 2025.

Man darf gespannt sein, ob das Arbeitsgericht Leipzig Demokratie nach den Maßstäben des Betriebsverfassungsgesetzes beurteilt – oder nach dem „Gefühl“ der Geschäftsführung.

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