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„Die BaFin hat der N26 Bank de facto eine rote Karte gezeigt“

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zu den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegen die N26 Bank SE

Redaktion: Herr Blazek, die BaFin hat gegen die N26 Bank SE ein ganzes Maßnahmenpaket verhängt – inklusive Sonderbeauftragtem und Geschäftsbeschränkungen. Wie ordnen Sie dieses Vorgehen ein?

Daniel Blazek:
Die Maßnahmen sind sehr weitreichend und zeigen, dass die BaFin N26 unter besonderer Beobachtung sieht. Wenn eine Bank in zentralen Bereichen wie dem Risikomanagement oder der Kreditorganisation nicht ordnungsgemäß aufgestellt ist, kann das zu erheblichen Gefahren führen – sowohl für die Bank selbst als auch für das Finanzsystem. In solchen Fällen ist die BaFin verpflichtet, einzugreifen.

Redaktion: Was versteht man eigentlich unter einer „ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation“ im Sinne des Kreditwesengesetzes?

Blazek:
Damit ist gemeint, dass eine Bank intern so aufgestellt sein muss, dass sie ihre Risiken erkennen, steuern und kontrollieren kann – dauerhaft und wirksam. Das umfasst unter anderem ein funktionierendes Risikomanagement, interne Kontrollmechanismen, klare Verantwortlichkeiten und Prozesse. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 25a KWG. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, liegt ein schwerwiegender Mangel vor.

Redaktion: Warum darf N26 in den Niederlanden nun keine neuen Hypothekendarlehen mehr vergeben?

Blazek:
Solche geschäftsbeschränkenden Maßnahmen sind eher selten, aber nicht unüblich. Die BaFin kann sie erlassen, wenn sie in einem bestimmten Geschäftsbereich oder geografischen Markt besondere Risiken sieht – etwa weil dort organisatorische Schwächen bestehen oder bereits Fehler aufgetreten sind. Das Verbot ist also ein Mittel der Risikobegrenzung.

Redaktion: Die Bank muss auch zusätzliche Eigenmittel vorhalten. Was bedeutet das konkret?

Blazek:
Die BaFin verlangt damit eine Art zusätzlichen Puffer. Wenn eine Bank strukturelle Schwächen zeigt, steigt auch ihr operationelles Risiko – also das Risiko, dass durch interne Fehler Verluste entstehen. Um dieses Risiko abzudecken, kann die Aufsicht höhere Eigenmittel anordnen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bank auch in kritischen Situationen zahlungsfähig bleibt.

Redaktion: Welche Funktion hat der eingesetzte Sonderbeauftragte?

Blazek:
Er ist sozusagen der direkte Beobachter der BaFin innerhalb der Bank. Seine Aufgabe ist es, die Umsetzung der angeordneten Maßnahmen zu überwachen und regelmäßig Bericht zu erstatten. Für N26 bedeutet das nicht nur eine laufende Kontrolle, sondern auch zusätzlichen Druck, die Mängel zügig und nachweislich zu beheben.

Redaktion: Sind die festgestellten Mängel aus Ihrer Sicht gravierend?

Blazek:
Ja, definitiv. Wenn sowohl eine Sonderprüfung der Aufsicht als auch der Abschlussprüfer auf strukturelle Defizite hinweisen, dann geht es nicht um Einzelfälle, sondern um grundlegende Probleme in der Organisation. Gerade ein unzureichendes Risikomanagement ist für eine Bank äußerst problematisch – das ist eine der wichtigsten Säulen in der Steuerung eines Finanzinstituts.

Redaktion: Die BaFin hat bereits im März ein Bußgeld gegen N26 verhängt – wegen eines fehlerhaft genehmigten Organkredits. Hat das mit dem aktuellen Fall zu tun?

Blazek:
Nicht direkt, aber es zeigt, dass es bei N26 offenbar in mehreren Bereichen Mängel bei der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben gibt. Für die Aufsicht ergibt sich dadurch ein Gesamtbild, das eine konsequente Reaktion notwendig macht.

Redaktion: Müssen sich Kundinnen und Kunden Sorgen machen?

Blazek:
Im normalen Zahlungsverkehr und bei bestehenden Konten sollten aktuell keine Einschränkungen zu spüren sein. Aber solche Maßnahmen schaden natürlich dem Vertrauen in ein Institut. Deshalb ist es für N26 jetzt entscheidend, dass sie offen kommunizieren und transparent an der Umsetzung der Vorgaben arbeiten.

Redaktion: Herr Blazek, vielen Dank für Ihre Einschätzungen.

Blazek:
Sehr gern.

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